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Die Qual der Wahl: Expertinnentipps zur Studienentscheidung

Einige Schülerinnen und Schüler entdecken auf Anhieb das richtige Studium für sich, andere erreichen diesen Punkt erst über Umwege. Eine Psychologin gibt Tipps zur Studien- und Hochschulwahl.

Studienwahl stellt viele junge Menschen vor große Herausforderungen. Die Vielzahl an Angeboten kann überwältigend wirken, doch der richtige Weg beginnt mit Selbstkenntnis und ehrlicher Selbsteinschätzung.
Studienwahl stellt viele junge Menschen vor große Herausforderungen. Die Vielzahl an Angeboten kann überwältigend wirken, doch der richtige Weg beginnt mit Selbstkenntnis und ehrlicher Selbsteinschätzung.

Es verwundert nicht, dass vielen jungen Menschen die Auswahl aus den zig verschiedenen Bachelor- und Diplomstudiengängen - zu denen beinahe jährlich neue hinzukommen - schwerfällt und in Folge viele ein Studium wählen, das ihnen nicht liegt. An der Universität Wien können Studierende etwa aus 57 Bachelor- und Diplomstudien wählen, an der Universität Salzburg sind 34 gelistet. Darunter befinden sich Klassiker wie Lehramt, Medizin und Jus, diverse kulturwissenschaftliche und technische Fachrichtungen oder auch neuere Studiengänge wie künstliche Intelligenz oder Green Engineering. Wie finden angehende Studierende in dieser Fülle das eigene Traumstudium? Und wie entscheidet man sich für einen Hochschulstandort bzw. ob eine Fachhochschule oder Universität besser geeignet ist?

Bibiane Freunberger-Rendl, Leiterin PSB, gibt Tipps für das Vorgehen bei der Studienwahl.
Bibiane Freunberger-Rendl, Leiterin PSB, gibt Tipps für das Vorgehen bei der Studienwahl.

Die Leiterin der Psychologischen Studierendenberatung (PSB) Salzburg, Bibiane Freunberger-Rendl, gibt Tipps, wie angehende Studierende bei der Studienwahl vorgehen und wo sie sich beraten lassen können. Zunächst sei es aber wichtig, den Druck herauszunehmen. "Wir nehmen wahr, dass auf vielen Schülerinnen und Schülern ein enormer Druck lastet, dass sie nach der Schule die perfekte Entscheidung treffen müssen", sagt die Psychologin. Es müsse ihnen bewusst werden, dass sie einen Weg wählen und ohnehin nicht wissen können, wohin sie dieser genau führen wird. Es bestehe immer die Option, einen anderen einzuschlagen, betont die Expertin.

Studienwahl: Eigene Interessen und Stärken erkennen und nutzen

Das zentrale Thema bei der Studienwahl bilde das große Angebot, das schnell überfordernd wirken kann. "Jungen Menschen stehen alle Möglichkeiten offen, sie haben quasi die Qual der Wahl. Für eine Entscheidung ist es bedeutend, zuerst die eigenen Interessen und Stärken herauszufinden und zu definieren." Diese könnten anhand von Schulfächern und Hobbys festgemacht werden. Neben der Selbstbildeinschätzung können auch die Rückmeldungen nahestehender Personen herangezogen werden, etwa welche Fähigkeiten oder Eigenschaften Freunde an einem schätzen. "Im nächsten Schritt können sich junge Leute überlegen, ob sie bereits ihre Ziele kennen und eine Vorstellung davon haben, was sie in der Zukunft machen möchten", erklärt Freunberger-Rendl.

Studienwahl erfordert gründliche Recherche

Schließlich folgt der Rechercheprozess, im Zuge dessen sollen sich die Schülerinnen und Schüler über die verschiedenen Studienangebote informieren, die zu den eigenen Interessen und Stärken passen. Studienpläne sollten im Detail betrachtet und die mit dem Studium verbundenen Berufsmöglichkeiten ausfindig gemacht werden. Hierbei sollten auch die Chancen am Arbeitsmarkt berücksichtigt werden. "Junge Menschen können auch darauf achten, ob der potenzielle Beruf mit den eigenen Werten zusammenpasst. Etwa ob jemand mehr Geld verdienen möchte und dafür auch bereit ist, mehr zu arbeiten, oder ob genügend Freizeit im Vordergrund stehen soll", sagt Freunberger-Rendl. Auch Persönlichkeitsmerkmale wie Introversion oder Extroversion können die Studienwahl beeinflussen, etwa ob man später direkt mit Menschen arbeiten möchte oder lieber nicht.

