Sternstunden Österreichs
Buchtipp Sternstunden Österreichs. Die helle Seite unserer Geschichte
- Autor: Gerhard Jelinik
- Verlag: Amalthea Signum Verlag Wien
- Erscheinungsjahr: 2015
- ISBN 978-3-99050-003-3
Verlagsinformation
Sie haben den Lauf der Geschichte verändert
Stefan Zweig nannte seine Auswahl einst »Sternstunden«, weil sie »leuchtend und unwandelbar wie Sterne die Nacht der Vergänglichkeit überglänzen«. »Sternstunden Österreichs« zu identifizieren, ist im historischen Rückspiegel unseres Jahrhunderts nicht ganz einfach. Wo beginnen? Meinen wir einen geografischen Ort – wo waren dann Österreichs Grenzen im Verlauf der Geschichte, wo sind sie heute? Reden wir von einem dynastischen Begriff – dem »Haus Österreich«? Von einer Nation? Gar von einer Idee? Österreich entzieht sich vielen dieser Definitionsversuche.
Gerhard Jelinek erzählt in seinem neuen Buch von historischen Ereignissen und ihrer nachhaltigen Wirkung. Die »Sternstunden Österreichs«, von denen er berichtet, sind gar nicht selten auch zu »Sternstunden der Menschheit« geworden.
Rezension 1
Sternstunden und solche, die sie eher nicht waren, und vor allem - stimmt alles?
300 Seiten, 32 Sternstunden oder wie der Autor selbst meint, Sternstunden: sie zu identifizieren, scheint im historischen Rückspiegel doch ein wenig schwer. Also beschreibt der Autor Ereignisse nach eigener Wahl, die dem Begriff "Sternstunden" mehr oder weniger gerecht werden.
Ob nun die Lösegelderpressung für den in Österreich gefangen gehaltenen englischen König Richard Löwenherz eine Sternstunde war, lasse ich einmal dahingestellt. Wiens Befreiung von den Türken war sicherlich eine solche. Dass unter Josef II. die Grundlagen für das heute noch geltende Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geschaffen wurden, sehe ich auch als eine Sternstunde. Bei einem Treffen zwischen Minister Metternich und Kaiser Napoleon in Dresden konnte ich keine Sternstunde bemerken. Ja, der Bau der Semmeringbahn passt, der Selbstmord des Finanzministers Karl Ludwig Freiherr von Bruck im Jahr 1860 weniger, seine Leistung(en) möglicherweise schon; und so weiter;
Mir kommt der Stil von Jelinik wie eine Mischung aus Fakten, eigener Vorstellung von Ereignissen und Unterhaltungscharakter vor. Wie sonst soll ich mir die ersten eineinhalb Seiten einer offensichtlich nie stattgefundenen Reise des "Herrn Karl" auf der Großglockner Hochalpenstraße bei diesem Beitrag erklären? Das Titelbild des Buches zeigt übrigens die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe mit Zuschauern eines Abfahrtslaufes vom Großglockner zur Pasterze, die zwischen 1935 und 1949 stattgefunden hatten. Elf einleitenden Zeilen beim Kapitel über Ferdinand Porsche drehen sich um die Wohnung von Sigmund Freud. Doch wie man später im Kapitel lesen kann, haben sich Porsche und Freud nie kennengelernt. Also warum dann die Freud’sche Wohnung? Dass Jelinik die Grundsteinlegung der Kapruner Tauernkraftwerke 1938 durch Generalfeldmarschall Göring als "Sternstunde" bezeichnet, finde ich eigenartig. Diese "Sternstunde" gebührte dem Salzburger Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl (1922 bis 1938), dessen ursprüngliche Idee der Großglockner Hochalpenstraße auf der Errichtung eines gigantischen Wasserkraftwerks im Bereich der Hohen Tauern basierte (mit den Kraftwerkstationen in Kaprun). Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt müssen in der Einleitung zu "Stille Nacht" mit dem Absingen des Liedes in Washington zu Weihnachten 1941 herhalten, NS-Propagandaminister Joseph Goebbels lässt es "zeitgleich" über alle Reichssender erschallen, versehen mit markigen Sprüchen. War die Sternstunde also 1941? Die beiden Schöpfer des Liedes lässt Jelinek in der direkten Rede am 24. Dezember 1818 miteinander plaudern, so, als wäre dieses Entstehungsgespräch wörtlich überliefert worden. Ist es aber nicht.
