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Er steht für die Vielfalt privater Brauer

Axel Kiesbye arbeitete anfangs für Stiegl, dann lange als Braumeister bei Trumer, seit vielen Jahren macht der Waldbier-Brauer nun in Obertrum sein eigenes Ding.

Axel Kiesbye mit dem Waldbier 2022 (Wachauer Auwald) im Bierkulturhaus Obertrum.
Axel Kiesbye mit dem Waldbier 2022 (Wachauer Auwald) im Bierkulturhaus Obertrum.

Wenn man in Obertrum an der Rückseite des Braugasthofs Sigl ins Kellergeschoß eintritt, gelangt man ins Bierkulturhaus - das Reich von Axel Kiesbye. Seit bald 20 Jahren ist es ein Zentrum der Kreativität, was Bierbrauen anlangt. Rund 1000 Menschen kommen jedes Jahr zu Kursen, um über Sensorik oder die Zubereitung von Gerstensaft zu lernen - ob als Anfänger, Fortgeschrittene oder einfach nur aus Neugier. Gediegen sieht es aus, mit Stoff bezogene Stühle stehen um den langen Seminartisch, daneben ein kleiner Sudkessel für 100 Liter, dahinter die Gerätschaften einer Kleinbrauerei.

Kiesbye (54) stammt aus Dortmund und studierte Brauwesen in Weihenstephan, einer Wiege der Bierbraukunst - die Hochschule in der Stadt Freising ist eine Außenstelle der Technischen Universität München. Seine ersten beruflichen Erfahrungen machte er bei Stiegl in Salzburg, dann wechselte er als Braumeister zur Trumer Brauerei. Seit vielen Jahren ist er selbstständig, wenngleich der Trumer Brauerei immer noch eng verbunden. Schließlich mietet er sich ein Mal jährlich dort für einen Sud den Braukessel, wenn das Waldbier für die Österreichischen Bundesforste eingebraut wird. Und einen seiner anspruchsvollsten Kurse, das Braumeister-Camp, hält er seit einigen Jahren zum Teil am Biergut Wildshut ab - dem Vorzeigebetrieb der Salzburger Privatbrauerei gleich hinter der Grenze im oberen Innviertel.

Mit eigener Naturbrauerei Mitglied der österreichischen Privatbrauereien

So schließt sich gewissermaßen der Kreis und der Deutsche Axel Kiesbye steht wie kaum ein Zweiter in unserer Region für die heimische Biervielfalt. Mit seiner eigenen Naturbrauerei ist er nun auch Mitglied im Verband der österreichischen Privatbrauereien. Bereits mehr als 40 Brauereien haben sich zusammengetan, um einerseits auf ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu verweisen. Aus Salzburg gehören dem Verband der Privatbrauer weiters an: Die Weisse, Pinzga-Bräu, Trumer und Stiegl ist als Brauerei sowie mit dem Biergut Wildshut gleich doppelt vertreten. Auf jedem ihrer Produkte prangt das Siegel "100% unabhängig", pro Jahr sind das in ganz Österreich laut Verband geschätzte 500 Millionen Flaschen und Dosen. Andererseits geht es natürlich ums Geschäft: Gemeinsam treten sie gegen die Brau Union mit Sitz in Linz auf, seit 2003 Tochter des niederländischen Konzerns Heineken, der heute die Nummer 2 der Welt im Biergeschäft ist. In den vergangenen 20 Jahren ist zwar die Biervielfalt im Land größer geworden, doch die Marktmacht des Riesen ist, auch durch weitere Übernahmen wie in Kärnten oder Vorarlberg, deutlich gewachsen.

"Eine Brauerei ist ein gesellschaftliches Bindemittel"

"Der Austausch untereinander ist ein großer Vorteil. Wir können uns gegenseitig auch helfen", sagt Kiesbye. "Eine Brauerei ist wie ein Gasthaus ein gesellschaftliches Bindemittel", davon hingen auch die örtlichen Vereine und Feste ab. Ganz ähnlich sei das bei den kleinen Handwerksbetrieben. Letztlich gehe es darum herauszuarbeiten, dass es nur Vorteile bringe, wenn möglichst viel Wertschöpfung im Inland bleibe. Ein Großkonzern sei natürlich zum Beispiel bei Braugerste oder Hopfen sehr wohl auf große Anbauländer wie die Ukraine oder Frankreich angewiesen und könne die Produktion aus heimischen Rohstoffen nie sicherstellen. Ein örtlich verankerter Brauer müsse sich dem Urteil seiner Kunden zudem viel stärker stellen als ein Manager eines Konzernstandorts. "Und außerdem kann ein unabhängiger Unternehmer manchmal auch Dinge machen, die einfach nur Spaß machen", sagt Kiesbye grinsend. Beim Bier ist die Bandbreite hier ja besonders groß.

