Etwa 50 Minuten von der Stadt Salzburg entfernt liegt in Pfaffing der Hof von Johann und Gisela Konrad. Den Hof gibt es seit sieben Generationen. Begonnen wurde einst mit 16 Milchkühen, nun stehen 1000 in den großen mit Stroh eingestreuten Laufställen. Sohn Johann und Schwiegertochter Sandra - sie haben drei Kinder - arbeiten ebenso mit viel Energie im Betrieb. Beim Besuch des Tierwohl- und ÖPUL-zertifizierten modernen Betriebes treffen wir neben Fleckvieh, Ziegen, Schafen, Katzen, Pfauen und vielen mehr auf Johann Konrad, den wir in seinem Büro, dem alten Stall, zum Interview bitten.
Was muss ein guter Bauer sein?
Johann Konrad: Er muss eine Leidenschaft für Tiere haben. Man darf nicht glauben, dass man damit das große Geld macht. Ein guter Bauer braucht auch die Liebe zur Natur. Sehr viele haben ein schlechtes Einkommen, sie würden ihren Betrieb nie verpachten, weil es ein Generationenbetrieb ist.
Oft müssen sie es doch tun?Es läuft oft nicht alles so, wie es sollte. Der Bauer haftet mit Grund und Boden. Wenn du einem Bauern 100 Euro Förderung gibst, dann investiert er si in den Betrieb.
So wie Sie? Wir bewirtschaften 300 Hektar Fläche. In meinen Betrieb sind Millionen hineingeflossen, in Gebäude, Maschinen, Melkroboter. Wir haben fünf davon, einer kostet 150.000 Euro. Schulden hat jeder Bauer, auch ich. Es sind aber gesunde Schulden, weil es zu schaffen ist, sie zurückzuzahlen. Mein Betrieb ist ein Buchhaltungsbetrieb. Da kann ich mir aussuchen, gebe ich das Geld der Bank oder dem Finanzamt?
Als Geschäftsführer der Agrar Gemeinschaft Österreich haben Sie Tausende Kontakte zu Bauern. Was bewegt sie am meisten?Wir Bauern haben keine kompetenten Ansprechpartner mehr in der Politik. Wir brauchen endlich eine Bauerngewerkschaft, wie es für Arbeiter und die Wirtschaft eine gibt. Heutzutage müssen wir, die Praktiker, sagen, was Sache ist. Das ist traurig. Die, die am Hebel sitzen, wissen nicht mehr, worum es geht. Wir brauchen Leute mit Hausverstand.
Viele Bauern sind alleinstehend. Wie haben Sie Ihre Frau kennengelernt?Meine Gisela habe ich beim Maibaumstehlen kennengelernt, da war sie 16 und ich 23. Es war Liebe auf den ersten Blick. Im Juni sind wir 30 Jahre verheiratet. Auch unser Sohn Johann hatte das Glück, eine tolle Frau kennenzulernen, die mit ihm am Hof arbeitet.
Das ist ein richtiger Glücksfall...Ja, das stimmt. Ich werde immer wieder von Bauern angesprochen, dass sie niemanden finden, und ich weiß, welch großes Problem das für einen selbst und den Weiterbestand eines Hofes ist. Deshalb habe ich vor, noch im Juni eine große Singlebörse zu veranstalten.
Warum ist Ihr Hof so groß?Es hat sich vor 30 Jahren so entwickelt. Erst wuchs der Anbindestall um 11 Kühe, also auf 27 Tiere. 1998 bin ich ins Elsass gefahren, um große Stallungen mit viel Luft und Licht anzuschauen. Nach diesem Beispiel baute ich den ersten Stall für 80 Kühe, dann habe ich immer dazugebaut, für 100, 150, es ist immer dahingegangen. Zur Zeit leben in unserem Stalldorf 370 Milchkühe, Kälber, Stiere, Kalbinnen, insgesamt 1000 Kühe. Ich bin auch deshalb gewachsen, weil immer mehr Grund zum Bewirtschaften zur Verfügung stand.
