SN.AT / Leben

Tour de Salzburg: Back on Gaisberg

Die neu erstarkte Tour of Austria erlebt heuer auf Salzburgs Hausberg ihren Höhepunkt.

Salzburger Hausberg mit Heiligenschein.
Salzburger Hausberg mit Heiligenschein.

Wer nicht unbedingt als Schnellster hinauftreten muss, sondern nur hinaufkommen möchte, der wird auf dem Weg zur Spitze des Gaisbergs auch überholt werden. Und wer sich dann nicht nur auf Wattzahlen konzentriert, der kann hinter sich das Schnaufen der Radgeschichte herankommen spüren. Dann verkürzen sich die Intervalle der Atemzüge, die einem im Rücken näherkommen. Es können für fantasiebegabte Radgeschichtsliebhaber die Atemzüge von Richard Menapace sein. Sie saugen sich in den Windschatten, nutzen ihn nur kurz. Dann zieht Menapace leicht vorbei. In Gedanken. Diese Gedanken gehen zurück in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Südtiroler Menapace hatte in Salzburg eine neue Heimat gefunden. Jeder große Radfahrer hat einen Hausberg, auf dem er sich die Härte holt, die ihm anderswo Erfolge bringt. Menapace war ein großer Radfahrer, gewann zwei Mal - 1949 und 1950 - die Österreich-Radrundfahrt, war zwei Mal Glocknerkönig. Und der Gaisberg war sein Trainingsberg. Dass der Berg im Rahmen der nationalen Rundfahrt Zielort wurde, hat Menapace dann nicht mehr als Radstar erlebt. 1969 war seine Karriere längst vorbei.

Legenden: Gino Bartali und Richard Menapace.
Legenden: Gino Bartali und Richard Menapace.
Salzburger Radheld der Nachkriegsjahre: Richard Menapace.
Salzburger Radheld der Nachkriegsjahre: Richard Menapace.

Dafür aber zeigt auf dem Gaisberg damals ein junger Niederländer, dass in Zukunft mit ihm zu rechnen sein wird: Joop Zoetemelk war als Erster auf dem Gipfel - und danach von 1970 bis 1982 sechs Mal Zweiter bei der Tour de France, die er 1980 auch gewinnen konnte.

Bild links: Vor Tausenden ins Ziel in Wien. Bild rechts: Erster Gaisbergsieger: Joop Zoetemelk.
Bild links: Vor Tausenden ins Ziel in Wien. Bild rechts: Erster Gaisbergsieger: Joop Zoetemelk.

Bei der bisher letzten Auffahrt auf den Gaisberg vor 52 Jahren gab es mit dem Tiroler Wolfgang Steinmayr einen österreichischen Etappensieger. Damals war nach vielen Jahren auch ein Salzburger Team am Start. Jungstar war Lokalmatador Herbert Spindler, einer der erfolgreichsten Straßenrennradfahrer Salzburgs. Er hatte sich bei den Flachetappen vor dem Gaisberg-Tag gut gehalten, dann aber - just als es durch die engere Heimat ging, 86 Kilometer von St. Wolfgang auf den Gaisberg - mit einer Erkrankung zu kämpfen. 1979 - damals war Obertrum einziger Etappenort im Land Salzburg - lief es besser für ihn. Spindler, der jahrelang auch Aushängeschild des lokalen ARBÖ-Teams mit dem Sponsor "Salzburger Nachrichten" war, gewann in diesem Jahr die Rundfahrt.

Das Fuscher Törl gehört oft zu den Höhepunkten der Österreich-Radrundfahrt.
Das Fuscher Törl gehört oft zu den Höhepunkten der Österreich-Radrundfahrt.
Salzburger Legende: Herbert Spindler (l.) gewann 1979 die Österreich-Rundfahrt.
Salzburger Legende: Herbert Spindler (l.) gewann 1979 die Österreich-Rundfahrt.

Mehr als fünf Jahrzehnte gehörte der Gaisberg danach "nur" den Hobbyfahrern. Bei der heurigen Ausgabe der Tour of Austria, wie die Österreich-Rundfahrt mittlerweile heißt, steht er wieder auf dem Programm - erst zum dritten Mal. Die dritte Etappe (11. Juli) verspricht ein Spektakel zu werden - noch dazu ein zuschauerfreundliches. Gestartet wird vor Schloss Hellbrunn. Über Hallein, Wiestal und Strubklamm geht es nach Faistenau. Dann über den kurzen, aber harten Anstieg am Perfalleck nach Fuschl, schließlich geht es zurück über Thalgau, Plainfeld und Ebenau und dann über Vorderfager und Oberwinkl hinunter nach Guggenthal und rund um den Gaisberg über Ebenau wieder hinauf - zum Ziel auf die Gaisbergspitze. Während der Gaisberg dieses Mal zur Königsetappe werden dürfte, wird die Großglockner-Hochalpenstraße - neben Menapace war dort Gerrit Glomser 2008 der einzige weitere Salzburger, der den Titel "Glocknerkönig" holte - ausgelassen. Belebt wird aber bei der heurigen Tour indirekt eine andere Tradition, die an Menapace und selige Radsportzeiten erinnert, als Zehntausende am Straßenrand zuschauten. Eine zweite Salzburger Etappe macht nämlich Bischofshofen, wo es jahrelang eines der letzten Innenstadtkriterien Österreichs gab, erstmals zum Startort. Es geht über das Lammertal und den Pass Lueg zurück in den Pongau, wo seit Jahren traditionell St. Johann/Alpendorf das Ziel sein wird. Die Runde erinnert an das einstige Rennen "Rund ums Tennengebirge". Das gab es, als noch Richard Menapace die Straßen beherrschte.