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Nach 280 Jahren führt jetzt erstmals eine Frau Salzburger Trachten-Traditionsbetrieb

Die Trachtenfirma Wimmer in Schleedorf hat eine Chefin. Zum Dirndl trägt sie im Alltag Sneakers. Über ihre neue Aufgabe sagt Monika Ebner: "Man braucht ein G'spür für den Stoff."

Monika Ebner führt jetzt „Wimmer schneidert“.
Monika Ebner führt jetzt „Wimmer schneidert“.

Seit 1741 gibt es das Familienunternehmen in Schleedorf und nach neun Männern hat dort jetzt erstmals eine Frau das Sagen: Monika Ebner (36) hat die Trachtenschneiderei Wimmer von ihrem Vater Stefan Wimmer übernommen. Damit ist die Schneidermeisterin mit Universitätsabschluss in Betriebswirtschaft für die Standorte in Schleedorf und in der Stadt Salzburg sowie für 20 Mitarbeiter verantwortlich.

Monika Ebner ist das älteste von fünf Kindern, zwei ihrer vier Brüder haben eine Schneiderlehre absolviert. Dass sie es ist, die das Unternehmen offiziell im September des Vorjahrs übernommen hat, ist also nicht selbstverständlich. Für den Entscheidungsprozess hatte die Familie einen externen Berater engagiert. "So eine Entscheidung macht man sich nicht leicht", sagt Stefan Wimmer, der den Betrieb selbst 36 Jahre lang geleitet hat - und die seit 2020 aufgebaute Online-Schneiderakademie weiterhin führt. "Als Steckenpferd", wie er sagt.

Wimmer: "Betrieb liegt uns allen am Herzen"

Es sei dann aber für alle Beteiligten relativ schnell klar gewesen, dass man diesen Weg gehen würde. Und: Mithelfen würden die Brüder, darunter ein Programmierer und ein Grafiker, ohnehin - ob beim Onlineauftritt, beim Marketing oder im Social-Media-Bereich. Und Mutter Monika Wimmer ist ohnehin Teil des Teams. "Dadurch, dass wir fünf Kinder sind und auch unser Elternhaus hier ist, liegt uns der Betrieb allen sehr am Herzen", erklärt die neue Chefin.

Dass sie die erste Frau an der Spitze des mehr als 280 Jahre alten Unternehmens sei, mache sie sehr stolz. Aber: Sie schildert auch, dass ihr Opa seinerzeit hingeheiratet hatte und ihre Oma in der Schneiderei - die bis damals Frauenschuh hieß - so etwas wie die heimliche Chefin war.

Tochter hat schon aktuelle Kollektion maßgeblich mitgestaltet

Frauenpower habe es in dem Familienbetrieb immer schon gegeben, ergänzt Stefan Wimmer. Und das sei auch gut so, denn die Frauen in der Familie hätten einen besonderen Zugang zur Bekleidung. So wie auch seine Tochter, die schon die aktuelle Kollektion maßgeblich mitgestaltet hat: Heuer zeigen sich die Modelle unter anderem in vielen Grüntönen, von hellem Salbei bis zu sattem Olivgrün sowie Pink in allen Schattierungen. Auch schimmernde Elemente wie Perlknöpfe zeigen die Handschrift von Monika Ebner. Hinzu kämen aufwendige Handwerksstickereien an Ausschnitt oder Kragen.

Das meiste ist Maßarbeit

Das meiste ist Maßarbeit, vieles wird in Handarbeit hergestellt, die Stoffe sind hochwertig. Die Trachten der Schneiderei Wimmer, darunter edle Hochzeitsmodelle für sie und ihn, Lederhosen und Leinenjanker in vielen Varianten, sind hochpreisig. Der Großteil der Kundschaft komme aus dem geografischen Bereich von München bis Wien - "dort, wo man halt Tracht trägt". Aber auch in Hamburg, Berlin oder Stuttgart seien Wimmer-Trachten gefragt. "Erst vor Kurzem ist ein Kunde aus Berlin zur Anprobe mit dem Zug bis nach Weng angereist, wo ich ihn abgeholt habe", berichtet Monika Ebner.

Als er sie gefragt habe, wie er sie am Bahnhof Weng erkennen würde, habe sie schmunzeln müssen und ihm gesagt: Sie werde wahrscheinlich die einzige Person dort sein und zudem ein Dirndl tragen.

"Wir machen aus den Stoffballen dann Dirndl"

Von einer Krise im Textilhandel bemerkt man dort nichts. "Bei uns geht es ja nicht darum, ob man sich eine zweite Jeans kauft, sondern: Wer zu uns kommt, hat sich genau überlegt, was er oder sie möchte. Und das ist ein schönes Gewand", erklärt Monika Ebner. Handwerkliches Können und Kreativität machen für sie die Faszination am Beruf aus. "Es ist schon ein großer Aufwand, bis die Stoffe gewebt sind und bei uns eintreffen. Wir machen aus den Stoffballen dann Dirndl. Dafür braucht man ein G'spür für den Stoff, seine Struktur, dafür, wie er fällt, und natürlich auch dafür, womit man ihn kombiniert." Wenn daraus am Ende ein neues Lieblingsstück für eine Kundin oder einen Kunden geworden sei, mache das stolz.

Schon als Kind habe sie sich für die Schneiderei begeistert, sagt Monika Ebner. Nach der Modeschule hatte sie die Matura und den Gesellenbrief in der Tasche. Danach zog es sie für ein halbes Jahr nach Schottland, wo sie beim Edinburgh Festival mitarbeitete. Nach dem Studium in Wien heiratete sie, bekam zwei Töchter und machte in Karenz den Schneidermeistertitel.

Wimmer: "Tracht muss ja lebendig bleiben"

In ihrem Kleiderkasten hängen etwa zehn Dirndl. Zum hellblauen Sommerdirndl mit pinker Leinenjacke trägt sie weiße Sneakers. Die Frage, ob das erlaubt sei, beantwortet ihr Vater so: "Früher nicht, aber jetzt schon. Denn Tracht muss ja lebendig bleiben."

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