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Schaustellerin in dritter Generation

Manuela Racz stammt aus einer Salzburger Schaustellerdynastie. Mit dem Kettenkarussell betreibt sie eines der beliebtesten und symbolträchtigsten Fahrgeschäfte am Rupertikirtag.

Manuela Racz mit ihrem Mann Josef am Residenzplatz in Salzburg.
Manuela Racz mit ihrem Mann Josef am Residenzplatz in Salzburg.

Bis heute erhält der Rupertikirtag in Salzburg sein besonderes Flair durch den Fokus auf Brauchtum, fast vergessenes Handwerk und ausschließlich alte Fahrgeschäfte. Manche von ihnen sind bereits knapp 200 Jahre alt. Eines davon ist das Kettenkarussell am Residenzplatz, das inzwischen nur mehr dieses eine Mal im Jahr in Betrieb genommen wird und mit jeder Umdrehung zahlreiche Augen zum Leuchten bringt.

Manuela Racz hat das Karussell 2015 von ihrem Vater übernommen, seitdem führt sie gemeinsam mit ihrem Bruder Thomas die Familientradition der Schaustellerei weiter. Zusammen mit ihrem Mann Josef betreibt sie außerdem noch einen Zeltverleih in Mattsee. Wie das Leben in einer Schaustellerfamilie aussieht und welche Herausforderungen Aufbau und Wartung des historischen Kettenkarussells mit sich bringen, erzählen Manuela und Josef im SN-Interview.

Frau Racz, Sie stammen aus einer sogenannten Salzburger Schaustellerdynastie - in der wievielten Generation sind Sie aktuell Schaustellerin?
Manuela: In dritter Generation. Soweit ich weiß, hat meine Oma mit der Schaustellerei angefangen - mit einer Schießbude und Spielautomaten. Und dann kam noch das Kettenkarussell dazu …

Wie kam Ihre Familie zum Kettenkarussell?
Josef: Leider wissen wir das gar nicht mehr ganz genau.
Manuela: Wir wissen nur, dass meine Oma und mein Opa das Kettenkarussell von einer gewissen Zita - auch einer Schaustellerin - übernommen haben. Verwandt war die Zita mit uns nicht, so viel weiß ich, aber warum sie das Karussell hergegeben hat und wie das alles genau abgelaufen ist, wissen wir leider nicht mehr.

Seit wann ist Ihre Familie mit ihren Fahrgeschäften beim Rupertikirtag vertreten?
Manuela: Meine Familie ist schon von Anfang an beim Rupertikirtag dabei …
Josef: Manuelas Opa und ihr Vater gehörten zu den ersten Schaustellern, als der Salzburger Rupertikirtag gegründet wurde. (Nach gut zehnjähriger Pause wurde im September 1977 die Tradition der früheren "Herbstdult" wieder aufgenommen und erstmals ein "Salzburger Rupertikirtag" rund um den Salzburger Dom veranstaltet. Initiator war damals Kommerzialrat Erwin Markl, Anm.)
Manuela: Bei der Dult waren sie sogar schon früher vertreten, als diese noch im Baron-Schwarz-Park stattgefunden hat. Das haben wir aber inzwischen aufgehört.

Wie haben Sie Ihre Kindheit innerhalb einer Schaustellerfamilie erlebt?
Manuela: Meine Geschwister und ich waren schon als Kinder auf allen Kirtagen mit dabei, wir haben wenig Freizeit gehabt und mussten von klein auf mithelfen. Ich erinnere mich, dass wir früher mit dem Camper von Platz zu Platz gefahren sind - damals waren wir auch noch auf vielen Tageskirtagen unterwegs. Später habe ich dann meinen Beruf erlernt, Großhandelskaufmann. Am Wochenende bin ich trotzdem immer mitgefahren mit der Schaustellerei und bin in der Schießbude gestanden. Aber wenn ich jetzt an die Zeit zurückdenke, dann war das auch eine schöne Zeit damals.

Wie viele Geschwister haben Sie?
Manuela: Ich habe einen Bruder und eine Schwester. Ich bin von uns dreien die Älteste. Mein Bruder, Thomas, ist eineinhalb Jahre jünger als ich. Mit ihm gemeinsam mache ich die Schaustellerei.

Wann war für Sie klar, dass Sie das Familiengeschäft einmal übernehmen würden?
Manuela: Wir, also der Josef und ich, haben uns 1992 mit einem Bierzeltverleih selbstständig gemacht. Und 2015, als unser Vater gestorben ist, haben mein Bruder und ich dann das Karussell übernommen - so ist es im Testament drinnengestanden. Dem Thomas gehört außerdem ein altes Pferdekarussell, und ein Schneewittchenkarussell haben wir auch noch. Das macht derweil noch unsere Mutter, genauso wie die Schießbude. Sie ist inzwischen schon 80 Jahre alt, aber das sind halt die Schausteller, solange es geht, hilft man mit.

