Die Tür der Schülerhilfe in der Alpenstraße in Salzburg steht offen. Warme Luft strömt gemeinsam mit den Verkehrsgeräuschen in den Raum, wo sich eine Gruppe Schülerinnen und Schüler auf ihre Nachprüfungen vorbereitet. Nicht nur Nachprüfungen sind hier ein Thema; auch Schüler, die am Ball bleiben wollen, nutzen die Ferien, um sich auf das neue Schuljahr vorzubereiten. Eine Befragung im Rahmen der Schulkostenstudie der Arbeiterkammer zeigte, dass 22 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler im Sommer Nachhilfe benötigen; während des Schuljahres sind es sogar 31 Prozent. Martin Koller, Inhaber der Schülerhilfe in der Alpenstraße, berichtet von einer steigenden Nachfrage, insbesondere bei Volksschülern: "Gerade durch die Coronazeit fehlt bei vielen die Basis. Das Gelernte ist nicht in das automatische Wissen übergegangen, sondern im Kurzzeitgedächtnis geblieben." Ziel der Nachhilfe sei es, Lernlücken zu schließen und durch regelmäßiges Lernen nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Immerhin ist ein positiver Aspekt dieser Entwicklung laut Koller, dass Nachhilfe kein Tabuthema mehr ist.
Hohe Kosten und begrenzte Plätze - Nachhilfe im Sommer
Die Schülerhilfe ist, wie viele andere Nachhilfeinstitute, kostenpflichtig. Eltern geben laut der AK-Umfrage im Schnitt 290 Euro nur für Sommernachhilfe aus. Es gibt jedoch auch kostenlose Angebote, wie das Lerncafé der Caritas oder den Lernkompass der Arbeiterkammer. Letzterer ist eine Zusammenarbeit der AK und des Nachhilfezentrums Lernprofi. Tarik Mete, Gründer und Geschäftsführer von Lernprofi, ist froh über das Projekt, in dem nicht das Geld in den Taschen der Eltern entscheidend sei. "Natürlich wäre es schön, wenn in der Schule schon alles drin wäre, aber die Realität ist leider eine andere." Seine Vorstellung wäre, dass alle Kinder die Möglichkeit für Unterstützung haben. "Egal ob beim Lernkompass oder beim Lernprofi, die Nachfrage ist viel höher als die vorhandenen Plätze." Dabei seien von Vorschulkindern bis hin zu 50-Jährigen, die die Matura nachholen, alle dabei. Ein Ziel von Tarik Mete ist es, Chancengleichheit für alle zu erreichen. "Vor fünf Jahren, als wir mit dem Lernprofi gestartet sind, habe ich gesagt, ich freue mich auf den Tag, an dem wir Lernprofi wieder abschaffen können", denn dann sei die Chancengleichheit für alle Kinder erreicht. Momentan sei das aber nicht realistisch. Das solle kein Angriff auf die Schule oder das Schulsystem sein; es sei einfach wichtig, dass jedem Kind die Unterstützung gegeben werde, die es brauche, um erfolgreich zu sein.
Auch Martin Koller von der Schülerhilfe sieht es als nicht realistisch an, in naher Zukunft komplett ohne Nachhilfe auszukommen. "Würde es in der Schule funktionieren, würde der Bedarf nicht steigen." Daher sei eine zunehmende Kooperation von Schulen und Nachhilfeinstituten seiner Meinung nach auf jeden Fall sinnvoll. In Oberösterreich gebe es bereits eine Kooperation durch das Land zwischen Schulen und der Schülerhilfe. Die Schulen erhalten Gutscheine für die Schülerhilfe, die das Lehrpersonal nach seinem Ermessen an Schüler und Schülerinnen verteilen kann. In Salzburg sei das auch ein Thema, das auf den Tisch gehöre. "Es gibt zwar super Sachen wie den Lernkompass, aber die Plätze sind sofort weg und der Bedarf wäre auf jeden Fall da", sagt Koller.
Anna ist Mutter und kennt die Herausforderungen nur zu gut. Ihre Tochter Elisa geht in die HTL in Salzburg. "Ich kann ihr da gar nicht mehr helfen. Ich kenne mich ja selber zu wenig aus", sagt sie. Elisa gehe regelmäßig, auch in den Ferien, zur Nachhilfe. "Manchmal brauch ich Sachen einfach anders erklärt. In der Schule ist es oft zu schnell für mich", sagt die Schülerin. Die Kosten seien es den Eltern wert. "Nichts wird billiger, aber zum Glück geht es sich bei uns so aus, dass wir ihr diese Unterstützung bezahlen können", erklärt Anna. Etwas anders sieht es bei Regina aus, sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen. "Meine Nachbarin studiert Lehramt und hilft meinen beiden netterweise hin und wieder mal bei den Hausaufgaben", sagt die Friseurin. Die Nachhilfeinstitute seien für sie zumindest auf Dauer einfach nicht zu finanzieren.
Herausforderungen für Familien und die Vorteile von Nachhilfe
Für Familien, in denen beide Elternteile arbeiten, oder für Alleinerziehende sei es oft besonders schwer, die Kinder zu Hause so zu betreuen, dass sie keine Nachhilfe benötigen. Nachhilfe bietet hier Flexibilität, fachkundige Unterstützung und eine Betreuung, die über den Schulstoff hinausgeht, erklärt Koller. "Neben der fachlichen Unterstützung bieten wir auch Berufsberatung, Lernstrategien und Hilfe beim Umgang mit Prüfungsangst." Koller ist selbst Mentaltrainer und legt besonderen Wert auf die Bekämpfung von Prüfungsangst, die zunehmend auch jüngere Kinder betrifft. Auch Tarik Mete von Lernprofi legt großen Wert darauf, neben den klassischen Schulfächern auch sogenannte Lebensfächer zu beleuchten. Dabei handelt es sich um Themen wie Rhetorik, Selbstbewusstsein oder auch den Umgang mit Geld. "Die bekommt jeder gratis dazu, egal ob beim Lernprofi oder beim Lernkompass." Ein Mal im Monat gibt es zu solchen Lebensfächern auch einen Workshop bei Lernprofi.
Erfolgsquoten und die Rolle der Lehrkräfte
Die Lerncoaches bei Lernprofi und der Schülerhilfe sind so vielfältig wie die Schüler selbst. "Das Mindestmaß für unsere Coaches ist die Matura", erklärt Mete. Viele seien Lehramtsstudierende, aber auch pensionierte Lehrer und Lehrerinnen seien bei den Nachhilfeinstituten tätig. Da die Schülerhilfe auch Fächer wie Rechnungswesen anbietet, kämen einige der Nachhilfelehrer auch aus der Praxis, erklärt Koller. Aber grundsätzlich werde bei jeder Person ganz individuell geschaut. Egal ob Schülerhilfe oder Lernprofi, jede Unterrichtseinheit werde dokumentiert, und der Fortschritt der Schüler wird anhand der Noten erfasst.
Bis zum 6. und 7. September werden mit der warmen Luft und den Straßengeräuschen noch zahlreiche Schüler und Schülerinnen nicht nur bei der Schülerhilfe, sondern auch beim Lernkompass und bei vielen anderen Nachhilfeinstituten ein und aus gehen, um auf die Nachprüfungen vorbereitet zu sein.