Es war eine Millioneninsolvenz, die weit über die Stadtgrenzen hinaus für Gesprächsstoff sorgte. Seit dem 14. Jahrhundert hatte die Mühle in Lehen - erst bekannt als Aest-, später als Fißlthalermühle - die Salzburger mit Mehl versorgt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gebäude immer wieder um- und ausgebaut. Franz Fißlthaler sorgte 1884 nicht nur für eine Modernisierung samt Walzeneinbau, sondern auch für den Anschluss ans Eisenbahnnetz und den Bau des "Fißlthaler-Bahnhofs".
"Seifen-Trebitsch" und sein Vitaminbrot retteten die Mühle nicht


Allerdings: Der Erste Weltkrieg und der Zerfall der Monarchie machten der Müllerfamilie zu schaffen. Fißlthaler setzte zur Rettung auf den Wiener Seifenfabrikanten Karl Trebitsch. "Seifen-Trebitsch" trieb Geldgeber auf und führte das "Vitalin-Verfahren" ein, das Mehl dank der Behandlung mit Quarzlicht-Strahlen vitaminreicher machen sollte. Bloß: Verkaufsschlager wurde es keiner. "Die Versuche, mit diesem Artikel und mit den von Trebitsch vermittelten Schweizer Krediten die Firma aufrechtzuerhalten, hatten augenscheinlich keinen Erfolg", schrieb etwa die Zeitung "Der Abend". Im Dezember 1932 wurde der Konkurs verhängt. Laut Medienberichten wurde die Betriebsanlage auf sechs Millionen Schilling geschätzt, war aber mit mehreren Hypotheken stark belastet.

Ein Schuldiger im "Fall Fißlthaler" war - zumindest in der Öffentlichkeit und medial - mit dem Juden Karl Trebitsch in Zeiten des zunehmenden Antisemitismus schnell gefunden. In den 1920er-Jahren war er in Wien aufgrund von "schwindelhaften Geschäftsgründungen sowie betrügerischen Warenbestellungen" vor Gericht gestanden - allerdings freigesprochen worden. Nun wurde er zu Strafzahlungen verurteilt, entzog sich diesen aber: Erst flüchtete er in die Schweiz, dann nach Israel.
1933 wurde die Mühle am Bezirksgericht Salzburg versteigert. Nur ein einziger Bieter kam - und erhielt wenig überraschend den Zuschlag. Leopold Rauch zahlte den Ausrufungspreis von 734.000 Schilling. Die Innsbrucker Mühlenfamilie nahm den Betrieb rasch wieder auf - und produzierte fast 80 Jahre lang am Standort. 2011 wurden die letzten Kilo Mehl in Lehen gemahlen.