Das beliebte, historische Kettenkarussell ist eine der Hauptattraktionen am Salzburger Rupertikirtag.
Das beliebte, historische Kettenkarussell ist eine der Hauptattraktionen am Salzburger Rupertikirtag.


Auf welchen Kirtagen sind Sie mit den Fahrgeschäften noch vertreten?
Manuela: Mit dem Kettenkarussell und den anderen Fahrgeschäften sind wir nur mehr am Rupertikirtag. Aber wir haben auch noch unseren Süßwarenstand-Herzerlstand, mit gebrannten Mandeln, Schokofrüchten, Schaumrollen usw. Den hat mein Vater angefangen und ich habe ihn weiter ausgebaut. Mit dem Herzerlstand bin ich auf jedem Kirtag unterwegs, jedes Wochenende woanders.
Josef: Teilweise sogar unter der Woche. Es gibt nämlich auch Datumskirtage, zum Beispiel den Josefikirtag in Thalgau, der ist immer am 19. März, egal ob das ein Sonntag oder ein Wochentag ist.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Arbeit am Rupertikirtag?
Manuela: Das Auf- und Abbauen des Kettenkarussells, das ist Schwerstarbeit. Dafür brauchen wir jeweils sechs Männer und drei Tage. Bei dem alten Karussell ist halt alles noch aus Eisen und es hat hunderttausend verschiedene Schrauben.
Josef: Und ganz ungefährlich ist das auch nicht. Wenn man zum Beispiel die oberen Armstangen montieren muss, arbeitet man in acht Metern Höhe. Natürlich ist man mit einem Gurt gesichert, aber das ist nicht ohne.
Manuela: Und dann noch das ganze Drumherum, den Strom anschließen, das Putzen … Da muss jeder mithelfen, auch die Kinder und die Enkerl. Dazu kommt noch die Wartung übers Jahr hinweg - das sieht ja keiner. Das Karussell steht das ganze Jahr über bei uns in Mattsee in der Halle, aber zu Ruperti muss es dann laufen, und das ist schon eine große Herausforderung. Am Ende des Rupertikirtags mache ich mir jedes Jahr Notizen, was am Karussell zu machen ist - da fällt immer einiges an. Heuer im Sommer haben wir zum Beispiel das ganze Podium neu gestrichen.

Wie Sie schon erwähnt haben, betreiben Sie auch noch einen Zeltverleih in Mattsee. Wie geht sich das alles aus?
Manuela: Im Frühjahr und im Herbst fahren wir zu den Kirtagen. Und im Sommer sind wir mit dem Zeltverleih unterwegs, vor allem mit den großen 2000- bis 3000-Mann-Zelten. Im September kommt dann der Rupertikirtag und danach fangen schon wieder die Kirtage an. Auch am Weihnachtsmarkt in St. Gilgen sind wir dabei, mit unseren gebrannten Mandeln und Schokofrüchten. Immer von Donnerstag bis Sonntag. Danach kommt die Urlaubszeit - Jänner und Februar sind eine ruhige Zeit für uns.
Josef: Das braucht man dann aber auch, denn es schlaucht einen schon ganz schön, wenn es das ganze restliche Jahr mit Arbeit dahingeht.

Haben Sie schon einmal übers Aufhören nachgedacht?
Manuela & Josef: Eigentlich nicht! Vielleicht daran, ein bisschen zurückzuschalten, aber ans Aufhören denken wir noch nicht.

Dennoch, wie schaut die Zukunft aus, werden Ihre Kinder das Kettenkarussell einmal übernehmen?
Manuela: Wir haben drei erwachsene Kinder, Patrizia ist 39, Maximilian 31 und Lisa 28 Jahre alt. Alle drei haben einen guten Beruf, aber der Maximilian wird irgendwann einmal das Kettenkarussell übernehmen. Es geht also auf jeden Fall weiter. Auch mein Bruder hat mit seinem ältesten Sohn jemanden, der das Pferdekarussell später einmal weiterführen wird. Wie es mit der Schießbude und dem Schneewittchenkarussell weitergeht, wissen wir aber aktuell noch nicht.

Was lieben Sie an Ihrem Beruf bzw. was ist das Besondere am Rupertikirtag, das Sie trotz des großen Aufwands alle Jahre wieder mitmachen lässt?
Manuela: Wir sind da, um den Leuten ein Vergnügen zu bereiten. Es ist immer wieder schön, wenn man die leuchtenden Augen der Kinder sieht. Das ist jede Mühe wert.