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Kreativbraumeister Markus Trinker: "Ich bin ein Genussmensch"

Kreativbraumeister Markus Trinker tüftelt an spannenden neuen Bierkreationen.

Markus Trinker feilt bei Stiegl an neuen Kreativbieren.
Markus Trinker feilt bei Stiegl an neuen Kreativbieren.

Beim Bierbrauen kommt es auf die Details an: "Wagt man sich an neue Rezepturen, ist es ein Tüfteln, wie viel einer Zutat der Sud verträgt. Verwendet man zu viel oder zu wenig, entspricht das Ergebnis vielleicht nicht unseren Vorstellungen", erläutert Markus Trinker. Er ist seit 14 Jahren Leiter der Kreativabteilung bei Stiegl. Als solcher tastet er sich, ausgerüstet mit Gummistiefeln und Schurz, in kleinen Chargen an neue Kreationen heran. Die einzelnen Schritte werden penibel notiert, im Labor die Qualität bestimmt und sensorisch beurteilt. Besonders knifflig gestaltete sich etwa der Weg zur Wildshut Perlage. Bis zum Schluss wurde an der perfekten Rezeptur gefeilt, Hefesorten getestet und die optimalen Produktionsprozesse definiert. "Ein Bier reifen zu lassen bedeutet ja vor allem, ihm genau die Zeit zu geben, die es braucht, um Geschmack und Aroma optimal entfalten zu können", erklärt Trinker. Nicht immer sind die Schritte hin zum fertigen Bier so komplex: "Bei einigen Sorten wissen wir, worauf wir uns einstellen müssen. Da können wir gleich im großen Stil an den Kessel."

Ferialpraktikum in Brauerei weckt Markus Trinkers Interesse an Bier

Trinkers Interesse für Bier weckte ein Ferialpraktikum in der Schladminger Brauerei. "Ich war fasziniert, als ich den Gärkeller das erste Mal sah. Der Braumeister hat das gemerkt und mir eine Lehrstelle angeboten." Nach der Lehre als Brauer und Mälzer und weiteren Jahren in der Brauerei verbrachte Trinker neun Jahre in Bayern, wo er sich u. a. an der Doemens-Akademie zum Braumeister sowie zum Diplom-Biersommelier ausbilden ließ. Dabei tauchte er tief in die Brautechnologie, die Maschinen- und die Rohstoffkunde ein. "Allein mit Wasser haben wir uns monatelang auseinandergesetzt", sagt er. "Es hat einen Rieseneinfluss auf das Endprodukt." Überhaupt sei die Qualität der Rohstoffe essenziell. "Wir arbeiten daher mit regionalen Partnern, denen wir vertrauen. Bei der Rohstoffbeschaffung gibt es für uns keinen Kompromiss. Qualität ist nicht verhandelbar."

Wie facettenreich Bier sein kann, fasziniert den Wahlsalzburger

Er schwärmt davon, was man mit den heutigen brautechnischen Methoden allein aus den klassischen Brauzutaten hervorkitzeln kann. "So manche Hopfensorte verleiht dem Bier ein tropisches Aromaspiel." Auch wenn das Märzen das beliebteste Bier von Herrn und Frau Österreicher ist, weiß Trinker: "Spezialitäten haben ihren Platz. Und dafür stehen unsere Hausbiere." Besonders beliebt sei das "Christkindl", das alle Jahre wieder im Herbst und Winter mit heimischem Bio-Akazienhonig verfeinert auf den Advent einstimmt. Oder das Bio Antique, das seinen Ursprung in der Kreativ- und Ideenschmiede Wildshut hat und so authentisch wie möglich nachbildet, was die Sumerer vor 6000 Jahren genossen: "Es wird gebraut wie in der Antike, kommt ohne Hopfen aus - den gab es damals nicht. Dafür reift das Bier in Tonamphoren und wird mit Datteln, Honig, Schafgarbe, Anis, Safran gewürzt."

Erstklassige Rohstoffe, technisches Know-how, Gespür und Mut für das perfekte Kreativbier

Was in ein Bier darf und was ein Voll-, ein Stark- oder Bockbier ist, regelt das Österreichische Lebensmittelbuch ganz klar. "Auch ein Kreativbier ist ein absolut reines Produkt. Es kann mit Kräutern, Gewürzen oder Honig verfeinert werden. Aromen sind tabu", erläutert Trinker.

Erstklassige Rohstoffe, technisches Know-how, Gespür und Mut: Erst wenn das zusammenspielt, kann Großes entstehen, ist der Kreativbraumeister überzeugt. Und es braucht ein starkes Team im Rücken: "Ich darf mit Menschen zusammenarbeiten, die alle mit Leidenschaft Bier brauen." Woher Trinker seine Ideen nimmt? "Ich bin ein Genussmensch. Das ist die Grundvoraussetzung." Inputs holt er sich von Kollegen, Winzern oder Destillateuren genauso wie auf Festivals.

Preise hat der 46-Jährige für seine Kreationen schon etliche eingeheimst: 2013 wurde er erster österreichischer Biersommelier-Staatsmeister, Gault Millau kürte ihn 2018 zum Braumeister des Jahres, 2022 reüssierte er mit einer Starkbier-Kreation beim World Beer Cup. Auf seinen Erfolgen ausruhen will sich Trinker nicht: "Ich stehe jeden Tag dafür auf, dass die Leute Freude an unseren Bieren haben."


Im Podcast "Mitgekocht" vom Juni 2022 geht es nicht ums Essen - sondern ums Trinken. Welches in seiner Wirkung auf Körper und Geist ja auch nicht zu unterschätzen ist. Wir stiegen die geheimsten Räume der Stieglbrauerei hinab und brauten mit. Was herauskam, hören Sie hier.