Die letzten Wochen waren anstrengend für Alexander Hock. Als frischgebackener Unternehmer hat er es zuletzt auf eine Wochenarbeitszeit von mehr als 80 Stunden gebracht. Manchmal frage er sich, warum er dafür seinen geregelten Job in der Auto-Logistikbranche aufgegeben habe. "Aber diese Momente werden weniger", sagt der 43-Jährige. Heuer im März hat er die Backstube und das Café von Karl-Heinz Thurnhofer in Berndorf gepachtet. Dieser hatte seinen Betrieb mehr als 40 Jahre lang geführt. Thurnhofer (60) ist Innungsmeister der 110 Salzburger Bäckerbetriebe und vertreibt weiterhin seine Spezialitäten wie das Kletzenbrot und weitere Thurnhofer-Klassiker. Im Herbst will er offiziell in Pension gehen.
Rückkehr zu den Wurzeln
Das Leben und Arbeiten als Bäcker ist für Alexander Hock eine Rückkehr zu den Wurzeln. Der Nußdorfer ist gelernter Bäcker und Konditor. Sein Wechsel in die Auto-Logistikbranche war ursprünglich als Übergangslösung gedacht. Als 23-Jähriger wollte er die Abendmatura absolvieren und dann Bank- und Finanzwirtschaft studieren. Als sich dann Nachwuchs ankündigte, musste das Haus umgebaut werden, aus der "Übergangslösung" bei Porsche wurde ein Dauerzustand. Fast 20 Jahre lang war er im Teilevertriebszentrum von Porsche beschäftigt - wo er es bis zum Lagerbereichsleiter mit Verantwortung für 70 Mitarbeiter gebracht hat. "Es war ein sehr guter Job", sagt er.
"Ich konnte kein Brot kaufen, mit dem er zufrieden war"
In der Brust von Alexander Hock schlug unterdessen weiterhin das Herz eines Bäckers. "Ich konnte kein Brot kaufen, mit dem er zufrieden war. Immer hatte er etwas zu kritisieren", berichtet seine Frau Maria-Anna, eine gelernte Friseurin, die sich jetzt um die administrativen Aufgaben der Bäckerei kümmert.
Den Umdenkprozess in Gang gesetzt hat die mit der Pandemie gekommene Kurzarbeit. Alexander Hock setzte sich wieder mit dem Brotbacken auseinander. Und zwar mit dem Backen von Brot, das so war, wie er es sich immer gewünscht und seine Frau nirgends gefunden hatte: ein echtes Naturprodukt mit langzeitgeführtem Sauerteig, Urgetreideanteil und in Bioqualität.
Brot-Blogger Lutz Geißler als Inspirationsquelle
Eine seiner Inspirationsquellen war der deutsche Brot-Blogger Lutz Geißler, der seinen Teigen mindestens 24 Stunden Zeit zum Reifen gibt. Einen Teil trug auch der Schwiegervater bei, der auf der Suche nach dem Brotgeschmack seiner Kindheit war. Es entstand "Radegunde", ein Sauerteig-Mischbrot aus Waldstauden- und Weizenmehl. Es ist eine Hommage an die Mutter des Schwiegervaters, die einst ein ähnliches Brot gebacken hatte.
Alexander Hock reduzierte seine Arbeitszeit bei Porsche auf 20 Wochenstunden, gründete die Firma "Brot.Wert" und mietete in Berndorf eine Garage samt Lager an. Darin richtete er seine Backstube ein, die im Jänner 2022 in Betrieb ging. Gebacken wurde nur auf Bestellung und das nur ein Mal in der Woche und in zertifizierter Bioqualität. Weil der Teig 24 Stunden reift, musste man am Donnerstag in der Früh ein Brot bestellen, um es am Samstag abholen zu können.
Auf Radegunde folgten Genovefa, Maridi, Franz
Bald folgten weitere Brotsorten: Zur Radegunde gesellte sich Genovefa, ein Ciabatta, das mit dem gesunden Rotkorn, aber auch seiner Strenge und Reschheit an Urgroßmutter Genovefa erinnert. Bei den harten Nüssen im Dinkelvollkornbrot dachte der Bäcker offenbar an Großmutter Maridi, die dem Brot mit rescher Kruste ihren Namen leiht. Das am häufigsten verkaufte Brot ist Franz, ein nach zwei Großvätern - einer war Bäcker, der andere Schmied - benanntes Roggenbrot.
Als die Gemeinde Berndorf vor Weihnachten fragte, ob Alexander und Maria-Anna Hock den Betrieb von Thurnhofer übernehmen wollten, zögerten die beiden. Aber der Reiz, ganz Bäcker sein zu können, nahm überhand. "Weil ich das immer schon machen wollte", sagt Alexander Hock. Den Job bei Porsche gab er mit einem lachenden und einem weinenden Auge ganz auf. Mitte März - zwei Wochen nachdem Thurnhofer seinen Betrieb geschlossen hatte - eröffnete das Ehepaar Hock dort neu. Der Thurnhofer-Schriftzug ist noch da, und auch viele Thurnhofer-Originalrezepte, die jetzt von Alexander Hock neben den eigenen "Brot.Wert"-Produkten gebacken werden. Auch für sie verwendet er nur Biozutaten, die Biozertifizierung soll im Mai erfolgen.