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Salzburger Biologe ist gefragter Hummelexperte

Biologe und Theologe Johann Neumayer aus Elixhausen im Salzburger Flachgau weiß alles über die pelzigen Brummer. Sie zu erforschen ist für ihn Hobby und Berufung zugleich.

Johann Neumayer in seinem Garten in Elixhausen.
Johann Neumayer in seinem Garten in Elixhausen.

Wandern und dabei über Gott und die Welt plaudern, das geht mit Johann Neumayer nicht, denn, auch wenn der freiberufliche Biologe privat unterwegs ist, hat er den "Hummelblick". Ein Netz, ein Beobachtungsglas und das Notizheft sind stets mit dabei. "Es ist schwer für mich, nicht nach Hummeln Ausschau zu halten", gesteht Neumayer, der zu Österreichs führenden Hummelexperten zählt. Den Fernseher hat Neumayer mit Einverständnis seiner Frau und der drei mittlerweile erwachsenen Kinder vor 15 Jahren verbannt, er schaut lieber durchs Mikroskop.

Auch ohne Hummelblick weiß Neumayer beim Gespräch in seinem naturbelassenen Garten in Elixhausen, dass gerade eine Hummel in der Nähe ist. Gesehen hat er sie nicht, aber gehört hat er sie. Erzählt der 59-Jährige über das Leben der pelzigen Insekten und darüber, wie wichtig sie für die Bestäubung sind, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Allein gründe die Königin nach der Winterstarre das Volk, erklärt er. Als Standort für das Nest wählen viele Arten ein Mäusenest, das sie den Nagern durch Brummen und Stechen abjagen. 42 der weltweit 250 Hummelarten kommen in Österreich vor. "Das ist enorm viel", betont Neumayer. Drei Steppenhummelarten seien hierzulande bereits ausgestorben.

Kürzlich hat Neumayer für Naturbegeisterte wieder Hummelbestimmungskurse gehalten, die der Naturschutzbund mit Unterstützung des Lebensmitteldiskonters Hofer seit zehn Jahren in Österreich anbietet. Außerdem hat er mit Kollegen auf Basis von 200.000 gesammelten Daten soeben die Rote Liste der Hummelarten fertiggestellt. Dabei hat sich gezeigt, dass jene Arten, die von Mai bis August auf ein reiches Nahrungsangebot im offenen Gelände angewiesen sind, am meisten gefährdet sind, weil durch die intensive Landwirtschaft, häufiges Mähen und naturfern gestaltete Gärten ihr Lebensraum und das Blütenangebot schrumpfen.

Schon als Kind habe ihn die Natur fasziniert, schildert Neumayer. "Das Interesse erwachte zunächst über Vögel und Amphibien. "Als mein Großvater ein Vogelhäuserl aufgestellt hat und ich zum ersten Mal eine Kohlmeise aus der Nähe gesehen habe, war ich total begeistert." In der Schule - Neumayer wechselte nach der 2. Klasse Hauptschule auf Anraten des Pfarrers ins Borromäum nach Salzburg - war Biologie stets sein Lieblingsfach. Das Interesse für Botanik und Wildbienen erwachte aber erst während des Studiums in Salzburg. "Ich habe hie und da so Schlüsselerlebnisse", sagt Neumayer und erzählt: "Es war an einem 19. Juni, am Tag nach meinem Geburtstag, da bin ich am Glockner auf den wahnsinnig artenreichen Pockhornwiesen gesessen und habe Nektarmengen von Pflanzen gemessen. Da habe ich mir gedacht, wenn man nur für diese Wiese verstehen möchte, wie durch das Netzwerk aus Tausenden Arten von Insekten und Pflanzen Bestäubung funktioniert, dann ist das eine Lebensaufgabe." Seine Dissertation schrieb Neumayer dann im Glocknergebiet über Bestäubungssysteme im Hochgebirge, "da spielen die Hummeln eine riesige Rolle". Kein Wunder, dass seine Lieblingsart die Alpenhummel, die Bombus alpinus, ist. Forschungsprojekte mit der Uni Würzburg führten ihn auch drei Mal in den indischen Himalaya. "Dort funktioniert die Bestäubung sogar bei Dauerregen."

Außer Biologie hat Neumayer Theologie studiert. Nach der Uni arbeitete er zunächst drei Jahre als Religionslehrer, zuletzt am Holztechnikum Kuchl. Womit wir beim nächsten Schlüsselerlebnis wären. Eines Tages sei er in der Mittagspause zur Salzach spaziert und habe gedacht: "Du hast eine schöne Stelle, aber wenn du jetzt bleibst, unterrichtest du bis 65." Neumayer stieg aus und arbeitete drei Jahre lang als Pastoralassistent in Niederalm und ab 1996 als Pfarrassistent in Rif. Zugleich arbeitete er stets freiberuflich als Biologe. Bis 2018 war Neumayer auch Umweltbeauftragter der Erzdiözese.

Er brauche stets eine neue Herausforderung, sagt Neumayer. Zu viel Routine liege ihm nicht. Daher lautet sein Motto: "Leben ist Veränderung." Vorbilder dafür gebe es übrigens im Alten Testament. "Zum Beispiel Abraham, der auf seine alten Tage noch wegzieht." Derzeit müsse er akzeptieren, dass ihn sein Körper durch gesundheitliche Probleme herausfordere. "Ich habe das erste Mal einen Schuss vor den Bug bekommen." Dennoch ist Neumayer zuversichtlich, dass er bald wieder mit Gattin Ursula ihrem gemeinsamen Hobby nachgehen kann, dem Reisen. Vor allem Süditalien hat es den beiden angetan.



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