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Historisches Salzburg: Die alte Andräkirche an der Linzer Gasse

Die 1418 geweihte Kapelle "in der niedern Reut" wurde barockisiert und 1783 Pfarrkirche der Rechtsstadt, aber 1861 als Verkehrshindernis abgebrochen.

Die barocke St.-Andrä-Kirche an der Linzer Gasse, aufgenommen kurz vor Beginn des Abbruchs im Jahr 1861. Links das 1908 zur Straßenverbreiterung abgetragene „Zellereck“, Platzl 2, rechts das Paracelsus-Haus, Platzl 3.
Die barocke St.-Andrä-Kirche an der Linzer Gasse, aufgenommen kurz vor Beginn des Abbruchs im Jahr 1861. Links das 1908 zur Straßenverbreiterung abgetragene „Zellereck“, Platzl 2, rechts das Paracelsus-Haus, Platzl 3.

An der Südwand der Margarethenkapelle in St. Peter erinnert ein prunkvolles Marmorepitaph an den Salzburger Stadtrichter Martin Reuter, der 1415 gemeinsam mit seinem Bruder Hans und dem Wiener Domherrn Johann Kraft "in der niedern Reut" jenseits der Stadtbrücke eine Kapelle zum Gedächtnis an seine Familie errichten ließ. Die gotische Kirche wurde 1418 dem heiligen Andreas geweiht und stand an der Ecke zwischen Linzer Gasse und Andrägasse, wie der bis zum Sauterbogen reichende Teil der heutigen Dreifaltigkeitsgasse früher hieß.

Vom Renaissance-Umbau zur barocken Pracht

Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau erhob die Kirche 1588 zur Stadtkaplanei und ließ sie 1610/11 im Stil der Renaissance umbauen. Im Jahr 1751 wurde eine im Auftrag von Erzbischof Andreas Jakob Graf Dietrichstein durchgeführte aufwendige Barockisierung des Gotteshauses abgeschlossen. Die Kirche zählte nun fünf Altäre und beherbergte zahlreiche Grabsteine von Adeligen, insbesondere der Familie Lamberg. Die barocke Fassade besaß einen markanten geschwungenen Volutengiebel mit einer großen Uhr.

Die wechselvolle Geschichte von St. Andrä

St. Andrä wurde 1783 Pfarrkirche für die gesamte Rechtsstadt, doch bereits 20 Jahre später gab es Überlegungen, diese der Verbreiterung der Dreifaltigkeitsgasse zu opfern. Das Gotteshaus überlebte den großen Stadtbrand von 1818 unbeschadet, musste aber nach jahrzehntelang unterlassenen Erhaltungsarbeiten 1860 wegen Baufälligkeit behördlich gesperrt werden. Die Filialkirche St. Sebastian an der Linzer Gasse übernahm ihre kirchlichen Aufgaben. Die alte, als Verkehrshindernis empfundene Kirche wurde versteigert und 1861/62 abgebrochen. Käufer war der Salzburger Kaufmann und Feigenkaffeefabrikant Franz Zeller, der trotz der Auflage des erzbischöflichen Ordinariats, am ehemaligen Kirchenareal kein öffentliches "Belustigungslokal" zu errichten, im neuen repräsentativen Eckhaus Linzer Gasse 1 das damals äußerst populäre "Café Zeller" eröffnete. Diesem folgte das Hotel und Café Koller bzw. Prodinger und 1918 wurde das Haus Bankgebäude. 1927 eröffnete der Wiener Cafetier Georg Lohr sein gleichnamiges modernes Kaffeehaus mit einem Spielsalon im ersten Stock, an den noch heute das Sgraffito vom Kartenspiel des Malers Karl Reisenbichler erinnert. Der Kaffeehausbetrieb wurde 1965 eingestellt, im Erdgeschoß zog ein bekanntes Schuhhaus ein.

Ein neues Zuhause für das Erbe

Der Verkaufserlös des alten Kirchenareals floss in den Neubau der 1898 fertiggestellten neogotischen Stadtpfarrkirche St. Andrä am Mirabellplatz, in der heute auch das Taufbecken der Vorgängerkirche aufgestellt ist. Die Ausstattung der alten Andräkirche wurde von der Erzdiözese veräußert und gelangte in die Kirche St. Sebastian sowie jene von Morzg, Wals, Bergheim, St. Johann im Pongau, Hüttschlag, Maishofen und St. Georgen im Attergau. Die Marmorstatute des hl. Andreas, die das Kirchenportal geziert hatte, steht heute im Garten des Mutterhauses der Barmherzigen Schwestern in Mülln und die einst in der Kirche aufgestellten Epitaphe der Brüder Reuter rufen in St. Peter ihre Stiftung in Erinnerung.

Dieser Beitrag wurde im Salzburger Fenster veröffentlicht.


Ein Beitrag aus dem Stadtarchiv Salzburg: