Uhren und Glocken im Schlosshof Hellbrunn

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Titel der Mitteilungen Nr. 152, Winter 2017, der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie.
Präsentation der Ausgabe "Chronometrie", Mitteilungen Nr. 152, Winter 2017, der "Deutschen Gesellschaft für Chronometrie" mit dem Beitrag "Uhren und Glocken im Schlosshof von Hellbrunn, Salzburg" im Uhrturm der Kapelle im Schlosshof von Hellbrunn in Salzburg; von links: Mag. Josef Kral, Autor der Ausgabe, Ingrid Sonvilla, Leiterin Schloss Hellbrunn und MMag. Michael Neureiter, Autor der Ausgabe. Das historische Uhrwerk stammt aus dem Jahr 1615, aus der Zeit des Erbauers des Lustschlosses Hellbrunn, Fürsterzbischof Markus Sittikus von Hohenems, der von 1612 bis 1619 regierte.
Hier sieht man das historische Uhrwerk aus dem Jahr 1615, aus der Zeit des Erbauers des Lustschlosses Hellbrunn, Fürsterzbischof Markus Sittikus von Hohenems, der von 1612 bis 1619 regierte.
Über der rechten, ehemaligen, ursprünglichen Kapelle, heute Teil der Schlossrestauration Hellbrunn, befindet sich hinter der Fassade ein kleines Glockentürmchen.
Präsentation der Ausgabe "Chronometrie", Mitteilungen Nr. 152, Winter 2017, der "Deutschen Gesellschaft für Chronometrie" mit dem Beitrag "Uhren und Glocken im Schlosshof von Hellbrunn, Salzburg" im Schlosshof von Hellbrunn in Salzburg; von links: Mag. Josef Kral, Autor der Ausgabe, Ingrid Sonvilla, Leiterin Schloss Hellbrunn und MMag. Michael Neureiter, Autor der Ausgabe.

Uhren und Glocken im Schlosshof Hellbrunn ist ein Fachbeitrag von MMag. Michael Neureiter und Mag. Josef Kral, zweier Uhrwerk- und Glockenfachleute aus Salzburg.

Uhren und Glocken im Schlosshof Hellbrunn

In dem achtseitigen Beitrag beleuchten die beiden Autoren mehrere Uhrwerke und Glocken im Schlosshof rund um das Schloss Hellbrunn in Hellbrunn in der Landeshauptstadt Salzburg. Heute befinden sich dort zwei Uhren und drei Glocken.

Rechts im Hof die frühere Hofkapelle

Die Sonnenuhr an der Nordwestseite befindet sich an der Fassade der ehemaligen Hofkapelle, die heute als Raum der Schlossrestauration Hellbrunn genutzt wird. Diese Kapelle dürfte aus der Zeit der Errichtung des manieristischen Schlosses stammen, das 1615 unter Fürsterzbischof Markus Sittikus von Hohenems vollendet wurde. An der Südostseite befindet sich ein Türmchen mit einem Turmuhrwerk, dessen Pendellinse mit "J. B. 1805" datiert ist. An der Rückseite der Giebelmauer befinden sich Glocken, die aus den Jahren 1652 und 1677 stammen.

Die 1615 gegossene Glocke hat einen Durchmesser von 52,5 cm und wiegt etwa 80 kg. Gusstechnisch weist diese Glocke einige Mängel auf. Musikalisch betrachtet aber ist sie deutlich besser. Sie wurde ausschließlich als frei schwingende Läuteglocke verwendet, da es keine Hinweise auf die Verwendung als Uhrschlagglocke gibt. Sie ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert, weil

