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"Tracht kommt nie aus der Mode"

Einst einfaches Arbeitsgewand der ländlichen Dienstmägde, gehört das Dirndlkleid heute zu den beliebten Kleidungsstücken auf dem Kirtag, beim Theater- besuch und im Alltag.

Links: Laut Salzburger Heimatwerk kann Tracht für jegliche Art von Festen getragen werden. (Dirndl Martha) Rechts: Leichte Baumwolldirndl sind laut Felicitas & Hans am Kirtag sehr angenehm zu tragen. (Dirndl Dorle)
Links: Laut Salzburger Heimatwerk kann Tracht für jegliche Art von Festen getragen werden. (Dirndl Martha) Rechts: Leichte Baumwolldirndl sind laut Felicitas & Hans am Kirtag sehr angenehm zu tragen. (Dirndl Dorle)

Tracht zu tragen liegt heute total im Trend - egal ob am Land oder in der Stadt, beim Kirtag, bei religiösen Festlichkeiten, kulturellen Veranstaltungen oder gar in Beruf und Alltag. Bei den Frauen besonders beliebt ist bis heute das Dirndlkleid, das sich etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts aus der bäuerlichen Tracht heraus entwickelte.

Die "regionaltypischen" Trachten, die noch aus groben Stoffen wie Wolle, Leinen, Filz und Fellen mühsam von Hand genäht wurden, waren damals bereits Überbleibsel aus vorindustrieller Zeit und wurden nur mehr in den am wenigsten entwickelten Gegenden getragen, erläutert Elsbeth Wallnöfer in ihrem neuen Essay "How to wear a Dirndl". Das Dirndlkleid wiederum "verhieß die Befreiung von den beschriebenen schweren, groben, juckenden Stoffen. Möglich wurde dies erst, nachdem es keine höfischen Kleidergesetze mehr gab und der Baumwolldruck wie die Nähmaschine Einzug in das Leben der Menschen hielten", so die Autorin weiter.

Vom Arbeitsgewand zum Modetrend

In seinen Anfängen war das Dirndlkleid noch das Alltags- bzw. Arbeitsgewand der ländlichen Bevölkerung, insbesondere der bäuerlichen Dienstmägde. Das Kleidungsstück war praktisch, robust und an die Bedürfnisse des täglichen Lebens angepasst. Der heute übliche Ausdruck Dirndl lässt sich übrigens auf das Wort Dirn(e) zurückführen, wie bis etwa zur Mitte des letzten Jahrhunderts die Dienstbotinnen in der Haus- und Landwirtschaft bezeichnet wurden.

Die Erfindung des "modernen" Dirndlkleides, wie wir es heute kennen, fand schließlich kurz vor 1900 statt und war in erster Linie ein städtisches Modephänomen. "Es ist Ergebnis sozialer Errungenschaften und wurde ermöglicht durch geregelte Arbeitszeit: Man trug es nämlich vorwiegend in seiner Freizeit", schreibt Wallnöfer. So fand neuerdings die Oberschicht aus der Stadt Zeit für und Gefallen an sogenannten Landpartien und der ländlichen Sommerfrische.

Marlene Dietrich im Trachtenjanker <br />bei den Salzburger Festspielen (1937).
Marlene Dietrich im Trachtenjanker <br />bei den Salzburger Festspielen (1937).

Das typische Gewand der jungen Frauen auf dem Land - wie erwähnt zumeist rechtloses Dienstpersonal - galt plötzlich als chic. Das lag wohl auch daran, dass das Dirndl schon damals aus leichten, bedruckten Baumwollstoffen bestand und durch den eng anliegenden Leib dezent die Taille betonte. Es sollte nicht lange dauern, bis schließlich kurz vor 1900 bereits die ersten Dirndlvorschläge in den Mode- und illustrierten Magazinen für Frauen erschienen.

Dirndlboom & Dirndlmief

Vor allem in der wirtschaftlich schlechten Zeit nach dem Ersten Weltkrieg nahm der Dirndlboom ordentlich Fahrt auf, da es eine preiswerte Möglichkeit darstellte, sich mit einfachen Mitteln, erschwinglichen Materialien und geschickter Nähkunst schön und dem eigenen Geschmack entsprechend zu kleiden. Weltweite Aufmerksamkeit wurde dem Dirndlkleid schließlich in den 1930er-Jahren durch die Operette "Im weißen Rössl" zuteil und auch beim Besuch der Salzburger Festspiele galt es zu dieser Zeit quasi als obligatorisch, sich im "Austrian dirndl costume" zu präsentieren.

