Dort, wo heute das Wohn- und Arbeitsquartier Rauchmühle mit seinen großen Freiflächen, historischen Industriedenkmälern und neuen Wohnbauten liegt, wurde ab dem 14. Jahrhundert Getreide vermahlen. Damals befand sich das Areal noch weit außerhalb der Stadtgrenzen. Als die Rauchmühle 2011 den Betrieb einstellte, war sie längst mitten im dicht verbauten Stadtteil Lehen und mit einem Schlag wurden 21.000 Quadratmeter nur teilweise bebaute Fläche frei.
Fünf Architekturbüros gestalten acht moderne Wohntürme
Auf Basis eines städtebaulichen Grundkonzepts übernahmen fünf Architekturbüros die Planungsarbeiten. Bis 2021 entstanden acht Wohntürme mit über 220 Wohnungen nach den Plänen des norwegischen Architekturbüros Helen & Hard.
Österreichische Architekten revitalisierten das Mühlhaus, die Silos, die Ceconi-Villa und das Maschinenhaus. Den Großteil der Bestandsgebäude nutzen heute Büros der Kreativwirtschaft, so auch das Architekturbüro dunkelschwarz ZT GmbH. Im Maschinenhaus entstanden geförderte Mietwohnungen der Salzburg Wohnbau.
Die Umwandlung des Maschinenhauses zu Mietwohnungen wurde an huber+theissl architekten und das Büro dunkelschwarz vergeben. Der jüngste Bestandsbau stand als Teil des Gesamtensembles unter einem Erhaltungsgebot, auch wenn man ihm sein Potenzial im Gegensatz zu den anderen historischen Bauten am Areal von außen nicht auf den ersten Blick ansieht. Er wurde in den 1980er-Jahren als einfacher Zweckbau errichtet.
Raumhöhen, Säulen und Träger begeistern
Von den vier Meter hohen Geschoßen, den Säulen und Entlastungsträgern waren die Architekten sofort angetan, erzählt Architekt Erhard Steiner: "Das Gebäude war natürlich zugeschnitten auf die Mehlproduktion und die Maschinen dafür. Es gab zig Unterzüge, Stahlbetonsäulen und Durchbrüche. Aber es war sofort klar, dass es als Wohnraum ebenso gut funktionieren konnte."
Trotz Erhaltungsgebots wäre es möglich gewesen, das Gebäude komplett zu entkernen, neue Zwischendecken einzuziehen und die Fenster anders anzuordnen. Das hätte Platz für zwei zusätzliche Geschoße und sechs Standard-Mietwohnungen geschaffen. Stattdessen wollten die Architekten laut Erhard Steiner das Objekt in seiner Substanz und räumlichen Wirkung weitgehend erhalten und "einen Spagat zwischen der Bestandsstruktur und den Konventionen gemeinnützigen Wohnens schaffen".
Industriegebäude werden zum Wohnraum
In Salzburg gibt es für Architekten nicht oft die Aufgabe, ein Industriegebäude für eine Nachnutzung zu adaptieren. Das zeigen die wenigen Beispiele vom Gusswerk bis zur Panzerhalle. Beim Maschinenhaus der Rauchmühle ergab sich für Erhard Steiner nun die einmalige Chance, in einen Industriebau eine ganz andere Art des Wohnens einziehen zu lassen. Der Wohnbauträger ließ sich von den Argumenten der Architekten überzeugen und verzichtete auf die Möglichkeit, auf gleicher Grundfläche mehr Wohneinheiten zu generieren.