  • es in der Zeit um 1615 in Salzburg keine Glockengießerei nachweisbar ist;
der Gießer Georg Becherer, der die Glocke für die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Bad Hofgastein gegossen hatte, nur bis 1611 nachweisbar ist;
der nächste nachweisbare Glockengießer, Jakob Lidl, kam erst 1617 nach Salzburg; und, obwohl er erst heiratete und dann im Herbst 1618 um Erlaubnis zur Errichtung einer Gießerei ansuchte, stammt seine erste Glocke schon aus dem Jahr 1617 (in der Hüttkapelle in Leogang);
der Glockengießer Isaak Lechner, wahrscheinlich Schüler des Georg Becherer, erhielt erst 1620 das Bürgerrecht in der Stadt Salzburg; doch auch er hatte schon vorher Glocken gegossen: jene in der Pfarr- und Dekanatskirche zum hl. Georg in Bergheim und jene in der Dekanatskirche zu Unserer Lieben Frau Geburt in Köstendorf, beide 1619;
somit lässt nur ein formaler Vergleich eine Deutung zu, wer der Gießer dieser Glocke war; die beiden Autoren kommen zu dem Schluss, dass es Georg Becherer gewesen sein könnte;

Die Glocke in Hellbrunn geriet dann in Vergessenheit und wurde erst 2016 von Josef Kral sozusagen "wiederentdeckt".

Links im Hof das frühere Glockenhaus und die heutige Kapelle

Lorenz Hübner, ein bedeutender Chronist Salzburgs, erwähnte 1792 in seiner Salzburg-Beschreibung anschließend an die oben beschriebene "Hofkapelle mit einem zu Ehren des heiligen Carls von Borromä, Vetters des Erbauers geweihten Altare" auch "ein kleines Wirtshaus...", wobei Hübner weiter über die Kapelle schreibt: "... und gegenüber das Glockenhaus ... über der Kapelle eine Sonnenuhr, und am Glockenhause eine Schlaguhr mit ihren Schilden zu sehen sind.".

Ein neuer Pächter der Schlossrestauration in den 1950er-Jahren bemühte sich um weitere Räume für sein Lokal. Deshalb ließ die Stadtgemeinde Salzburg als Eigentümerin der Gebäude, die Kapelle in ihrer Funktion als einen katholischen Sakralraum von der nordwestlichen an die südöstliche Hofseite verlegen, in den Raum des bisherigen Glockenhauses. Dazu wurde dieser um eine Apsis erweitert. Erzbischof Andreas Rohracher weihte die Kapelle 1960 neu.

Das mechanische Turmuhrwerk

Zum seltenen Fall der Verlegung eines Sakralraumes kam noch ein weiteres Kuriosum. Johann Stainhauser (* 1570; † 1625), hochfürstlich salzburgischer Sekretär, Archivar und zugleich Geschichtsschreiber, erwähnte den nunmehr neuen Kapellenraum als "der Herren Tafelstuben". In diesem Raum schwang und schwingt noch heute das Pendel der Turmuhr hinein! Die Inschrift "J.B. 1805" deutet auf Johann Pentele senior hin, der seit 1804 Hof- und Großuhrmacher in Salzburg war. Er hatte auch die Turmuhr der heutigen Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt und hl. Michael in Salzburg-Gnigl geschaffen.

Und nicht nur das Pendel hing in den Raum, auch die drei Gewichte des Turmuhrwerks hingen mitten im Raum bis zum Boden. Nachdem aus dem Raum aber eine Kapelle wurde, behalf man sich damit, dass man die Gewichte in einen Schacht seitlich des Kapellenraums umlenkte. Aber das Pendel musste belassen werden.

Es muss ein früheres Turmuhrwerk als das heutige gegeben haben. Die zwei in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gegossenen Glocken lassen den Schluss auf Schlagglocken für ein Turmuhrwerk zu, das bereits ein Viertelstunden- und ein Stundenschlagwerk besaß. Mehr ist aber von diesem Turmuhrwerk nicht bekannt. Das noch verwendete Turmurwerk (100 cm breit, 70 cm hoch und 53 cm tief) wurde 1805 umgebaut, als noch das lange Pendel in Betrieb war. Aber aufgrund des Baues schließen die beiden Autoren, dass es bereits älter sein dürfte, wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Nicht auszuschließen ist, dass der Salzburger Uhrmacher Jeremias Sauter (* 1650; † 1709), der auch das Salzburger Glockenspiel technisch schuf, oder sein Vater Hans Sauter, Urheber dieses Turmuhrwerks gewesen sein könnten.

