Tauernkraftwerke Kaprun

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Erinnerung an die Marshallplanhilfe, Speicher Mooserboden, Kaprun

Die Tauernkraftwerke Kaprun in den Hohen Tauern symbolisieren auch noch im 21. Jahrhundert das moderne Österreich im Sinne des Wiederaufbaus Österreichs nach der nationalen Zerstörung durch den Zweiten Weltkrieg.

Name

Sie wurden bis 1999 von der Tauernkraftwerke AG betrieben und gingen dann in den Besitz des Verbundes über. Über 200 000 Besucher kommen jährlich nach Kaprun, um die Stauseen und Tauernkraftwerke zu besichtigen. Seither ist sie unter dem Namen Kraftwerksgruppe Kaprun bekannt.

Übersicht

Kraftwerksgruppe Glockner-Kaprun - Infotafel

Die Kraftwerksgruppe Kaprun besteht aus Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken sowie Talsperren für Stauseen im Pinzgauer und Kärntner Teil der Glocknergruppe. Sie wird von der Verbund Hydro Power betrieben, dem Tochterunternehmen für Wasserkrafterzeugung der Verbund AG. Die Kraftwerksgruppe besteht aus folgenden Staustufen:

Die Kraftwerksgruppe hatte 2024 eine Leistung von 833 MW zur Stromerzeugung und 610 MW für den Pumpbetrieb. Das Regelarbeitsvermögen von Limberg und Hauptstufe beträgt (ohne Pumpwälzbetrieb) zusammen jährlich 742 Millionen kWh (742 000 MWh, 742 GWh). Dies entspricht 890 Volllaststunden und einem Jahresnutzungsgrad von 10,2 %. Das Wasser, das in den Kraftwerken zur Stromerzeugung genutzt wird, stammt auch zu einem Teil aus dem Einzugsgebiet der Möll in Kärnten, in dem mit der Pasterze auch der größte Gletscher Österreichs liegt. Dieses Wasser wird im Stausee Margaritze gesammelt und durch den 11,6 km langen Möllüberleitungsstollen in den Speicher Mooserboden, abhängig von dessen Wasserspiegel, geleitet oder gepumpt. Nach der Nutzung in der Oberstufe wird das Wasser im Stausee Wasserfallboden gespeichert und nochmals in der Hauptstufe genutzt. Durch die nördlich und südlich des Alpenhauptkamms liegenden Einzugsgebiete können Niederschläge verschiedener klimatischer Zonen erfasst und genutzt – und die Abflüsse auch für den Hochwasserschutz reguliert – werden.

Name Anlagentyp Regelarbeits-
vermögen
Nennleistung|Leistung Maschinensätze Mittlere Rohfallhöhe Ausbauwassermenge Inbetriebnahme
Kaprun-Oberstufe
Möllpumpwerk Pumpwerk 13,4 MW 2 horizontale 2-flutige einstufige Radialpumpen 27,8 m³/s 1955
Krafthaus Limberg Pumpspeicherkraftwerk 166 GWh 113 MW 2 horizontale Maschinensätze bestehend aus einer Francis-Turbine, einem Motorgenerator und einer zweistufigen Radialpumpe 365 m 36 m³/s 1954–1955
Kavernenkrafthaus
Limberg II
Pumpspeicherkraftwerk 1 300 GWh 480 MW 2 vertikale reversierbare Francis-Pumpturbinen 365 m 1 44 m³/s 2011[1]
Kavernenkrafthaus
Limberg III
Pumpspeicherkraftwerk 1 300 GWh 480 MW 2 vertikale reversierbare Francis-Pumpturbinen 365 m 144 m³/s September 2025[2]
(Baustart im September 2021)
[3]
Hirzbach
Kleinkraftwerk Hirzbach Ausleitungskraftwerk 3,3 GWh 1,4 MW 2 Francis-Turbinen 151 m 1,8 m³/s 2012
Kaprun-Hauptstufe
Pumpstation Maiskogel Pumpwerk 2,2 MW 2 horizontale zweistufige halbaxiale Pumpen 2,5 m³/s 1986
Krafthaus
Kaprun-Hauptstufe
Speicherkraftwerk 499 GWh 220 MW 4 horizontale Doppel-Pelton-Turbinen 891 m 32,5 m³/s 1952
Klammsee (Eigenbedarf)
Krafthaus
Kaprun-Hauptstufe
Ausleitungskraftwerk 3,4 GWh 0,5 MW 2 horizontale Francis-Turbinen 65 m 1 m³/s 1948

Geschichte

Hauptartikel Baugeschichte Tauernkraftwerke Kaprun
siehe auch NS-Zwangsarbeit am Beispiel Tauernkraftwerke Kaprun
siehe auch Schleppbahn Kaprun

Die Anfänge der Errichtung der Tauernkraftwerke Kaprun reichen in die 1920er-Jahre zurück und hängen mit dem Bau der Großglockner Hochalpenstraße zusammen. Auf die Nutzung der Wasserkraft zurückgreifend, ließ Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl 1928 ein gigantisches Projekt vorbereiten: die Tauernkraftwerke sollten mit jährlich 3,3 Milliarden Kubikmetern Wasser aus dem Gebiet der Zentralalpen im Bereich der Hohen Tauern aus Kärnten, Osttirol und Salzburg 6,6 Milliarden kWh produzieren.

Es folgen noch zwei Tauernkraftwerk-Projekte der 1930er-Jahre, bevor dann tatsächlich eine provisorische Version während des Zweiten Weltkriegs unter Einsatz zahlreicher Zwangsarbeiter errichtet und ein technisch machbares Konzept in Form der heutigen Tauernkraftwerke Kaprun ab 1947 realisiert wurde.

Klammsperre, Kaprun

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich folgte für Propagandazwecke der erste Spatenstich – ausgeführt von Hermann Göring am 16. Mai 1938. Das Projekt wurde zum "bevorzugten Wasserbau" erklärt. Da für den Bau ab 1943 kriegsbedingt zu wenig Geld vorhanden war, konnte von November 1944 bis Mai 1945 mit einem aufgeschütteten Hilfsspeicher (Speicher Klammsee) und mit dem ersten Maschinensatz des Kraftwerkes Hauptstufe Kaprun täglich nur zwei Stunden lang Strom erzeugt.

Am 30. Juli 1946 übergab Generalmajor Harry J. Collins, Oberkommandierender der Besatzungsmächte im Land Salzburg, die Tauernkraftwerke Kaprun im Rahmen einer Feier im Rittersaal in der Alten Residenz offiziell wieder in die Hände der Republik Österreich.[4]

Die Mittel für die Errichtung der Kraftwerksanlage, wie wir sie heute kennen, stammten aus dem Marshall-Plan. 1946 war Leopold Müller-Salzburg Oberbauleiter. 1947 wurden Planung und Bau des Großkraftwerkes aufgenommen. Die Fertigstellung erfolgte 1955. Der Bau kostete gut zwei Milliarden Schilling, davon übernahm der Marshall-Plan 1,4 Milliarden Schilling.

Die beiden Kraftwerke Oberstufe und Hauptstufe haben zusammen eine Leistung von 350 Megawatt. Nach der Fertigstellung des unterirdischen Pumperspeicherkraftwerks Limberg II beträgt nun die Leistung mehr als doppelt so viel, nämlich 833 Megawatt. Limberg II kostete 405 Millionen Euro und hat eine Leistung von 480 Megawatt. Die Inbetriebnahme erfolgte im Herbst 2011. In Planung ist bereits Limberg III, das ebenfalls unterirdisch errichtet werden soll.

Am 18. Februar 2025 begann die Tunnelbohrmaschine ihren 5,6 Kilometer langen Weg von der Schieberkammer Limberg bis zum Wasserschloss tief unter dem Maiskogel. Bis Ende 2027 entsteht im Zuge der Modernisierung des Verbund-Kraftwerks Kaprun-Hauptstufe ein neuer Triebwasserweg, der dafür sorgt, dass das Wasser auch die kommenden Jahrzehnte sicher und effizient vom Speicher Wasserfallboden bis zum Kraftwerk im Talboden strömt.[5]

Unfälle

Zwischen 1945 und 1955 starben beim Kraftwerksbau in Kaprun 78 Männer. In der Barbarakapelle befindet sich eine versperrte Rolle mit den Namen der verunglückten Kraftwerksarbeiter der Jahre 1939 bis 1955, die alljährlich am Barbaratag zum Gedächtnisgottesdienst entnommen wird. Bei der Errichtung von Limberg II starben 2006 drei Arbeiter. Im Oktober 2012 stürzte ein erfahrener Mitarbeiter bei oberirdischen Arbeiten im Bereich des Kraftwerks Limberg II tödlich in die Tiefe.

Lawinenunglück 1955

Am Montag, den 5. Dezember 1955, löste sich kurz nach 16 Uhr unter ohrenbetäubenden Getöse vom 3 066 m ü. A. Grieskogel westlich oberhalb des Stausee Mooserboden eine 100 m breite und 400 m lange Press-Schneelawine, die 18 Arbeiter beim sogenannten Ebmattenstollen mit sich riss und verschüttete. Über 200 Mann Gendarmerie, Bergretter und Werksarbeiter wurden in kurzer Zeit zur Unglücksstelle gebracht. Bis Dienstagabend konnten zehn Personen nur tot geborgen werden und drei lebend. Fünf Arbeiter wurden dann am Mittwoch, 7. Dezember nur mehr tot geborgen.[6]

Die Stauseen

Hauptartikel Kapruner Stauseen

Die Kraftwerke der Tauernkraftwerke werden durch folgende Wasserspeicher gespeist:

Die Hochgebirgsstauseen sind Mitglieder der Dachmarke hello salzburg.

Die Kraftwerke

Panoramabild Krafthaus Oberstufe
Krafthaus Hauptstufe in Kaprun, südliche Ansicht

Die Energiegewinnung wird in zwei Stufen vorgenommen:

sowie in Osttirol

  • Fleißbachkraftwerk

und seit 2010

Die Kraftwerke Oberstufe und Hauptstufe haben eine Gesamtleistung von 333 000 Kilowatt, die zur Stromerzeugung von rund 700 Millionen Kilowattstunden pro Jahr genutzt wird, und sind dadurch wichtige Energielieferanten im Kraftwerkspark des Verbunds.

Kraftwerksgruppe historisch

Zur Kraftwerksgruppe gehörten ferner folgende Kraftwerke:

Später kamen noch die

und die

  • Kraftwerksgruppe Zemmwerke bei Mayrhofen Zillertal (360 000 kW Leistung, 633 Mio. kWh Jahreserzeugung, 96,5 Mio. m³ Speicherinhalt)

dazu.

Touristische Nutzung

Ausstellungen

Den Ausflug zu den Stauseen rundet ein Besuch im "Museum Erlebniswelt Strom & Eis" am Mooserboden ab. Hier werden zwei Ausstellungen, "Tauernstrom" und "Gletschereis", präsentiert. Die informative Schau "Tauernstrom" bietet einen Überblick über die wechselvolle Geschichte des Tauernkraftwerks, von den ersten Ideen in den 1930er-Jahren bis zur Fertigstellung in den 1950er-Jahren.

Die von Experten ausgearbeitete Ausstellung "Gletschereis" führt die Besucher in die Welt der Alpengletscher und berichtet über deren Geheimnisse.

Informationszentrum

Im Informationszentrum in Kaprun erfahren Interessierte alles Wissenswerte über die österreichische Elektrizitätswirtschaft und über das Zusammenspiel von Natur und Technik, am Beispiel der Kraftwerksgruppe Glockner-Kaprun. Von einer Galerie aus kann man den Betrieb in der Maschinenhalle des Kraftwerkes Kaprun-Hauptstufe vor Ort mitverfolgen.

Das Informationszentrum ist von Ende Jänner bis Mitte Dezember täglich von 08 bis 18 Uhr, bei freiem Eintritt, geöffnet.

Lärchwand-Schrägaufzug

Bilder

 Tauernkraftwerke Kaprun – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im SALZBURGWIKI
 Tauernkraftwerke Kaprun – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Quellen

  • www.oberpinzgau.de/Highlights/tauernkraftwerke.htm Website Oberpinzgau: Tauernkraftwerke Kaprun - Hochgebirgsstauseen - Oberpinzgau, war bei einer Überprüfung am 5. Juni 2025 nicht mehr abrufbar
  • www.tauerntouristik.at/de/kaprun/das-ausflugsziel/erlebniszentrum.php Homepage Tauerntouristik, war bei einer Überprüfung am 5. Juni 2025 nicht mehr abrufbar
  • SALZBURGWIKI-Beiträge
  • Dr. Ing. Johann Götz: "Das Tauernkraftwerk Glockner-Kaprun der Tauernkraftwerke Aktiengesellschaft", 8. Auflage, Februar 1958
  • www.verbund.at/..,/internet/Prospekt-Salzburg-deutsch.pdf, war bei einer Überprüfung am 5. Juni 2025 nicht mehr abrufbar
  • "Salzburger Nachrichten", 30. Juli 2011, 10. Oktober 2012a

Einzelnachweis

  1. Kaprun: Limberg II produziert erstmals Strom. ORF Salzburg
  2. 355 Tonnen schwerer Rotor im Kraftwerk Limberg III erfolgreich eingehoben, abgerufen am 18. Mai 2025.
  3. Baustart für das Pumpspeicherkraftwerk Limberg 3
  4. Quelle ANNO, Salzburger Nachrichten, Ausgabe vom 31. Juli 1946, Seite 3
  5. www.verbund.com, 19. Februar 2025: "Neuer Druckstollen für das Speicherkraftwerk Kaprun-Hauptstufe – ab heute beginnt der Vortrieb!"
  6. www.sn.at, Archiv der "Salzburger Nachrichten" vom 7. Dezember 1955, Seite 7
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