Mit dem E-Bike durchs Traunviertel. Am Wasser entlang zu Eisenerz, Feiteln und Maultrommeln. MARIA SCHMIDT-MACKINGER

BILD: SN/OBERÖSTERREICH TOURISMUS/MORITZ ABLINGER
Die beste Nachricht: Man muss gar nicht weit fahren, wenn man neue, spannende Ecken Österreichs kennenlernen will. Steyr ist so ein Beispiel und Ausgangspunkt unserer mehrtägigen Radrundreise durchs oberösterreichische Traunviertel: Obwohl bekannt aus dem Heimatkundeunterricht, hat man es dennoch nie dorthin geschafft. Trotz jährlicher Erinnerung ans Christkindl und dessen Postamt.
Der Herbst ist hingegen ideal für Ausflüge mit dem Rad. Die - ausgeborgten - E-Bikes sind gesattelt und bereit und wir noch voll Zuversicht, dass wir die elektrische Schubkraft vermutlich ohnehin nur selten zuschalten werden. Unsere Wadelkraft wird uns schon gut durchs Steyrtal, den Nationalpark Kalkalpen und den Ennstalradweg entlang bringen.
Eine kurze Erkundung der entzückenden Barockstadt am Zusammenfluss von Steyr und Enns, mit ihren prächtigen Bürgerhäusern - darunter auch das gotische „Bummerlhaus" aus dem 13. Jahrhundert - auf dem historischen Stadtplatz, dann geht es am nächsten Morgen schon los. In aller Früh. Wir haben die Rucksäcke nur mit Dingen gepackt, die wir während der Fahrt unbedingt brauchen, denn der wunderbare Service des Tourismusverbands der Radregion Traunviertel bringt unser Gepäck an unser jeweiliges Tagesziel. Das verleitet, großzügiger zu packen - obwohl am Ende, wie so oft, das meiste Zeug ohnehin unangetastet bleibt.
Auf der ersten Etappe geht's zunächst kommod dahin. Über den gut beschilderten Steyrtalradweg fahren wir durch Auenlandschaft und ganz nah am Wasser flussabwärts, vorbei an Obstgärten, an imposanten Vierkantern, an Kühen und Schafen, an zahlreichen Mühlen.
In der Gemeinde Molln, die sich stolz ,,europäische Hauptstadt der Maultrommel" nennt, zeigt uns der rührige Kustos Fritz Kammerhuber die reichen Schätze des örtlichen Heimatmuseums. Dort ist seit Kurzem auch das einzigartige, bislang in St. Pankraz ansässige Wilderermuseum untergebracht. Jahrhundertelang wurde in der Region Eisenwurzen genau dieses Metall verarbeitet, das im nahe gelegenen Erzberg abgebaut wurde: zu Sensen, Messern, Werkzeugen, Waffen - und eben auch zu Maultrommeln.


„Jeder Mollner kann Maultrommel spielen", sagt Kammerhuber. Wir glauben ihm auf's Wort. In jedem Fall entstand durch den Eisenabbau ein reges Handwerker- und Handelswesen, die gesamte Region entlang der Eisentransportwege blühte auf. Nach diesem geschichtlichen Ausflug ins Land der Hämmer und Essen setzen wir unsere Tour auf den E-Bikes fort, über den Klauser Stausee radeln wir am gut ausgeschilderten Radweg entlang bis nach Windischgarsten, wo wir dann für den Wellnessbereich des hübschen Hotels gar nicht undankbar sind - die Beine schmerzen ja doch ein bisserl, wer hätte das gedacht?

Mit ein wenig mehr Zeit, ein, zwei Tage wären uns genau recht, würde uns der Ausblick auf die umliegende Bergwelt der Urlaubsregion Pyhrn-Priel sicher zu einer Wanderung verleiten, etwa auf den Wurbauerkogel. Aber die Route leitet uns in eine andere Richtung - wir müssen mit unseren E-Bikes über den Hengstpass nach Unterlaussa. Die Steigung ist gemächlich, wir brauchen trotzdem die volle Unterstützung unseres E-Motors, wir geben es ehrlich zu. Noch ein wenig Anstrengung und wir erreichen unser Zwischenziel, ganz nah an der steirischen Grenze. Bei diesem Stopp begeben wir uns im Bergknappenmuseum auf eine Zeitreise in die 800-jährige Geschichte der Montantradition.
Der Hintergebirgsradweg geht ins Reichraminger Hintergebirge, tatsächlich begegnen uns hier auch Menschen auf Mountainbikes ohne Elektroantrieb, wir können nur staunen. Und konzentrieren uns wieder auf den Weg, so ein E-Bike fährt sich ja nicht von allein.
Der Forstweg führt zum Teil an der ehemaligen Trasse der Reichraminger Waldbahn entlang, die bis Anfang der 1970er-Jahre als Holzabfuhr zum Bahnhof des Orts diente. So mühsam der Anstieg war, so flott geht es nun die letzten Kilometer bis zu unserem Tagesziel Großraming wieder bergab. Nicht ohne Versuchungen am Wegesrand, Jausenstationen und Hütten, die E-Bikern nicht nur mit Stromanschlüssen zum Akkuaufladen dienen, sondern auch die Energiespeicher der Hobbysportler mit Speckbroten oder Kaspressknödeln wieder füllen.

Zum Abschluss wird es wieder recht gemütlich. Der Ennstalradweg retour nach Steyr führt nicht immer direkt am Fluss entlang, aber er bleibt dennoch im Blick. Wer sich für Taschenmesser, sogenannte Feitel, interessiert, kann noch haltmachen im Museumsdorf Trattenbach. Hier gibt es das laut Guinness-Buch der Rekorde größte Taschenfeitel der Welt zu bewundern. Aber auch die Erzählungen über das harte und nicht ungefährliche Handwerk, das mittlerweile zum UNESCO-Erbe zählt, bringen die Besucher zum Staunen. Seit gut 500 Jahren leben die Menschen hier im Tal der Feitelmacher von der Erzeugung dieser „Trattenbacher Zauckerl" mit ihrem gedrechselten Griff.
Herz haben wir zwar keines in die Rinde eines Baums geschnitzt, aber unser Herz erobert hat das Traunviertel mit seinen abwechslungsreichen Radwegen und Landschaften allemal.
TRAUNVIERTEL RADWEG

Vier Regionen, sechs Etappen, sieben Tage, 460 Kilometer - die Traunviertel-Tour verbindet die Ufer der Steyr und der Enns mit dem Alpenvorland und den Gipfeln des Toten Gebirges. Entlang der Strecke: ein dichtes Netz an E-Ladestationen und viele radfreundliche Übernachtungs- und Gastronomiebetriebe.
E-Bikes Verleihstationen: Steyr, Grünburg, Reichraming, Windischgarsten, Spital/Pyhrn, Hinterstoder, Roßleithen, Bad Hall, Grünau und Gmunden. Unbedingt vorab reservieren!
Infos rund um die ,,Radregion Traunviertel":
www.steyr-nationalpark.at
www.traunsee-almtal.at
www.badhall.at
www.urlaubsregion-pyhrn-priel.at
www.oberoesterreich.at