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Der ORF der Zukunft: Jünger, schlanker, digitaler und auch regionaler

Erstes öffentliches Hearing der Kandidaten für den ORF-Chefposten: Die Neos baten die Kandidaten und Kandidatinnen der ORF-Generaldirektorenwahl zu einer öffentlichen Konzeptpräsentation und Diskussion.

Die aussichtsreichsten Kandidaten und Kandidatinnen für den Generaldirektorposten: Alexander Wrabetz, Thomas Prantner, Roland Weißmann und Lisa Totzauer. Die Neos luden zudem noch die Bewerber Julius Kratky und Harald Thoma zu ihrem Talk.
Die aussichtsreichsten Kandidaten und Kandidatinnen für den Generaldirektorposten: Alexander Wrabetz, Thomas Prantner, Roland Weißmann und Lisa Totzauer. Die Neos luden zudem noch die Bewerber Julius Kratky und Harald Thoma zu ihrem Talk.

"Wohin geht der ORF? Über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks": Unter diesem Titel ging Donnerstagabend im Billrothhaus in Wien im Zuge eines "NEOS Lab Talk" eine erste öffentliche Livediskussion der Kandidaten für die ORF-Wahl über die Bühne. Der Einladung gefolgt sind Amtsinhaber Alexander Wrabetz, ORF-Vizefinanzchef Roland Weißmann, ORF-1-Channelmanagerin Lisa Totzauer, ORF-Technik-Vizedirektor Thomas Prantner, der ORF-Journalist Julius Kratky und Harald Thoma, CEO der Pocketfilm Media Entertainment GmbH. Diese sechs Kandidaten hätten, so Moderator Sebastian Loudon ("Zeit", "Datum"), allesamt Konzepte abgegeben. Viel Neues erbrachte das Gespräch nicht, die Kandidaten wiederholten meist ihre aus diversen Interviews bekannten Statements.


Alexander Wrabetz bezeichnete den ORF als das erfolgreichste öffentlich-rechtliche Unternehmen in ganz Europa. Er wolle die linearen Programme behalten und die digitalen Produkte ausbauen. Zudem müsse der 2022 fertig werdende multimediale Mediencampus mit Leben erfüllt werden. Laut Wrabetz sei die Unabhängigkeit des ORF "ein bisschen gefährdet", daher gelte es ebendiese Unabhängigkeit auch für die Zukunft sicherzustellen. Für den kommenden Newsroom wolle er keinen zentralen Chefredakteur, sagte Wrabetz: "Das System ist gut: eine starke Chefredaktion, starke Sendungsverantwortliche und starke Ressorts, die Fachjournalismus bringen." Dies sei zwar nicht das kostengünstigste Konzept, aber eben der Preis für glaubwürdigen Journalismus. Wrabetz ließ erkennen, dass er sich - im Fall einer Abwahl - als Opfer einer politischen Umfärbung sehen würde.

Der dem bürgerlichen Lager zugehörige Kandidat Roland Weißmann betonte den Wunsch, die unter 30-Jährigen verstärkt ansprechen zu wollen: "Der ORF muss digitaler, jünger und diverser werden." Er wolle sich verstärkt für ein
userzentriertes Denken und bessere Datenauswertung engagieren, sagte Weißmann. Und: "Der ORF soll für mich für Online, Radio und Fernsehen stehen." Um die Jungen "auf Augenhöhe erreichen zu können", brauche man mehr digitale Projekte. Wie er mit dem Klimathema umgehen würde? "Entweder wird es in allen Ressorts präsent sein, denkbar wäre aber auch, ein neues Ressort zu schaffen, etwa ein eigenes Klimamodul im ORF-Player."

"Geschlossene Anstalt" und "offene Plattform"

Für Lisa Totzauer ist der ORF "eine mediale Daseinsvorsorge für eine demokratische Gesellschaft". Sie wolle das Medienunternehmen "von der geschlossenen Anstalt zur offenen Plattform entwickeln". Laut Totzauer müsse sich der ORF in der gegenwärtigen Medienrevolution verändern. Etwa "mehr Österreich, mehr Regionalität im Programm" realisieren, auch, weil "uns internationale Programme und Filme immer weniger zur Verfügung stehen". Neben der Stärkung der Landesstudios will Totzauer gleichzeitig auch das internationale Korrespondentennetz ausweiten.

Auch Thomas Prantner will das Regionalprogramm ausbauen: "Das schauen die Leute, das ist österreichisches Fernsehen." Wichtig ist ihm auch die Schaffung neuer interner Strukturen: "Wir müssen schlanker, effizienter und wettbewerbsfähiger werden." Binnen drei bis fünf Jahren schwebt ihm auch eine Verschlankung der Führungsebene vor, derzeit gebe es 90 Leitungsfunktionen im ORF. Beim Thema Klimaschutz will Prantner den ORF zu einem medialen Vorreiter machen: "Keine Plastikflaschen mehr im Unternehmen, nur E-Autos im Fuhrpark und auch bei Kleidung der Moderatoren könnten wir nachhaltige Lösungen finden."

Julius Kratky sprach sich dafür aus, die ORF-Direktionen Finanzen und Technik zusammenzulegen. Zudem plädierte er für die Schaffung einer eigenen Informationsdirektion. Der ORF müsse aufpassen, in Zukunft nicht zu wenig Geld zu haben, sagte Kratky, der auch einen verstärkten Austausch der Medienunternehmen in Europa realisieren möchte. Harald Thoma möchte Plattformen schaffen, mit denen man "die Jugend stärker als bisher ansprechen kann". Als weiteres Ziel nannte der Sohn des Medienmanagers Helmut Thoma die Forcierung von Österreich-Inhalten: "Das, was vor der Haustür passiert, ist relevant." Thoma will auch das Programmentgelt um zehn Prozent kürzen.