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Petersfriedhof: Wo Künstler und Händler ruhen

Wer einen Ort sucht, an dem Salzburgs Prominenz der vergangenen Jahrhunderte friedlich liegt, ist mit einem Besuch in St. Peter gut beraten. Wir haben uns mit einer Expertin dort umgesehen.

Bild links: Inez Reichl-de Hoogh kennt Salzburg in vielen Facetten und Details. Bild rechts: Das Grabmal der Tomasellis, einer einflussreichen Salzburger Familie.
Bild links: Inez Reichl-de Hoogh kennt Salzburg in vielen Facetten und Details. Bild rechts: Das Grabmal der Tomasellis, einer einflussreichen Salzburger Familie.

Maria Anna ("Nannerl") Mozart ist die berühmteste Salzburgerin, die ihre letzte Ruhe auf dem Friedhof der Erzabtei St. Peter gefunden hat. Doch sie ist nicht der einzig bekannte Name. Wir treffen Inez Reichl-de Hoogh am Eingang des durchaus exklusiven Gottesackers. Wer hier begraben sein möchte, pflegt am besten schon zu Lebzeiten einen intensiven Kontakt zu den Benediktinern. Einige Hundert Male ist Inez Reichl-de Hoogh bereits hier vorbeigekommen, doch immer privat, nie als Fremdenführerin. "Wir halten die Totenruhe hoch und führen keine Menschen durch", sagt sie mit leiser Stimme. Respekt ist der Bundessprecherin der Fremdenführer Österreichs ein Anliegen.

Zeugen der Geschichte

Bei einem Rundgang hält sie zuallererst dort, wo viele Fotos von Besucherinnen und Besuchern in St. Peter geschossen werden: Sebastian Stumpfegger, seine Eltern und vier seiner fünf Gattinnen sind Einheimischen und Gästen gut bekannt. Wann immer sich die Frage nach "besonderen Grabstätten" auf diesem so besonderen Friedhof stellt, fällt dieser Name. Neben dem mit großen Kieseln gepflasterten Weg, der durch den Gottesacker führt, sind Teile der Grabmäler - steinerne Sockel mit schmiedeeisernen Kreuzen - fein säuberlich aufgestellt. Und die sterblichen Überreste? Sie sind an der Katharinenkapelle geblieben und damit genau dort, wo die Familie ursprünglich bestattet lag. "Stumpfögger" steht auf den Tafeln geschrieben, mit "ö" statt mit "e", wie der Name eigentlich geschrieben wird. Darauf ist auch vermerkt, welchem Beruf die Männer in der Familie nachgingen: Beide waren Maurermeister, Sebastian (verstorben 1749) dazu auch Steinmetz. Dass Vater Lorenz, der 1709 aus dem Leben schied, am Bau des Doms zu Salzburg mitgewirkt hat, scheint ein derart wichtiger Meilenstein im Leben des Handwerkers gewesen zu sein, dass selbst die Gedenktafel mit dieser Information versehen ist. Und wieso sind so viele Frauen mit den Männern begraben worden? "Nun, Frauen sind zu dieser Zeit oft früh gestorben, meist bei einer Geburt. Hygienestandards und eine gute medizinische Versorgung gab es ja nicht", sagt Inez Reichl-de Hoogh.

Sie geht langsam ein paar Schritte hinauf in Richtung Eingang zu den Katakomben. Rechts davon zeigt sie auf eine Marmorplatte, die den Namen von Heinrich Ignaz Franz Biber trägt. Dieser Komponist und Geigenvirtuose der Barockzeit ist einer der weniger bekannten Künstler, die in St. Peter ihre Ruhestätte gefunden haben. "Ist es nicht nett, dass quasi ein Komponist die Gedenktafel für den anderen bereitstellt?", fragt Reichl-de Hoogh und zeigt auf die vorletzte Zeile der Tafel: "Gewidmet von der Johann-Michael-Haydn-Gesellschaft" ist dort zu lesen. Ebendieser Johann Michael Haydn ruht in der Gruft etwas weiter links, am Aufgang zu den Katakomben.

Frauen nur wenig sichtbar

Doch nicht nur die Namen von Musikern sind in St. Peter zu lesen, auch die hohe Geistlichkeit hat hier gerne einen Fixplatz. Als Fremdenführerin ist Inez Reichl-de Hoogh freilich mit der Geschichte der Familie Trapp vertraut, wahrscheinlich besser als manche Salzburger. "Hier in der Gruft des Domkapitels Salzburg liegt Kanonikus Franz Wasner", sagt sie und erinnert an den als Künstlerischer Leiter der Trapp Family Singers tätigen Mann. Immerhin war er maßgeblich für das professionelle Profil der weltbekannten Trapps verantwortlich. Mit dem Zeigefinger und Respektabstand deutet die historisch höchst versierte Frau auf die vielen Details dieser Grabmäler. Totenköpfe mit schwarzen Augenhöhlen starren Vorbeikommende an, Einhörner sind ebenso zu entdecken wie wohlgenährte Engelsfiguren.

"Genau hinschauen lohnt sich", lädt Reichl-de Hoogh zum Beobachten und Verweilen ein und zeigt schon auf das nächste Sehenswerte. Eine Ansammlung von Malereien zeugt von Frauen, die in der Gruft ein paar Schritte weiter liegen. Ihre blassen Gesichter neigen sich gnädig den Lebenden zu. "In jeder Gruft lässt sich ein gutes Stück Geschichte entdecken", sagt die Fremdenführerin und listet beim Umkreisen der Margarethenkapelle klingende Namen aus Salzburgs Wirtschaft auf: Tomaselli, Hagenauer, Azwanger - die traditionsreichen Familien wirtschaften noch heute in der Mozartstadt. In der Geschichte gab es jede Menge tatkräftiger und erfolgreicher Frauen, erinnert Inez Reichl-de Hoogh. "Nach dem Tod ihres Mannes war Frau Hagenauer eine sehr gute Geschäftsfrau in einer vermögenden Familie."

Wer wissen möchte, welche Toten wo genau begraben liegen, kann im Katalog von "Der Friedhof zu St. Peter in Salzburg" blättern. Dieses Buch arbeitet auf Reichl-de Hooghs Bitte hin die Stiftsbibliothek-Leiterin Sonja Führer durch. Mit dem Finger fährt sie lange Namenslisten entlang und stoppt immer wieder bei klingenden Namen. "Doch wie es damals halt so war, sind die Männer im Vordergrund und die Frauen weniger sichtbar", sagt Führer mit Bedauern.