Laut Elsbeth Wallnöfer war das Dirndl schon damals vielmehr "Frucht der Mode und Ergebnis technischen Fortschritts - und nicht Ausdruck eines ,volksechten' Stammesdiktats". Das sollte sich allerdings in der Zeit des Nationalsozialismus ändern. Die modisch-trendigen "Kitschdirndl" wurden verboten, stattdessen wurde von der NS-Frauenschaft - instruiert von der "Reichsbeauftragten für Trachtenarbeit", Gertrud Pesendorfer - eine sogenannte "erneuerte" Tracht, eine Mischung aus Tracht und Dirndl, für die "deutsche Frau" etabliert. Dieses Trachtendirndl sollte in Österreich auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch Jahrzehnte "als unerschütterliche, identitätspolitische Wahrheit propagiert werden", während den modischen, bei internationalen Kosmopoliten beliebten Dirndln fortan der Ruch des Kitsches anhaftete.

Inzwischen hat das Dirndl jedoch den Mief der NS-Zeit abgestreift und sein Design unterliegt zum einen wieder dem steten Wandel der sich ständig neu erfindenden Modewelt und zum anderen den verschiedenen Geschmäckern. Vor allem seit den 1990er-Jahren geht der Trend zur Tracht, vor allem zum Dirndl, wieder stark nach oben.

Tracht für jeden Anlass geeignet

Laut Gundi Schirlbauer vom Salzburger Heimatwerk sind Tracht und Dirndl nie wirklich aus der Mode gekommen und gehören in Salzburg einfach zum Stadtbild dazu: Im gesamten Bundesland werden Dirndl und Lederhose für jegliche Art von Festen getragen - ob bei Hochzeiten, kirchlichen Festen, Familienfeiern oder aber auch im Freizeitbereich. "Es ist das Besondere und Einzigartige, das die Menschen begeistert", erklärt Kathrin Proft von Felicitas & Hans. Und Tracht sei eben immer besonders, sei es von den Stoffen her oder durch die Verarbeitung, "sie ist nie 08/15, wie es sonst oft in der Mode der Fall ist". Und auch Proft beobachtet, dass Styles, die Tracht und Mode verbinden und dadurch im Alltag tragbar sind, immer beliebter werden. Vielseitig verwendbar wird ein Dirndl beispielsweise ganz einfach durch den Austausch der Schürze. So kann man zum selben Dirndl durchaus einmal eine Baumwollschürze und ein andermal eine edle Schürze aus Seide kombinieren und hat im Handumdrehen ein Kleid für mehrere verschiedene Anlässe. Gerade die Stoffvariante macht oft den Unterschied, wenn es um die Frage geht, welches Dirndl zu welchem Anlass passt.

Kunstfasern als No-Go

Für den Kirtag, zum Beispiel rund um Ruperti, ist laut Proft ein leichtes, frisches Baumwolldirndl angenehm zu tragen und auch gut zu waschen. Bei den Festspielen dürfe es hingegen generell exquisiter sein, weiß Schirlbauer, und "Materialien wie Samt und Seide unterstreichen die Eleganz".

Was hingegen die Wahl der Schnitte, Muster und Farben des Dirndlkleids betrifft, so sind dem Geschmack und der Fantasie der Trägerin (fast) keine Grenzen gesetzt. Oder etwa doch?

"No-Gos liegen immer im Auge des Betrachters - aber für uns kommt z. B. kein Dirndl infrage, welches sich aus Kunstfasermaterialien zusammensetzt", sagt Gundi Schirlbauer vom Heimatwerk, das bei seinen Stoffen fast ausschließlich auf nachhaltig gewonnene Naturmaterialien wie Leinen, Seide und Baumwolle setzt. Dem kann Kathrin Proft nur beipflichten, denn auch bei Felicitas & Hans stehen nachhaltige und natürliche Materialien wie Bio-Baumwolle, Wollstoffe oder Viskose an erster Stelle.

Buchtipp:
Elsbeth Wallnöfer
"How to wear a Dirndl"
(K)eine Gebrauchsanleitung
2024, Verlag Anton Pustet