Wie viele Metzgermeisterinnen gibt es eigentlichin Salzburg? Das sei ihm nicht bekannt, sagt Otto Filippi, der Innungsmeister der Salzburger Metzger in der Wirtschaftskammer. "Es arbeiten viele Frauen in den Metzgerbetrieben mit, das sind unsere Perlen, egal ob im Verkauf oder in der Buchhaltung, das könnte man gar nicht bezahlen", sagt Filippi. Das Zerteilen der Fleischstücke oder das Wursten sei allerdings Metzger- und damit Männerarbeit.
In der Dorfmetzgerei Elixhausen sucht man veraltete Rollenbilder vergeblich. Hier geben die Frauen den Ton an: Anna Baischer und ihre Mutter Gabriele haben die ehemalige Metzgerei Gmachl übernommen. Der Betrieb ist von der Spezialitäten Baischer GmbH in Lochen getrennt und wurde im Oktober 2021 eröffnet. "Mit Seniorchef Fritz Gmachl hat es einfach sofort gepasst", erzählt Gabi Baischer. Er komme noch immer jeden Tag vorbei und habe ihre Tochter auch in viele seiner altbewährten Rezepte eingeweiht. Andere stammen von Annas Opa.
"Mein Opa hat mich beim Wursten mitgenommen"
Die 21-Jährige kommt nämlich aus einer Metzgerdynastie. Ihre Großeltern führten in Lochen am See, knapp hinter der Salzburger Landesgrenze, ein Wirtshaus sowie eine Metzgerei. Schranne, Grünmarkt und viele andere Wochenmärkte wurden und werden angefahren. "Mein Opa hat mich beim Wursten mitgenommen und mir alles gezeigt. Und schon als kleines Dirndl habe ich neben der Mama auf den Märkten verkauft, da war ich glücklich", erinnert sich die 21-Jährige: "Eigentlich gab es für mich nur zwei Möglichkeiten: Wirtin oder Metzgerin."
Doch ihre Mutter habe ihr vom Metzgerhandwerk abgeraten: "Ich soll mir gut überlegen, ob ich immer so früh aufstehen und mich in einer Männerdomäne behaupten will." Also besuchte sie vorerst die Tourismusfachschule in Bad Ischl und arbeitete in der Gastronomie. Doch der Wunschtraum Metzgerin erwies sich als hartnäckig - und Anna Baischer auch. Sie holte die Berufsreifeprüfung nach und absolvierte als Quereinsteigerin die Fleischerschule in Landshut (Bayern). "Dort kann man den Kurs in drei Monaten abschließen, in Salzburg hätte der Abendkurs ein Jahr gedauert." Im Coronajahr 2020 hielt sie ihren Meisterbrief in Händen und darf sich seither als jüngste Metzgermeisterin Österreichs bezeichnen.
Wursten heißt früh aufstehen
An zwei Tagen pro Woche wurstet Anna Baischer. Allein die Namen lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen: die Elixhausner Bratwurst mit viel Kalbfleisch, die frische Münchner mit viel frischer Petersilie, die Hirschkäsekrainer mit Emmentaler und Bergkäse oder die Westwurst, die sie speziell für den Würstelstand "Alles Wurscht" von Haubenkoch Sebastian Neuschler am Wiener Börseplatz produziert. Wursten heiße aber auch früh aufzustehen, sagt Anna Baischer mit Bedauern in der Stimme: "Da fange ich um 4 Uhr früh an. Eigentlich bin ich voll die Langschläferin. Am Sonntag schlafe ich immer bis um 11 Uhr." Nach getaner Arbeit stehe sie mit ihrer Mutter hinter der Theke und bediene die Kundinnen und Kunden. Neben Fleisch, Wurst und Würsten wird auch Feinkost angeboten: Obst, Gemüse, Brot (zum Beispiel Holzofenbrot von ihrem Vater Karl Lauterbacher), Käse sowie Tee, Wein und Spirituosen. Dazu gibt es jeden Tag ein selbst gekochtes Mittagsmenü. "Da lebe ich meine Kreativität aus. Ich koche alles ohne Rezept, auch beim Wursten. Nur das Salz wiege ich ab."
"Das hat Anna erst lernen müssen: als Frau in einer Männerdomäne den Männern etwas anschaffen"
Gabi Baischer streut ihrer Tochter Rosen: "Für das Wursten braucht es Annas Gefühl." Das Metzgerhandwerk sei eine körperlich fordernde Arbeit. Daher beschäftige man zwei Aushilfsmetzger. "Das hat Anna erst lernen müssen: als Frau in einer Männerdomäne den Männern etwas anschaffen." Anna Baischer formuliert es so: "Man braucht ganz viel Durchsetzungsvermögen, damit man wahrgenommen wird. Aber das war früher sicher noch viel schwieriger."
Nach getaner Arbeit betreibt Anna Baischer gerne Sport - Wandern, Laufen, Skifahren, Tennis, Krafttraining - oder beschäftigt sich mit ihrer Beaglehündin Yona. Abends bleibe Zeit für ihren Freund. "Aber Arbeit geht vor. Ohne Fleiß kein Preis." Dass viele junge Menschen heutzutage weniger arbeiten wollen, sei ihr fremd: "Ich bin zum Anpacken erzogen worden und ich will mir ja irgendwann etwas leisten können und Kinder haben. Ach ja, ich will übrigens drei", sagt sie geradeheraus - und wer ihr zuhört, glaubt ihr aufs Wort.