Wie melken Sie?Vor 15 Jahren wollten wir erst ein Melkkarussell anschaffen, sind aber kurzfristig auf Melkroboter der Firma Lely in Enns umgestiegen. Momentan werden fast alle Kühe von fünf Robotern und 12 Kühe im Stand gemolken.
Ein Leben ohne Tiere, geht das?Nein. Ich bin ein Viechernarr, nehme immer wieder Tiere aus dem Tierschutz auf, wie zum Beispiel 30 Katzen. Vor drei Jahren habe ich fünf Hochlandrinder vor dem Schlachter gerettet. Ziegen sind momentan meine Lieblinge. Ich ziehe Zicklein, wie die weiße Emma, auch mit dem Flascherl groß, wenn's sein muss, und ohne meine drei Pfauen und Minischweine geht's auch nicht.
Aber von irgendwas müssen Sie alle ja leben ...?Selbstverständlich. Wir haben 470 Geburten pro Jahr. Jedes Kalb darf am Hof bleiben; Stiere sind 18 Monate im Betrieb und kommen danach zum Metzger Franz Maier nach Pöndorf, nur 12 km entfernt. Das Fleisch kommt in regionale Lebensmittelmärkte. Alle Kalbinnen werden Milchkühe. Die jetzigen sind zwischen zweieinhalb und 19 Jahre alt.
Und die Milch?Wir sind in Sachen Tierwohl im siebten Jahr bei der Salzburg Milch. Ich war der allererste in der Gegend, der dorthin geliefert hat. Es ist eine zu 100 Prozent österreichische Molkerei, hat Know-how, produziert ohne Kokospalmfett. Die Milch - 17.000 bis 18.000 Liter - wird jeden zweiten Tag abgeholt.
Und die Gülle?Wir haben 8000 Kubikmeter Gülleraum für die Lagerung. Diese bringen wir abwechselnd mit dem Festmist auf die Wiesen aus. Eine Biogas-Anlage mit Gülle kostet eine Million Euro. Das ist momentan nicht drin.
Sind auch Bauern für den Klimawandel verantwortlich?Wenn man den Bauer wirtschaften lässt, dann tut er automatisch was gegen den Klimawandel. Umso mehr wir verbauen und zupflastern, umso größer ist der Klimawandel. Wenn ich Fleisch aus Übersee kaufe, das schadet der Natur. Wir fordern eine Kennzeichnung der Herkunft von Fleisch. 90 Prozent des Kalbfleisches, das in Österreich verkauft wird, kommt aus dem Ausland, meist aus Holland. Dort wird es billig produziert, ohne diese hochrangige n Tierschutz- und Medikamentenstandards, die wir in Österreich haben.
Wo sehen Sie in Zukunft die größten Herausforderungen?Das ist, es finanziell zu schaffen, und der bürokratische Aufwand. Sehr viele Bauern haben Existenzängste. Das Bauernsterben gibt es noch. Es kommt wöchentlich einer, der sagt, er schafft es nicht mehr.
Sie sind ein Kämpfer und guter Dinge?Auf meinem Hof wird es gut weitergehen, da bin ich mir sicher. Was ich mir wünsche ist, dass ich das Leben der Bauern in Österreich mit der AGÖ etwas erleichtern kann.
Daten und Fakten zur AGÖ - Agrar Gemeinschaft Österreich
Anfangs im Jahr 1994 galt die AGÖ dem gemeinsamen Einkauf für die landwirtschaftlichen Betriebe. Erst auf Oberösterreich begrenzt, gibt es nun Mitglieder aus ganz Österreich und den angrenzenden Nachbarländern. Mittlerweile sind es über 8000 WhatsApp-Mitglieder; insgesamt gehören der AGÖ-Gruppe 8000 Bauern und Bäuerinnen an. Geschäftsführer ist Johann Konrad.
Mit über 4000 aktiven Mitgliedern ist sie die größte unabhängige Gemeinschaft im landwirtschaftlichen Bereich in Österreich, eine der größten Europas.
Die Kernaufgabe der AGÖ ist die Interessensvertretung, Aufklärung und der gemeinsame Einkauf in der Bereichen Tierhaltung, Agrartechnik und Ackerbau.
Infos: www.agrar-gemeinschaft.at/
















