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Johannes Huber: "Die Frau hat um 1000 Gene mehr als der Mann"

Johannes Huber zeigt in seinem Buch, warum Frauen Männern biologisch in mancher Hinsicht überlegen sind.

Frauen sind auch genetisch anders als Männer.
Frauen sind auch genetisch anders als Männer.

Der Gynäkologe und Theologe Johannes Huber beschäftigt sich in seinem jüngsten Buch "Wunderwerk Frau" mit den biologischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern - und hat dabei viele Punkte gefunden, bei denen Frauen den Männern überlegen sind.

Schon am Cover Ihres Buchs schreiben Sie: "Warum das 'schwache' Geschlecht das wahrhaft starke ist." Wie begründen Sie diesen Befund? Johannes Huber: Durch die Evolution. Vor zirka 240 Millionen Jahren hat Mutter Natur begonnen, eine große Geschichte zu erzählen, und sie umgesetzt. Versetzen wir uns in den Biologieunterricht: Weibliche Fische etwa legen ihren Laich ab und überlassen es den Männchen, dann ihre Spermawolke darüber zu entladen. Unerotischer geht Fortpflanzung nicht! (lacht) Reptilien und Vögel machen es ähnlich: Sie legen Eier und überlassen das nötige Ausbrüten oft sogar der Sonne. Mutter Natur hat aber gesagt: Wir werden es anders machen - und hat beim Menschen die Eierproduktion ins Innere des Köpers verlegt. Das Wesen dazu, die Frau, wurde schon in der Bibel Eva genannt, also Mutter. Denn sie hatte die Fähigkeit, in ihrem Inneren neues Leben entstehen zu lassen. Das ist eigentlich ein Wunder, eine Inkarnation, eine Menschwerdung. Dazu waren vor allem die Hormone nötig.

Aber warum sind Frauen deswegen das starke Geschlecht? Die erste Erklärung ist: Für die Frau hat sich die Evolution ein neues Immunsystem einfallen lassen müssen. Und Punkt zwei ist: Das Herz-Kreislauf-System musste umgestellt werden, weil das Herz der Mutter für zwei schlagen muss. Daher ist das kardiovaskuläre System der Frauen im Vergleich zu den Männern das stärkere. Und: Frauen haben als Folge in der Regel keinen hohen Blutdruck und wenig Herzinfarkte vor der Menopause.

Wie funktioniert dieser Schutz vor Herzinfarkten? Der Mechanismus dahinter ist: Durch das Östrogen wird im Körper der Frau das sogenannte Stickstoffmonoxid gebildet, das auch im Nitroglycerin enthalten ist. Es besteht aus Stickstoff und Sauerstoff. Und es bewirkt im Herz-Kreislauf-System Wundersames: Es erweitert die Blutgefäße und verbessert damit die Zirkulation und die Blutversorgung. Deswegen werden Nitroglycerin-Präparate seit Jahrzehnten bei Herzerkrankungen erfolgreich eingesetzt.

Und, das ist ein dritter Vorteil, der Stoffwechsel der Frau ist auch anders als beim Mann: Eine Schwangerschaft samt Stillzeit benötigt zusätzliche Energie in Form von 140.000 Kilokalorien. Als es künstliche Babymilch noch nicht gab, war es eine große Herausforderung für den Körper, der vor der Schwangerschaft bzw. Geburt diese Energiemenge speichern musste. Das sind nur drei Beispiele, die zeigen, was nötig war und ist, damit menschliches Leben in einer Frau entstehen konnte und kann. Es erklärt auch den biologischen Unterschied der beiden Geschlechter, der ja evident ist.

Tatsächlich gibt es ja Sportarten wie den Ultramarathonlauf, wo Frauen regelmäßig Männer besiegen. Wie lässt sich das physiologisch erklären? Weil die langfristige Leistungsfähigkeit - speziell bei Muskeln von Müttern - und die Verstoffwechselung von Glukose und Fett bei Frauen generell besser sind. Männer sprinten zwar schneller. Aber: Frauen sind ausdauernder, weil die Mitochondrien, also die Kraftwerke der Zelle, hier ausschlaggebend sind. Diese werden bei Frauen besser versorgt. Sie stehen ja auch oft fünf Mal auf in der Nacht, um sich um ihr Baby zu kümmern. Das würde ein Mann gar nicht aushalten.

Im Buch widmen Sie ein ganzes Kapitel dem "Gütesiegel der weiblichen Seele". Aber ist die weibliche Seele tatsächlich anders als die männliche? Oder sind da nicht primär die Sozialisation und die gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen samt tradierten Rollenmustern dafür ausschlaggebend? Nein. Die Frau hat um 1000 Gene mehr als der Mann - auch wenn sie teilweise inaktiviert sind. Aber das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Und Frauen haben eine empathische Gabe, den Seelenzustand des Gegenübers schon mit dem Blick erfassen zu können. Das ist wissenschaftlich nachgewiesen.

