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Ein ukrainisches Weihnachtsmenü

Kulinarischer Lichtblick. In der Ukraine wartet man zu Weihnachten mit dem Essen, bis der erste Stern aufgegangen ist. Dann gibt es Kutja.

Von links: Myroslava, Peter Lammer, Nadiia, Willi Höpflinger, Halyna und Ilena.
Von links: Myroslava, Peter Lammer, Nadiia, Willi Höpflinger, Halyna und Ilena.

Nadiia steht eine Premiere bevor. Es ist das erste Mal, dass sie Weihnachten nicht daheim feiert. Für Ukrainer ist das ein schmerzhaftes Erlebnis. Denn die meisten orthodoxen Christen feiern dieses Fest auf eine besonders verzaubernde Art und Weise. Schon der Ablauf des Weihnachtsfests klingt wie ein Märchen. Nadiias Freundin Myroslava, die bereits im Alter von neun Jahren nach Österreich gekommen ist (ihr Vater ist Oberösterreicher), erzählt: "Wenn es am Heiligen Abend dunkel wird, dann schauen wir in den Nachthimmel. Und wenn der erste Stern aufgegangen ist, dann ist es so weit."

Was ist so weit? Gibt es dann die Geschenke? "Ja", sagt Myroslava. "Wir gehen alle zu Tisch, wo eine große Schüssel Kutja in der Mitte steht. Gutes Essen ist für Ukrainer das größte Geschenk." Aus dem Genuss dieses Gerichts entsteht Gemeinschaft: "Alle löffeln dann diese süße Getreidespeise aus einer großen Schüssel", erzählt sie. Eigentlich ist Kutja ein Dessert. "Am Heiligen Abend wird sie als Vorspeise gegessen", sagt Nadiia. Der Vorname Nadiia steht übrigens für Hoffnung. Und Myroslava? "Mein Name steht für Frieden und Ehre", antwortet Myroslava nicht ohne Stolz. Die Friedfertigkeit und Bescheidenheit der Ukrainer erinnert uns jetzt irgendwie an einen edlen Indianerstamm. Inzwischen hat auch auch Halyna ihren Posten eingenommen. Sie streichelt einen Krautkopf (kein Scherz). Das Bild wirkt irgendwie tröstlich für den Krautkopf. Denn gleich werden die Krautblätter einzeln ein paar Minuten mit Salz und Lorbeerblättern in heißem Wasser blanchiert.

Unser Gastgeber Peter Lammer schaut neugierig zu. Er ist Koch und Wirt im Johanneskeller, der sich am oberen Ende des Makartplatzes befindet. Von Lammer weiß man, dass er das Herz am rechten Fleck hat. Ansonsten tickt er eher links.

Das Hauptgericht am Heiligen Abend heißt Holubzi. Das sind gefüllte Krautwickler. Dafür werden jetzt die Blätter des blanchierten Krauts einzeln vom Kopf "geschält". Gefüllt werden diese dann mit Faschiertem oder Pilzen sowie Reis und Zwiebel. Wir kochen heute fast vegan. Weil in der Ukraine bis Weihnachten 40 Tage lang gefastet wird. "Das bereitet den Geist für die Ankunft von Jesus vor", sagt Myroslava.

Wir rösten also kleinst geschnittene Champignons und klein geschnittene Zwiebel in Speiseöl an und vermengen die Masse dann in einer Schüssel mit Reis, der nur halbgar gekocht wurde. Salzen, pfeffern - fertig. Diese Masse wird dann in die Krautblätter gerollt und diese oben und unten wie ein Kuvert verschlossen. Das Geheimnis liegt auch bei diesem Gericht in der Sauce. Für unser Meisterwerk werden zunächst in Speiseöl klein geschnittene Paprika mit geriebenen Karotten in der Pfanne glaciert. Dann kommen passierte Tomaten dazu, etwas Sauerrahm und Gewürze. Myroslava empfiehlt Salz, Pfeffer und Thymian. Die gefüllten Wickler werden mit Gemüsebrühe bedeckt und in einem Topf mindestens eine Stunde lang gekocht.

Was das Kutja betrifft. Da fehlt der Platz für das Rezept. Nur so viel an dieser Stelle: Es besteht aus geschältem und gekochtem Weizen, Honig, gehackten Nüssen, gemahlenem Mohn und Rosinen. In der Ukraine stehen diese Zutaten für Hoffnung, Erfolg, Glück, Frieden und Ruhe. Viel mehr braucht man nicht - für ein gutes Leben.

Spendenkonto: AT58 3500 0000 1608 4972 (Verwendungszweck: SN, Winterhilfe Ukraine).