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Podcast-Serie enthüllt: Wenn Schule zur Quelle der Angst wird

"Leben lernen": Ein neuer Podcast rund um Bildung und Schule soll Hilfestellung bei schwierigen (Lebens-)Themen leisten. Zum Beispiel über die Angst, nicht gut genug zu sein.

Schulangst kann bereits in der ersten Schulstufe ein Thema sein.
Schulangst kann bereits in der ersten Schulstufe ein Thema sein.

Eine Gestaltpädagogin und ein ehemaliger Benediktinermönch haben sich zusammengetan: Elsbeth Kossmeier und Benedikt Weingartner bewegt das Thema Lernen. Sie setzen sich damit auseinander, "was man für das Leben lernt, lernen soll, freiwillig und unfreiwillig, bewusst und unbewusst". Die beiden haben nun einen Podcast ins Leben gerufen - ein Mal wöchentlich widmet sich das Duo in "Leben lernen" diversen Fragen rund um die Themen Bildung und Schule. Dabei führen die beiden "mit unterschiedlichen Zugängen kritisch und mit utopischen Gedanken im Hinterkopf einen Dialog".

Was, wenn Schule angstbesetzt ist?

"Elsbeth vermittelt in vielen euphorischen Beschreibungen: Lernen macht total Spaß, Lernen ist mit Freude verbunden, Lernen bedeutet Glück - die Realität ist jedoch manchmal sehr, sehr dramatisch", meint Weingartner.

So sei Lernen manchmal auch mit Tränen verbunden. Einer der Podcasts dreht sich daher um das ungute Gefühl, das manche Kinder erfasst, wenn es wieder in die Schule geht: Morgens Kopfweh oder Bauchweh, unsicher und ängstlich, was der Tag bringen mag. Es stellt sich die Frage: Macht Lernen Angst? "Eltern, Schulpsychologinnen und -psychologen, Kinesiologinnen und andere Beratungseinrichtungen schlagen Alarm, weil zu viele Schülerinnen und Schüler auf Schule und Lernen mit so viel Angst reagieren, dass ein Schulbesuch zum Teil unmöglich wird", erläutert Kossmeier. Teilweise sei bereits bei Schulanfängerinnen und Schulanfängern die sogenannte Schulangst Thema.

Auch bei guten Schülerinnen und Schülern schwingt im Alltag oft die Angst mit - vor Schularbeiten nicht schlafen zu können zählt hier ebenfalls dazu. Kossmeier selbst war davon zu ihrer Schulzeit betroffen: "Meine Mama hat dann eine Kerze für mich angezündet", lacht sie und fügt hinzu: "Jede Schularbeit war bei mir angstbesetzt."

Und weiter: "Die Angst vorm Scheitern, die Angst, nicht gut genug zu sein, ist schon eine globale Angst", so die Gestaltpädagogin. "Manche sind stark davon betroffen, weil es nicht um einzelne Prüfungen geht, sondern weil das eine Grunderfahrung ist, dass ich pausenlos nicht genüge", führt Weingartner aus. Vieles liegt hier natürlich in der frühen Kindheit und dem Elternhaus begraben - Kossmeier: "Wenn ich ausgerichtet bin auf Lob oder Tadel, dann stehe ich in der Schule immer vor dieser Frage: Bin ich wohl gut genug?"

Angst vor der Schule - die Rolle der (Elementar-)Pädagogen

Insgesamt können die Gründe für Angst vor oder in der Schule vielfältig sein. Aggressionen und Gewalt unter den Lernenden gehören ebenfalls dazu. "Ein erwähnenswerter Teil ist hier, dass Kinder Angst vor der Community haben, in der sie leben", sagt Kossmeier. "Sie fragen sich: Passe ich in die Gemeinschaft?" Erschwerend komme hinzu, dass man sich in der Schule die Menschen, mit denen man sich umgebe, nicht aussuchen könne - im Gegensatz zum Erwachsensein.

Damit das System Schule funktionieren kann, ist vor allem auch das Lehrpersonal gefragt - im Umgang mit über 20 Schülerinnen und Schülern brauche es psychologische Kenntnisse, wie die Gestaltpädagogin festhält: "Meiner Meinung nach wird bei Lehrerinnen und Lehrern psychologisches Know-how am wenigsten geschult." Und sie fährt fort: "Als Lehrerin muss ich so viel gelernt haben, dass ich so viel Reflexion und so viel Verständnis mitbringe, um zu sehen, welche Arten von Menschen da bei mir sitzen."

Für eine gute und angstfreie Schullaufbahn braucht es grundlegend einen guten Start in das Bildungssystem

Als Vorbereitung und "Prophylaxe" zu Beginn jeder Schullaufbahn stehen die ersten Bildungseinrichtungen samt Pädagoginnen - die Kindergärten. Diese ersten Jahre legen laut den Experten von "Leben lernen" den Grundstein für die ganze Schullaufbahn. Dazu brauche es, so Kossmeier, viel Intelligenz vonseiten der Elementarpädagoginnen und -pädagogen - damit bereits die Kleinsten viel Freude am Lernen haben.

Für Lehrpersonal gelte: "Man muss ein bisschen Psychologin sein, man muss eine hervorragende Didaktikerin sein, sein eigenes Fach oder die Fächer aus dem Effeff können und diese durchdrungen und durchdacht haben", ist Kossmeier überzeugt.

Der Podcast "Leben lernen" erscheint (nach der derzeitigen Sommerpause) ab 4. September wieder jeden Mittwoch und ist abrufbar über alle Podcast-Apps und die Website leben-lernen.podigee.io.

Die Personen hinter dem Podcast "Leben lernen": Elsbeth Kossmeier war 40 Jahre lang Gymnasiallehrerin für Deutsch und Musik sowie Mitarbeiterin an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich. Sie ist Referentin für Lehrende, die die Persönlichkeit der Lernenden im Unterricht stärken wollen.

Benedikt Weingartner war zehn Jahre Benediktinermönch, Religionslehrer und später Künstlermanager im Bereich der klassischen Musik. Seit 2014 ist er Journalist und auf Außen- sowie Europapolitik spezialisiert.