"Es braucht bei der Wahl unbedingt einen Plan B."
Bibiane Freunberger-Rendl
Psychologin

Hat sich jemand für ein Studium entschieden, kann sich die Person noch nicht final zurücklehnen, denn: "Angehende Studierende brauchen unbedingt einen Plan B", betont die Psychologin. Insbesondere bei Studiengängen, die mit einem Aufnahmeverfahren verbunden sind, sei eine Alternative unerlässlich. Falls jemand zum Beispiel den Medizinaufnahmetest nicht besteht, müsse die Person überlegen, ob sie sich bis zum nächsten Versuch mehr Wissen aneignen möchte oder ob es ein fachähnliches Studium gibt, mit dem sie eventuell auch glücklich werden kann.

FH oder Universität?

Die Frage, ob FH oder Universität, sollte in erster Linie von der Verfügbarkeit des angestrebten Studiengangs abhängig gemacht werden. Junge Menschen können auch darauf achten, welcher Lerntyp sie sind. "Organisiere ich lieber selbst oder hilft mir ein vorgegebener Stundenplan mit einer klaren Struktur, kann man sich selbst fragen", sagt Freunberger-Rendl. Einen Einfluss kann ebenso die Überlegung haben, ob man sich in einem Klassenverband an der FH wohler fühlen und dieser Sicherheit geben würde. Die Psychologin rät außerdem, den Studienort und das Universitätsgelände vorher zu besuchen und darauf zu achten, ob man sich dort wohlfühlt.

Und wenn einer Person das Studium gar nicht zusagt?

"Studierende sollten keine Kurzschlusshandlungen treffen, wenn ihnen das Studium anfangs nicht gefällt. Erst mal ins Studium reinkommen, ein Semester dabeibleiben und wenn das Gefühl fortbesteht, im falschen Studium zu sitzen, dann sollte die Person aufhören", rät die Expertin. Ein Studium nach reiflicher Überlegung zu beenden sei auch ein wichtiger und starker Schritt und keinesfalls ein Versagen, betont sie. Anschließend müsse der Entscheidungsprozess erneut aufgerollt werden, im besten Fall gibt es bereits einen zufriedenstellenden Plan B. "Es sollte allerdings immer bedacht werden, dass es sich um junge Erwachsene handelt, die sich noch weiterentwickeln und ihren Weg einfach ausprobieren müssen", sagt die Psychologin.

Programme 18plus und"Studieren recherchieren" unterstützt Schüler effektiv bei der Wahl des Studiums

Bei der Studienwahl unterstützt Schülerinnen und Schüler etwa das Programm 18plus. Hierbei arbeiten das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Psychologische Studierendenberatung, die BiBer Bildungsberatung und die Österreichische Hochschüler_innenschaft zusammen. "In diesem Jahr waren wir an 23 Schulen im Bundesland tätig und haben knapp 900 Schülerinnen und Schüler zu ihrem Weg nach der Matura beraten", sagt Freunberger-Rendl. An den Schulen wird mit Lehrpersonal und Bildungsberatern zusammengearbeitet. Diese erhalten Unterrichtsmaterial, mit dem sie die Schüler auf die Entscheidungsfindung vorbereiten. Es besteht die Möglichkeit, einen wissenschaftlich fundierten und mit Studierenden erprobten Fragebogen auszufüllen, anschließend werden die Schüler in Kleingruppen von der PSB beraten. Auch Einzelberatungen sind möglich.

Die Studienwahl erleichtern kann außerdem das Programm "Studieren recherchieren" an der Universität Salzburg, in dem Schüler mit dem Team der Maturant:innen-Beratung alle Informationen zum Studium ihrer Wahl erarbeiten und jegliche Fragen dazu stellen können. Haben Schüler ein bevorzugtes Studium gefunden, besteht mit dem ÖH-Programm "Studieren probieren" sogar die Möglichkeit, eine Lehrveranstaltung daraus zu besuchen. Teilnehmende des Programms werden dabei von Studierenden begleitet, die im Anschluss an die besuchte Lehrveranstaltung Fragen zum Studium und darüber hinaus beantworten.