Sie sehen, Skepsis ist beim Lesen angebracht. Was ist Wahrheit und was ist Dichtung? Ich will die Arbeit von Jelinik nicht schmälern, aber wenn mir als Laie schon nachstehende Ungenauigkeiten auffallen, was könnte noch eventuell nicht ganz korrekt sein?
- Der Salzburger Erzbischof hieß nicht Alois Rohrbacher, sondern Andreas Rohracher (Seite 260);
- Maria Augusta Kutschera war keine "junge Nonne" (Seite 277) – sie war noch nicht ins Benediktinenstift Nonnberg eingetreten;
- Eberhard I. von Biburg war am 8. September 1156 am "Geburtstag Österreichs" kein Salzburger Bischof, sondern Erzbischof (bereits seit 798 waren die Salzburger Kirchenoberhäupter Erzbischöfe) (Seite 16);
- im Beitrag über Mozart (Seite 56) nennt Jelinek den Mozart "Gottlieb", weil dies die Übersetzung von "Amadeus" ist, aber so nannte sich Mozart nicht und wird auch heute nicht genannt;
- "Kaiserin" Maria Theresia von Österreich war gekrönte Königin, jedoch niemals gekrönte Kaiserin gewesen (Seite 65);
- im Beitrag über das Stille Nacht Lied (Seite 100): nicht Maria Pfarr, sondern Mariapfarr und dass Mohr in der Nachbarpfarre Lamprechtshausen in der Kirche in Arnsdorf auch seinen "Dienst am Gottesvolk" versah, konnte ich in einschlägigen Quellen nicht bestätigt finden;
- kam nun Ferdinand Porsche in Waffersdorf (Seite 161) oder in Maffersdorf (Seite 163) auf die Welt? Dem Leser sei gesagt – in Maffersdorf;
Beim Beitrag über die Großglockner Hochalpenstraße stimmt leider einiges nicht:
- Bildtext "Platznot am Gletscherrand am Eröffnungstag" zeigt den Parkplatz bei der Eröffnung der Straße bis zum Fuscher Törl 1934 auf dem Oberen Naßfeld mit Blick zum Wiesbachhorn; beim ersten Glocknerbergrennen lässt der Autor die "echten" Rennautos (Zitat) auf der 19,5 Kilometer langen (richtig) Straße bis zum Hochtor (falsch) durch zwei Tunnels (falsch) in weniger als 14 Minuten (richtig, aber eben nur bis zum Fuscher Törl) mit 150 km/h (falsch) brausen. Auch den Ferdinand Porsche lässt er zum Hochtor (falsch) in 22 Minuten (richtig) fahren. Und zum Abschluss berichtet der Autor, dass beim Eröffnungsrennen "die Veranstalter die Hakenkreuzfahne am Hochtor" (zumindest Hochtor falsch) des Deutschen Reiches verbotenerweise hissten. Die Rennen führten immer nur bis zum Fuscher Törl.
"Die helle Seite unserer Geschichte" lautet der Untertitel. Gelderpressung (Löwenherz) und Selbstmord sind jetzt nicht ganz so helle Seiten. Und "Geschichte" sollte den Fakten entsprechen. Daher ist meine Ansicht zu diesem Buch sehr zwiespältig: Viel Wissen oder doch nur oberflächlich geschrieben? Ich kann es nicht beantworten.
Rezension 2
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Quelle
- Rezension von Peter Krackowizer