Die Glocken der heutigen Kapelle

Eine weitere Geschichte gibt es zu dem kleinen Türmchen, das sich über der mechanischen Uhr hinter dem Giebel der heutigen Kapelle befindet. Darin befindet sich der historische Holzglockenstuhl mit zwei Gefachen[1]. Die beiden vorhandenen Glocken dienen als Schlagglocken der Turmuhr. Sie sind aber auch zum schwingenden Läuten eingerichtet. Dieser Zustand war der ursprüngliche. Er bestand also schon vor der Verlegung der Kapelle an ihren heutigen Standort. Die Glocke aus dem Jahr 1652 hat einen Durchmesser von 65 cm und ein Gewicht von ca. 150 kg.

Aufgrund einer Inschrift auf der Glocke weiß man, dass der Gießer der Glocke Johann Eisenberger aus Nürnberg war. Er heiratete 1650 die Tochter des verstorbenen Salzburger Glockengießers Jakob Lidl. Der Firmensitz von Eisenberger war damals das Haus Nr. 14 an der Goldgasse. In diesem Haus wohnte bereits 200 Jahren früher der Goldschmied und Glockengießer Jörg Gloppitscher. Ein seltsamer Fehler an dieser Glocke, der technisch behebbar gewesen wäre, gibt Rätsel auf. So wird jetzt das Hauptrelief auf der Glocke vom Glockenstuhl "versteckt" und darüber hinaus ist es nicht möglich, die eingegossene Klöppelöse zu verwenden. Es musste also ein Wendeeisen im Inneren der Glocke nachträglich angebracht werden. Durch diese Fehlkonstruktion-Fehlaufhängung käme es zu einer höherer Abnutzung und die Glocke müsste im Laufe der Geschichte bereits mehrmals gedreht werden. Doch bei dieser war das nicht der Fall. Sie zeigt keinerlei Abnutzungspuren in der eigentlich vorgesehenen Läutrichtung. Sie hat also schon immer in dieser - eigentlich falschen - Richtung geläutet.

Die kleinere Glocke wurde 1677 gegossen, hat einen Durchmesser von 58 cm und ein Gewicht von ca. 120 kg. Auch sie trägt eine Inschrift, die ihren Gießer verrät: Benedict Eisenberger, der älteste Sohn von Johann Eisenberger, der nach dem Tod seines Vaters 1674 die Gießerei übernommen hatte.

Wurden beide Glocken gleichzeitig aufgehängt?

Ein Blick in die Glockenstube zeigt, dass alles 'harmonisch' hängt. Eine ältere Stundenschlagglocke könnte 25 Jahre später durch eine Viertelstundenschlagglocke ergänzt worden sein. Doch den beiden Fachleuten fiel bei genauerem Hinsehen etwas auf: Nämlich, dass der Glockenstuhl keinerlei Anzeichen einer nachträglichen Veränderung aufweist. Es waren also von Anfang an zwei Glocken vorgesehen. Das Gleiche gilt für die vollkommen gleich gestalteten zwei Uhrschlaghämmer und Joche. Augenscheinlich könnten Glockenstuhl und Joche aus dem frühen 17. Jahrhundert stammen.

Bildergalerie

Weblinks

  • pdf, gesamter Beitrag: Ad animi levamen. Uhren und Glocken im Schlosshof von Hellbrunn, Salzburg (Mitteilungen Nr. 152 der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie, Winter 2017, S. 30-37)
  • Deutschen Gesellschaft für Chronometrie

Quelle

  • pdf, gesamter Beitrag: Ad animi levamen. Uhren und Glocken im Schlosshof von Hellbrunn, Salzburg (Mitteilungen Nr. 152 der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie, Winter 2017, S. 30-37)

Einzelnachweis

  1. Ein Gefach ist Teil einer Wand eines Fachwerkhauses und bezeichnet den Raum zwischen den Holzbalken. Im ausgefüllten Zustand wird das Gefach, beziehungsweise sein Inhalt, auch als Ausfachung bezeichnet.