Grün ist das Land, durchzogen von Felskanten. Als hätte ein Riese versucht, die Wiesen zu falten und sie dabei zerbrochen. Menschen siedeln hier seit mehr als 3500 Jahren. Die Wiesen und die Felsbrüche - beide sind die Voraussetzungen für das Paradeprodukt der Region: den Roquefort-Käse. Den Rohstoff dazu liefern die unzähligen Schafe, die unter der Aufsicht ihrer Hirten die Halme und Kräuter der umliegenden Hügel abgrasen. Nicht irgendwelche Schafe, es muss schon ein echtes Lacaune-Schaf sein, eine regionale Rasse. Geländegängig und robust und dennoch nicht ohne Grazie. Mehr als eine Million Lacaune-Schafe leben hier in zwei Départements, die Milch geht nach Roquefort, die Häute nach Millau zur Verarbeitung, die Wolle nach Saint-Affrique. Alles bleibt in der Region.
Idealer Begleiter zum Süßwein
Das Dorf Roquefort-sur-Soulzon liegt direkt an einem zwei Kilometer langen und 30 Meter breiten Felsbruch. Der ist durchzogen von feinen Kaminen, Spalten und Höhlen - ideal, um bei konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit den Käse reifen zu lassen. Doch noch ist es nicht so weit. Bénédicte Cros bittet ihre Gäste, ihr zu folgen, als sie die Treppe hinabsteigt. Seit 20 Jahren arbeitet sie für Gabriel Coulet, den ältesten der sieben noch existierenden Produzenten, von denen drei jedoch von Konzernriesen wie Lactalis betrieben werden. Die Firma Coulet hingegen wird auch in den feinsten Pariser Küchen geschätzt. 1872 hat Guillaume Coulet eine der "Fleurines", eine Felsspalte, entdeckt, das Potenzial erkannt und daraufhin mit der Käseproduktion begonnen, die sein Sohn Gabriel 1906 übernahm. Heute liefern Hunderte Schafbauern an den Familienbetrieb Milch, die täglich in einer Art Rundtour für die sofortige Verarbeitung eingesammelt wird. Denn: Roquefort ist ein Rohmilchkäse. Die Milch wird auf neun Grad gekühlt, dann auf 33 erwärmt, dann machen Milchsäure und Lab ihre Arbeit - und das Penicillium Roqueforti Glaucum, ein Cousin des aus der Pharmazie bekannten Penicillin. Die Laibe werden manuell geformt, lange abgetropft, per Hand gesalzen und in den Fleurines mindestens 14 Tage, hier eher 21 Tage, gereift. Die Reifeprobe zeigt, ob der neue Käse schon in die Schutzhülle eingeschlagen werden kann, die den Sauerstoff abhält. "Plomber" hieß das zu Anfang, doch das Bleiblatt wurde rasch gegen ein Zinnblatt ausgetauscht, nun gegen beschichtetes Alu, bedauert Bénédicte. Es folgt die Reifung. "Die Pilzkulturen schlafen jetzt ein, die Enzyme beginnen zu arbeiten." Mindestens drei, bei Coulet gern auch bis zu fünf Monate, denn, so Bénédicte: "Maximum gibt's keines." Der vier Monate junge Blauschimmelkäse ist noch ein wenig ungestüm im Geschmack, der elf Monate alte Biokäse entwickelt eine feine, buttrige Note am Gaumen, der gereifte ist 15 Monate alt, tiefgründig und lang anhaltend, ein idealer Begleiter zu einem Schluck Süßwein.
Altes Handwerk bewahrt
Gut zehn Autominuten entfernt, in der Ferme d'Alcas, geht's um Milch und nicht um Wein. Der Hof in Saint-Jean-et-Saint-Paul, seit 2017 Demeter-Vorzeigebetrieb, ist seit elf Generationen im Besitz der Familie Vialettes. Und hier herrscht strikte Arbeitsteilung. Von den 300 Schafen geben 150 Milch, die andere Hälfte ist trächtig. Wenn die kleinen Plüschknäuel auf die Welt kommen, bleiben sie - eine Seltenheit in Milchbetrieben - gut einen Monat bei der Mutter. "Bis sie vier Zähne haben", präzisiert Emilie Vialettes und lächelt. Hier ist man besonders freundlich zu den Tieren, füttert mit selbst angebauter Luzerne, kupiert keine Schwänze und setzt, wenn es um den Lämmernachwuchs geht, lieber auf den Widder statt auf den Tierarzt. Und bald, so der Plan, wird die Milch nicht mehr abgeliefert, sondern in der eigenen Käserei verarbeitet.