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Raum für Lebenskünstler

Moore sind geheimnisvolle Übergangszonen zwischen festem Land und Wasser. Es ist lohnend, diese wertvollen Biotope näher zu erkunden.

Die Schwarze Lacke am Gerzkopf, ein herrliches Ausflugsziel und Natura-2000-Gebiet in den Fritztaler Bergen.
Die Schwarze Lacke am Gerzkopf, ein herrliches Ausflugsziel und Natura-2000-Gebiet in den Fritztaler Bergen.

Monströse Kreaturen, Irrlichter und tückische Kobolde, die in morastigen Abgründen auf Menschen lauern: Über Jahrhunderte wurde in Geschichten und Erzählungen ein dunkles und furchterregendes Bild von Mooren gezeichnet. Schaurige Sagen berichten von der Existenz skurriler Wesen, von tragischen Begebenheiten und Menschen, die für immer in den dunklen Sümpfen verschwunden sein sollen.

Weil weder Land noch Wasser, wurden die feuchten Lebensräume lange Zeit als feindliche Zwischenwelten und nutzloses Ödland angesehen und oft rigoros trockengelegt. Aus heutiger Sicht eine fatale Entwicklung, denn es ist längst bekannt, dass Moore weder nutzlos noch lebensfeindlich sind. Das Gegenteil ist der Fall: Es sind einzigartige, artenreiche Biotope, die unzählige wichtige ökologische Funktionen erfüllen. Als gewaltige Kohlenstoffspeicher sind sie sogar unerlässlich für den Klimaschutz. Obwohl die Feuchtlebensräume nur drei Prozent der weltweiten Landfläche bedecken, speichern sie rund 600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff und damit etwa doppelt so viel wie die gesamte Biomasse aller Wälder der Erde.

Entstehung der Moore

In Mitteleuropa entwickelten sich Moore nach der letzten Eiszeit. Mit der Erwärmung des Klimas schmolzen die Eispanzer, der Grundwasserspiegel stieg, zahlreiche Täler, Senken und Niederungen wurden überflutet. Dadurch veränderte sich auch die Vegetation, es wuchsen mehr feuchtigkeitsliebende Pflanzen. Dort wo die Pflanzen nach ihrem Absterben nicht abgebaut werden konnten, bildete sich aus der überschüssigen Biomasse langsam Torf. Allerdings sehr langsam: Nur einen Millimeter wächst eine solche Schicht durchschnittlich pro Jahr.

 Sonnentau
Sonnentau

Moor ist dennoch nicht gleich Moor: Während Niedermoore vom Grundwasser genährt werden, entwickeln sich Hochmoore ganz ohne Zugang zum Grundwasser. Sie speisen sich ausschließlich durch Niederschläge. Übergangsmoore bilden eine Variante aus beiden Typen: Gibt es genug Niederschläge, kann sich ein Niedermoor auch zum Hochmoor ausbilden. Auch die Pflanzenwelten beider Typen unterscheiden sich voneinander: Während Niedermoore artenreich sind, gibt es nur sehr wenige besondere Pflanzen, die mit den unwirtlichen Bedingungen in Hochmooren zurechtkommen. Eine Anpassung an das karge Leben haben zum Beispiel fleischfressende Pflanzenarten wie der Rundblättrige Sonnentau gefunden.

Die Schwarze Lacke

Besonders lohnenswert, um ein solches Ökosystem zu erkunden, ist eine Wanderung zur Schwarzen Lacke am Gerzkopf, der ein Vorberg des Dachsteinmassivs ist, jedoch zu den Fritztaler Bergen gehört. Der Weg führt von Eben aus (Anm.: auch von Filzmoos) hinauf zum Gerzkopf durch eine stille, unberührte und urtümliche Landschaft. In der 1650 bis 1730 Meter hoch gelegenen Gipfelregion geht der Wald schließlich in ausgedehnte Latschenfelder über. Darin eingebettet liegen mehrere Moorkomplexe sowie einige kleine stehende Gewässer, darunter auch die Schwarze Lacke. Einmal angelangt, eröffnet sich ein grandioses Bergpanorama, das sich in der Wasseroberfläche des Moorsees spiegelt. Seit 2006 ist das Gebiet rund um den Gerzkopf ein Europaschutzgebiet und in das Natura-2000-Netz eingegliedert.

Links: Wollgras, rechts: der Große Brachvogel
Links: Wollgras, rechts: der Große Brachvogel

Das Ainringer Moos

Ein anderes von der Stadt Salzburg aus - wunderbar schnell - erreichbares Moor ist das Ainringer Moos, anders als die Schwarze Lacke ein Niedermoor, das am Fuße des Högls liegt. Nach seiner industriellen Nutzung wurde dieses Gebiet 2003 renaturiert und bietet seitdem immer mehr - teilweise äußerst seltenen - Tier- und Pflanzenarten eine neue Heimat. Für Familien eröffnet das Ainringer Moos durch einen befestigten Moorerlebnispfad die Möglichkeit, mit der speziellen Flora und Fauna des Moors auf Tuchfühlung zu gehen. Auf zahlreichen Informationstafeln entlang des Pfads werden Besuchern die Hintergründe zur Entstehung des Moors, seine Geschichte und die besondere Tier- und Pflanzenwelt nähergebracht.

Das Ibmer Moor

Der größte zusammenhängende Moorkomplex Österreichs liegt an der oberösterreichisch-salzburgischen Grenze. Es ist eines der vielfältigsten und artenreichsten Moore Mitteleuropas, mit drei Moortypen (Nieder-, Hoch- und Übergangsmoor) und einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt. Auch hier gibt es einen Moorlehrpfad, auf dem man Wissenswertes erfährt. Ein Markenzeichen des Ibmer Moors ist übrigens der Große Brachvogel. Während des
19. Jahrhunderts verlor der Große Brachvogel viele geeignete mitteleuropäische Brutgebiete durch Entwässerung von Moorgebieten. Heute ist der Pfeiferanger das bedeutendste Brutgebiet dieses prächtigen Vogels. Sein melodiöses Trällern ertönt bis in den Sommer hinein über dem Ibmer Moor.

Führungen im Ibmer Moor
Moor erleben, Moor erspüren, Wissenswertes über den Schutz, die Tier- und Pflanzenwelt erfahren.
Infos und Buchung:
Maria Wimmer, Tel.: +43 650 / 5604123, ausflug@aon.at, www.moor-ausflug.at