Wenig bekannt ist, dass die weiblichen Eierstöcke auch Assistenten bei der Energieversorgung weiblicher Muskeln sind … … ja, indem sie das Östrogen freisetzen. Das ist dafür verantwortlich, die Mitochondrien zu stimulieren. Daher steuert der Eierstock auch bis zu einem gewissen Grad die Muskelarbeit der Frau.

Im Abschnitt "Das weibliche Gehirn" analysieren Sie eingehend die Vorteile des Hormons Progesteron. Welche Funktionen hat es genau? Das ist das Weisheits- und Beruhigungshormon und bereitet die Frau auf eine Schwangerschaft vor. Denn wenn ein Mann ein Kind zur Welt bringen müsste, hätte er, plakativ ausgedrückt, wohl jeden Tag einen Nervenzusammenbruch (lacht). Aber das Progesteron besitzt den sogenannten GABA-Rezeptor und ist ein physiologisches Beruhigungsmittel. Außerdem stimuliert es die Neurogenese, also das Aussprossen neuer Nerven. Und mit dem Prolactin gibt es Frauen die Gabe, in der Frühschwangerschaft viel besser zu riechen - weil in der Nase mehr Nervenzellen, also Neuronen, gebildet werden; konkret im Riechzentrum oberhalb der Nase.

Ein ganzes Kapitel widmen Sie der Tatsache, dass Frauen länger leben. Was sind die Gründe dafür? Der wichtigste Grund ist, dass die Durchblutung bei den Frauen besser als beim Mann ist. Dadurch, salopp gesagt, verkalkt sie weniger schnell.

Außerdem ist ihre Immunsituation besser. Das sieht man bei den Frühchen: Wenn sie ab der 26. Schwangerschaftswoche, also fast vier Monate zu früh, auf die Welt kommen, überleben hier eher die Mädchen als die Buben. Ein weiterer Grund für das längere Leben der Frauen: Die Telomere, die Enden der Chromosome, werden bei den Frauen langsamer abgebaut, weil sie einen anderen Hormoncocktail im Blut haben.

Wird sich die derzeit fast um fünf Jahre höhere Lebenserwartung der Frauen nach unten nivellieren, wenn das Pensionsantrittsalter von Frauen schrittweise von jetzt 60 auf bald 65 angehoben wird? Ein wichtiger Punkt ist, wie eine Frau ihre Menopause managt. Wenn man die gut bewältigt, werden die Frauen weiterhin älter werden als die Männer. Die Menopause ist aber ein Einschnitt, den kann man aber durch die Gabe von Hormonen gut bewältigen. Das bald höhere Pensionsalter wird da keinen großen Einfluss auf die Lebenserwartung haben; es sei denn, Frauen würden auch vermehrt als Schwerarbeiterinnen tätig werden. Aber ansonsten sind die Frauen im Schnitt fitter als die Männer - auch mit 65 Jahren noch -, wenn sie den Wechsel gut bewältigt haben.

In einem weiteren Kapitel Ihres Buchs schreiben Sie, dass der weibliche Körper "Geheimarchive" habe. Was verstehen Sie da darunter? Damit meine ich die Stammzellen im Knochenmark, die neue Zellen generieren - und die auch Zellen ans ungeborene Kind weitergeben. Zudem ist das Kalzium im Knochen verantwortlich für viele biochemische Reaktionen. Weiters kann der weibliche Körper auch mehr sogenanntes braunes Fettgewebe bilden, das nicht in Kraft und Bewegung, sondern direkt in Wärme umgewandelt werden kann, um etwa das neugeborene Kind zu wärmen. Und: Dieses diskrete Fettdepot ist bei der Frau größer als beim Mann. Das zusammengefasst habe ich Geheimarchive des weiblichen Körpers genannt; auch, wenn es ein bisschen poetisch ausgedrückt ist (lacht).

Als Theologe und Moralexperte äußern Sie sich zudem auch immer wieder zu Gender-Themen - und kritisieren etwa, dass mittlerweile auch Jugendliche ihr Geschlecht wechseln können. Was befürchten Sie hier? Ich befürchte, dass sogenannte Pubertätsblocker hier großes Unheil anrichten. Das menschliche Gehirn braucht rund 20 Jahre, bis es voll ausgebildet ist. In dieser Zeit findet auch die sexuelle Orientierung statt. Natürlich kann es sein, dass die anders ist als das biologische Geschlecht. Diesen Menschen muss man helfen. Aber: Man darf nicht schon in der Pflichtschulzeit diese Entwicklung massiv und auch medikamentös beeinflussen. Aber in Deutschland wird das gesetzlich möglich. Das ist meiner Meinung nach bedenklich, schon Jugendlichen hier vorzeitig die Wahlfreiheit über ihr Geschlecht zu überlassen. Eine Geschlechtsumwandlung sollte erst im Erwachsenenalter stattfinden - wenn sie überhaupt sein muss. Denn Hormonersatztherapien im Wechsel sind unproblematischer im Vergleich zu diesen Pubertätsblockern. Das schlecht beleumundete Östrogen und das Progesteron bei Wechselbeschwerden wären hier, wenn man sie richtig einsetzt, harmlose Arzneimittel.

Johannes Huber: "Wunderwerk Frau", 191 Seiten. Gräfe und Unzer Edition .