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Und ewig rollt das Rad in Schönheit

Wenn Jakob Deutschmann Räder frisch glänzen lässt, geht es um Schönheit. Es geht aber auch um das Fahrrad als Bote einer guten Gesellschaft.

Jakob Deutschmann belebt die Salzburger Radkultur.
Jakob Deutschmann belebt die Salzburger Radkultur.

Die Sache mit dem eigenen Laden folgt einer einfachen Idee, einer Leidenschaft und auch einem gesellschaftspolitischen Ansatz. Dabei tut Jakob Deutschmann nicht anderes, als alte Räder zu reparieren oder ganz neu aufzubauen oder verschiedene Teile zusammenzufügen, die auf den ersten Blick gar nichts miteinander zu tun hatten.

In jedem Fall schenkt Jakob Deutschmann alten Teilen ein neues Leben. Und manchmal lackiert er sie dafür auch. Bunt, frech und so laut ist das dann, dass die Botschaft auf der Straße nicht zu überhören ist: Die Räder des 27-jährigen Salzburgers treten ganz im Sinn einer vernünftigen Kreislaufwirtschaft einem gewöhnlichem und auch gut gewohnten Überflussverhalten entgegen.

Vor dreieinhalb Jahren hatte er dafür in der Aiglhofstraße in Mülln einen eigenen Radladen eröffnet. "Fanzy Bikes" hieß er - Werkstatt und Verkaufsraum gleichermaßen wie Ausgangspunkt für lockere Ausfahrten und Platz für Ideen rund ums Radfahren. Und "Fanzy Bikes" heißt der Laden immer noch, wenn er diese Woche nach ein paar Monaten Pause wieder aufsperrt, neu gestaltet, bunter und mit einer klaren Linie.

Mit der Neueröffnung wird das Angebot nämlich eindeutig: Die klassische Dienstleistung - sprich das Reparieren - wird in den Hintergrund rücken.

"Klar richte ich dann auch noch Räder her, die ich gebaut habe, aber die volle Konzentration stecke ich ab jetzt in das Upcycling", sagt Deutschmann. In der Werkstatt stehen ein paar Kandidaten, denen er in nächster Zeit neues Leben gegeben wird. Ein paar frisch bemalte Rahmen stehen da. An einem Tisch lehnen Gabeln. Im Garten unter Planen liegen Räder und warten auf ein neues Leben. In einem Showroom im oberen Stockwerk stehen schon einige Räder, die bereits "gepimpt" wurden.

Was Deutschmanns Werkstatt verlässt, glänzt einzigartig. Es geht nicht darum, die Räder originalgetreu wiederherzustellen. Es geht um neue Varianten. Und es gibt nur Unikate. "Da gibt es kein Rad zwei Mal", sagte Deutschmann. Das entspricht dann auch einem Lifestyle, in dem Radfahren nicht nur eine Konsequenz von Stau und ökologischem Gewissen ist. Es geht darum, dass Radfahren gerade in der Stadt frech sein kann und cool - und "die richtige Antwort auf sehr viele Probleme unserer Zeit, vor allem in der Stadt", wie Deutschmann sagt.

Als Bub hatte der Salzburger seinen Freunden schon angeboten, ihre Räder zu reparieren. Er begann alte Räder zu suchen und neu herzurichten, zuerst im elterlichen Wohnzimmer, dann in der Garage, in der Wohngemeinschaft (WG), in einem Keller und schließlich im eigenen Geschäft. "KMU-Management & Entrepreneurship" an einer Fachhochschule hat er zwischendurch studiert - um auch theoretisch zu wissen, wie das Geschäft läuft. Aber er ist Praktiker. Er arbeitete als Fahrradkurier, kennt die Radszene. Und für diese will sein Laden auch mehr sein als ein Ort, an dem man nur einkauft.

Daher gibt es von nun an auch ein Café, das "Fika Fanzy", geführt vom Schweden Johann Thorell und benannt nach dem schwedischen Wort "Fika", was in etwa Kaffeepause bedeutet. Radladen und Café sind dann gemeinsam "The Factory", in der neben der handwerklichen Tätigkeit auch an Ideen gearbeitet wird. Schon bisher war der Ort ein Treffpunkt einer "eher subkulturellen Radszene" um "Velobund Salzburg", dessen Obmann Deutschmann ist. Wenn donnerstags länger geöffnet ist, sind BMXler da und Fahrradkuriere, aber auch Vintage-Fans oder "normale" Stadtradler. "Es geht beim Fahrrad immer auch um Kultur", sagt Deutschmann - und es geht daher um einen "größeren gesellschaftlichen Hintergrund". Also werden künftig auch Radfilme gezeigt. Eine Bibliothek gibt es auch.

Das Herz bleiben die wiederbelebten Räder, die als Gegenentwurf zu jeder aufpolierten Industrieware und zu einer Konsumgesellschaft des Wegwerfens taugen. Es geht um die Schönheit des Ewigen. Und die Lust, diese Schönheit durch Kreativität neu zu beleben und leicht rollen zu lassen. Und ganz abgesehen vom neuen Glanz und der Bedeutung des Fahrrads als ideales urbanes Fortbewegungsmittel sei das Rad eben auch jenes Gerät, "mit dem ich mit effizientem Einsatz meiner eigenen Kraft am allerweitesten komme".

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