"Die Kleinen sind die Treiber von Innovation", betont Kiesbye, denn in Konzernstrukturen seien erst viel mehr interne Hürden zu überwinden. Und die Kleinen seien es auch, die die Vielfalt sicherten. Der im Vorjahr gegründete Verband sei erstmals ein richtig starkes Sprachrohr für die Branche. Und die Digitalisierung biete vor allem beim Verkosten gute Möglichkeiten. Denn so gelinge es unter genauen Kostvorgaben, von Dutzenden Fachleuten Onlinebewertungen zu bekommen, während man das in einer kleinen Brauerei nie hinbekomme. Dennoch müsse man auch bereit sein, für regionale Produkte etwas mehr zu zahlen als für glattgebürstete Industrieware für anspruchslose Gaumen. Leider wolle sich die breite Masse nicht anstrengen und vertraue aus Bequemlichkeit auf gewohnte Geschmäcker.

Sein Waldbier schmeckt jedes Jahr anders

Das Waldbier schmeckt jedes Jahr anders, weil ein bestimmter Waldtyp abgebildet wird, etwa Tiroler Bergwald mit Zirbe und Schwarzbeer (Heidelbeer) 2021. Der aktuelle Jahrgang 2022 ist Wachauer Auwald und enthält Mädesüß und Weidenrinde. Kiesbye: "Das ist immer ein umfangreicher Prozess mit den Bundesforsten. Man braucht Zutaten für das Aroma und für die Würze. Und die müssen zur richtigen Zeit geerntet werden können, damit das Bier im Juni eingebraut werden kann. Man lernt da sehr viel."

Vom Waldbier gibt es immer 200 Hektoliter, gefüllt wird es in Flaschen zu 0,33 und 0,75 Liter. Ein paar Tausend Flaschen gehen an die Bundesforste. Der Rest ist auch meist bald ausverkauft.

Daten & Fakten: Der Verband der österreichischen Privatbrauereien

Mehr als 40 Brauereien gehören dem Verband der österreichischen Privatbrauereien an, von A wie Bauerei Aspach in Frankenmarkt bis Z wie Privatbrauerei Zwettl im Waldviertel. Heuer kamen fünf neue Mitglieder dazu - neben den beiden Steirern Affenberger (Eggersdorf bei Graz) und Forstauer (Gams bei Hieflau/ Gesäuse) und zwei Tirolern, der Zillertaler Brauerei und Bierol (Schwoich bei Kufstein), ist das Axel Kiesbye mit seiner Naturbrauerei in Obertrum.

100 Prozent konzernfrei und maximale Wertschöpfung im eigenen Land - das sind die wichtigsten Kriterien für die Vereinigung, die im Vorjahr gegründet wurde. "Denn unabhängige Privatbrauereien zahlen alle Steuern zu 100 Prozent in Österreich und unterstützen so unser Gesundheitssystem, unsere Bildung und unsere Infrastruktur", betont der Verband. Obmann Ewald Pöschko, Geschäftsführer der Braucommune Freistadt: "Die fünf Neuen sind eine Bereicherung. Allen ist das Bekenntnis zu Unabhängigkeit und Eigenständigkeit gemeinsam."

Im Wettbewerb Klein gegen Groß punkten die Privatbrauereien mit Vielfalt. Gemeinsam bringen sie es auf 43 Biermarken, während bei der Brau Union unter dem Dach des niederländischen Konzerns Heineken 12 Marken vereint sind. Die Brau Union kommt laut Verband der Privatbrauereien ungefähr auf 60 Prozent Marktanteil, Mitgliedsbetriebe des Verbands ungefähr auf ein Drittel.

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