Kurstadtprojekt Leopoldskron

Dieser Artikel informiert über das nicht realisierte Kurstadtprojekt Leopoldskron in der Stadt Salzburg.

Über das Kurstadtprojekt

In der Stadt Salzburg und zwei Umgebungsgemeinden gab es bereits seit 1860 Kurmöglichkeiten: in der Gemeinde Leopoldskron-Moos die Moorbäder Marienbad und Ludwigsbad, Kreuzbrückl in Maxglan, sowie ein Solebad in Mülln. Geblieben ist das Kurmittelhaus in der Salzburger Neustadt, das Moorbäder mit Moor aus dem Leopoldskroner Moor verabreicht.

Die 1970er-Jahre

1969 hatte der Salzburger Gemeinderat den einstimmigen Beschluss gefasst, ein Kurzentrum zu errichten. Es wurde sogar ein eigener Unterausschuss dafür gebildet. Doch bei einer Sitzung des Gemeinderats im Herbst 1974 hatte Gemeinderat Gerhardt Bacher (ÖVP) ausgerufen: "Der Kur-Unterausschuss hat schon lange genug getagt, er soll endlich sein Leben aushauchen. Jetzt liegt es an den Fraktionen, klare Vorstellungen vorzulegen!" Bürgermeister Heinrich Salfenauer (SPÖ) hatte das Schlusswort: "Niemand, der für das Wohl der Stadt eintritt, kann gegen eine Schaffung eines Kurzentrums sein." Doch unter der Überschrift "ein Kurzentrum für die Stadt Salzburg ist sanft entschlummert" berichteten die "Salzburger Nachrichten" in ihrer Ausgabe vom 24. November 1976 vom Ende dieses Projekts.[1]

Die 1990er-Jahre

1968 wurde die Stadt Salzburg mit einem Bescheid der Salzburger Landesregierung unter der Bezeichnung "Heilbad Salzburg-Leopoldskron" als Kurort anerkannt. Darin fand sich die Auflage, dass in dem als Kurzone ausgewiesenen Bereich "Leopoldskron" "in naher Zukunft" neue Kureinrichtungen zu schaffen und der Raum von Lärm und Durchzugsverkehr freizuhalten ist.

Nach dreijähriger Planungszeit hatte der ökologisch-baubiologische Architekt Richard Dietrich ein Kurzentrumsprojekt in der zweiten Oktoberhälfte 1982 vorgestellt. Geplant war als Standort eines neuen Kurzentrums das Gelände der Salzburger Stadtgärtnerei in der Riedenburg neben dem Seniorenwohnhaus Nonntal. Die Stadtgärtnerei hätte abgesiedelt werden müssen, um Platz für ein 320-Betten-Kurhotel zu machen.

Das neue Kurzentrum sollte in der Mitte das Kurmittelhaus mit Brunnenhalle bekommen. Von diesem Kurmittelhaus sind kleeblattartig ein Kursanatorium und ein Kurhotel mit 320 Betten vorgesehen. Das Gesundheitssportzentrum soll öffentlich zugänglich sein, wobei das mit einer Kuppel überdeckte Schwimmbad als besondere Attraktion gewertet wurde. Der Komplex soll nach Plan zentral von der Karl-Höller-Straße im Norden erschlossen werden. Unter einer weitgespannten Glaskuppel entfaltete sich ein tropischer Wintergarten mit einer Wasserkaskade, die an Kursaal und Kurterrassen vorbei in den Kurpark hinausführt. An der Wandelhalle befinden sich zwei Restaurants, je eines für Kursanatorium und Kurhotel. Die Kosten für das Projekt waren mit 470 Millionen Schilling veranschlagt.

Es hatte sich mittlerweile eine "Bürgerinitiative Pro Kurstadt Salzburg-Leopoldskron" gebildet. Die erste öffentliche Präsentation des Projekts im K+K Restaurant am Waagplatz hatte lebhaftes Interesse gefunden. In Folge kam es zu Diskussionen zwischen den Befürwortern und Gegner dieses Projekts. Anfang 1983 gingen die Auseinandersetzungen weiter.[2]

Aber gebaut wurde weiterhin nichts.

Publikumsdiskussion 1991

Bei einer Publikumsdiskussion im ORF Landesstudio Salzburg am 17. Mai 1991 zerstörte Bürgermeister Harald Lettner (SPÖ) "wohl den letzten Funken Hoffnung der Betreiber der Kurstadt Leopoldskron, in nächster Zeit von politischer Seite Unterstützung für das Projekt zu erhalten". Lettner stellte ein "kleines Kurbad" neben dem Leopoldskroner Freibad in Aussicht.

Architekt Dietrich erklärte neuerlich, dass alle Befürchtungen, durch das Kurprojekt würde es in diesem Stadtteil zu mehr Verkehr kommen, absurd seien. Im Gegenteil: "Ein Kurzentrum kann natürlich nur inmitten einer verkehrsbefreiten Zone liegen." Auch mit dem Vorurteil, es würde dort nur Kur für reiche Ausländer angeboten, räumte Dietrich auf: "Das Kurhaus wäre natürlich für alle Salzburger offen." Der ehemalige Wiener Gesundheitsstadtrat und 1991 aktuelle Präsident der Internationalen Akademie für Ganzheitsmedizin, Primarius Alois Stacher, meinte, Salzburg müsse eine Grundsatzentscheidung treffen: "Entweder wollen Sie eine kleine Kurmöglichkeit für die Einheimischen, oder sie wollen die Kur auch als touristische Möglichkeit nutzen."

Die touristischen Vorteile von Kurmöglichkeiten strich der Direktor der SalzburgerLand Tourismus Gesellschaft Dr. Martin Uitz hervor. Kurgäste bleiben wesentlich länger als andere Urlauber. In der Stadt Salzburg lag damals die durchschnittliche Verweildauer bei 1,7 Nächtigungen, Kurgäste bleiben normalerweise drei bis vier Wochen.

Landesrätin Gerheid Widrich meinte, sollte es bis Ende 1992 nicht zu rigorosen Verkehrseinschränkungen im Salzburger Kurbezirk kommen, so müsse die Stadt Salzburg mit dem Verlust des Kurstatus rechnen. Die Landeshauptstadt sei verpflichtet, im Kurbezirk für Ruhe zu sorgen. Komme sie dieser Aufforderung nicht nach, so werde das Land einschreiten.

Der Salzburger Universitätsprofessor Sepp Steiner, ein möglicher Anrainer des Kurprojekts, sprach sich für dessen Realisierung aus. Er sehe darin eine wesentliche Chance, das Verkehrsproblem in einem großen Bezirk zu lösen.

Auszüge aus der anschließenden Diskussion:

  • "Was wollen Sie denn noch alles nach Nonntal hineinpappen", rief Prof. Josef Brettenthaler als erster Diskutant in den Saal.
  • Der ehemalige Stadtverkehrsdirektor Dr. Heinz Rennau kritisierte, dass es in den vergangenen Jahren gleich mehrere Großhotels in Salzburg aus dem Boden gestampft worden seien. "Dagegen hat niemand etwas unternommen. Und jetzt will man plötzlich 320 Qualitätsbetten für Kurgäste nicht mehr verkraften können?"
  • Ingrid Buschmann forderte die Verdrängung des Durchzugsverkehrs aus der Kurzone. Die von der Stadtgemeinde geplante Erweiterung im Freibad Leopoldskron bringe jedoch das Gegenteil. Das Kurprojekt auf dem Gelände der Gärtnerei bedinge hingegen die radikale Verkehrsberuhigung.
  • Harald Mann, der Erfinder der "immergrünen Stadt", erinnerte daran, dass die kleine Kurstadt Bad Reichenhall um 200 000 Jahresnächtigungen mehr aufweisen könne als Salzburg. Die Umweltbelastung durch die vielen Tagestouristen sei in Salzburg enorm.
  • Dr. Harald Seiss, Direktor der Salzburger Gebietskrankenkasse, vermisste ein klares medizinisches Konzept für die Kurstadt.
  • Der Direktor der Salzburger Kurhausbetriebe Dr. Gernot Zieser, meinte, es sei gelungen, die vor einigen Jahren noch darniederliegenden Kurbetriebe einigermaßen in Schwung zu bringen. Er halte Großprojekte wie das der Kurstadt Leopoldskron für unrealisierbar.
  • Die Anrainerin Elfriede Lepuschitz kritisierte am Projekt, dass es gerade für ältere Leute nicht begehbar sein werde.
  • Chris­tian Walderdorff berichtete, dass 1972 die große Bürgerinitiative 21 000 Unterschriften nicht nur gegen die Zerstörung von Freisaal, sondern auch die von Nonntal gesammelt habe.
  • Die beiden Gemeinderäte Dr. Karl Mayr (ÖVP) und Dr. Erich Marx (FPÖ) sprachen sich für ihre Parteien gegen die Kurstadt Leopoldskron aus.
  • Ladislaus Piekarz, Professor am Mozarteum, forderte mehr Mut zu großen Projekten.
  • Herbert Hradil von der Umweltabteilung des Landes meinte, es gehe den Menschen in Nonntal und Leopoldskron im Zusammenhang mit der Kurdebatte offenbar um die Befreiung von Verkehrsbelastung. Diese müsse auch mit einem kleinen Kurprojekt erreichbar sein.
  • Der Arzt Gerhard Schreder sprach von Leopoldskron als einem klassischen Ozonbelastungsgebiet, da rundherum der Verkehr tobe. Bevor man ein neues Kurmittelhaus errichte, müsse man auf jeden Fall das Verkehrsproblem lösen.
  • Umweltpionier Prof. Günther Schwab skizzierte die Vision der planetarischen Zerstörung, die von den Menschen weiter betrieben werde, so lange sie nicht die Genialität solcher Projekte erkenne.
  • Schließlich verwehrte sich Stadtgartendirektor Dipl.-Ing. Wolfgang Saiko gegen Anschuldigungen, in der Gärtnerei werde Gift gespritzt. Seit einem Jahr werde in der Gärtnerei nur noch vollbiologische Schädlingsbekämpfung betrieben.

1996: Totgesagtes Kurprojekt Leopoldskron lebte - kurz - wieder auf

Am 16. Dezember 1996 präsentierte Tauernkraftwerke-Vorstandsdirektor Mag. DDr. Karl Gollegger im Foyer des Petersbrunnhofes ein neues Kurprojekt Leopoldskron: Das Vorhaben "Paracelsus Therme Salzburg". Dabei handelte es sich um das überarbeitete Projekt aus dem frühen 1990er-Jahren (siehe oben). Die Tauernkraftwerke wollten das Projektmanagement durchführen, den Bau abwickeln sowie die Financiers und Betreiber organisieren. Dieses Projekt hätte ein 160-Betten-Kurhotel mit ausgedehnten Kureinrichtungen, einem Hallenbad, einem Kurmittelhaus, einem ganzheitsmedizinischen Diagnosezentrum, einem Gesundheitssportzentrum, Gartenanlagen, Spazierwege und Kneippanlagen im Freien umfasst. Die Kosten würden rund 1,2 Milliarden Schilling betragen. Auch die Tauernkraftwerke hatten als Standort die Stadtgärtnerei in der Riedenburg geplant gehabt.

Im Kurzentrum sollten die Kurmittel Moor, Bergwerkssole und Solequellen, Mineraltrinkwasser vom Typ Glaubersalz und Bittersalz sowie Thermalwasser angeboten werden. Diese sollen bei folgenden Erkrankungen zur Anwendung gebracht werden: chronisches Rheuma, Unfallfolgen am Stützgerüst und Nervensystem, Muskelentzündungen, Lungenerkrankungen, chronische Herz-Kreis-Erkrankungen, chronische Lebern-, Gallen- und Stoffwechselerkrankungen.

Als Hindernis auf dem Weg zur Realisierung stellte sich die Raumordnung dar. Nach einem Rechtsgutachten des Salzburger Anwalts Dr. Jürgen Hinterwirth sei es durchaus möglich, eine Änderung des Flächenwidmungsplans zu erwirken. Der für die Stadtplanung zuständige Vizebürgermeister Johann Padutsch (Bürgerliste Salzburg) sah hingegen nur wenig Möglichkeit, eine Änderung herbeizuführen.

Gebaut werden hätte das Projekt nach Plänen des Reichenhaller Architekten Richard Dietrich.

Quellen

Einzelnachweise

  1. www.sn.at, Archiv der "Salzburger Nachrichten", Ausgabe vom 24. November 1976, Seite 5
  2. www.sn.at, Archiv der "Salzburger Nachrichten", Ausgabe vom 24. November 1982