FLUGREISEN

Marokko

farbenprächtig

Die erdfarbenen Lehmbauten von Tinghir an der Straße der Kasbahs. BILD: SN/MONTSE COBOS - STOCK.ADOBE

Tafraoute als Zentrum des Anti-Atlas bietet nicht nur das traditionsreiche Tal der Ammeln, aus dem viele der geschickten Handelsleute Marokkos stammen noch beeindruckender sind die überwältigenden Felslandschaften rings um die Ortschaft. Der belgische Künstler Jean Verame hat hier „Land Art" der besonderen Art gewagt: türkis, azurblau und rosa gestrichene gewaltige Felsen ragen aus der Landschaft auf und faszinieren mit ihrem Farbenspiel in der rötlich-ockerfarbenen Umgebung. Ein Geheimtipp par excellence ist die enge Schlucht Aït-Mansour, die man erst nach ordentlichen Bergwertungen“ erreicht. Sie weitet sich langsam zu einem eindrucksvollen Palmengarten, wo die schmale Asphaltstraße quasi durch den Palmenhain hindurchgelegt wurde...

Gewaltige Schluchten
Schluchten sind überhaupt eines der schönsten Themen im Süden - fast jeden Tag erleben wir eine neue einzigartige Schlucht: Die überwältigendste und eine, für die man sich auch ausreichend Zeit nehmen sollte, ist die Dades-Schlucht, die von Boumalne du Dades weit in den Norden in den Hohen Atlas hinaufführt. Inmitten von rot leuchtenden Felswänden und gewaltigen Felsklötzen mit Wollsackverwitterung windet sich das Flussband zwischen malerischen Kasbahdörfern. Aus dem Einheitsrosa der Dörfer (Häuser, Schulen und Moscheen sind im Süden meist rosa gestrichen) ragen noch immer einige der alten Lehmburgen (= Kasbahs) auf, bewehrt mit Ehrfurcht gebietenden Türmen und beschützt von Berbermotiven aus Ziegelsteinen, die den bösen Blick abhalten sollen.

Straße der Kasbahs
Aït-Benhaddou liegt wie Skoura oder das Dades-Tal oder Tinghir an der Straße der Kasbahs" traditionelle Stampflehmbauten und befestigte Dörfer (Ksar) der Chleuh-Berber sind (nunmehr UNESCOWelterbe) erhalten geblieben. Die alljährlichen zerstörerischen Regenfälle haben manche der Lehmburgen stark beschädigt, andere schon unwiederbringlich zerstört, an wieder anderen wird schon wieder fleißig renoviert. Nur ständige Betreuung und Pflege erhält diese Bautenoder aber (wie am Beispiel der sehr schönen Kasbah Ben Moro in Skoura) die Umwandlung in ein traditionelles Hotel nach europäischen Komfortbegriffen, trotzdem mit unendlich viel Lokalkolorit.

Bahia-Palast/Marrakesch. BILD: SN/OLENA Z STOCK.ADOBE.COM

Herausragend in der Liste ist das befestigte Dorf Aït-Benhaddou im Mellah-Tal nordwestlich von Ouarzazate: es gefällt nicht nur den Fotografen, sondern auch den Filmschaffenden. Werner Herzog hat hier mit Nicole Kidman zuletzt ,, Queen of the Desert" über die Engländerin Gertrude Bell gedreht. Auch wenn viele der Einheimischen jetzt in der „Neustadt" auf der anderen Seite des Flusses leben - die Stadt und die Lehmbauten werden weiter gepflegt. Und natürlich ist man mächtig stolz auf alle Filme, die hier gedreht wurden, ob ,,Gladiator", ,,Game of Thrones" oder Orson Welles' ,,Sodom und Gomorrha". In eine der Kasbahs ist eine innovative spanische Hotelkette eingezogen (Xaluca), die schon mehrere gute Hotels im Süden Marokkos betreut. Wenn nicht rasch Geld kommt, ist allerdings die alte Synagoge verloren - das schöne Gewölbe scheint nicht mehr lange durchzuhalten ...

Eine Nacht im Riad
Ein Erlebnis der besonderen Art, das man sich auf alle Fälle in Marokko gönnen sollte, ist eine Übernachtung in einem „Riad“ - in schönen, alten Kaufmannspalästen. Aber was kann man sich darunter vorstellen? Wir läuten eine altertümliche Glocke bei einem eher unscheinbaren Tor. Sind wir tatsächlich richtig? Wir warten. Dann hören wir Stimmen, einen sich drehenden Schlüssel, das Tor öffnet sich. Ein freundlicher Herr führt uns durch einen eher düsteren Gang in einen Innenhof. Und plötzlich Licht und Wärmenicht die Temperatur macht die Wärme aus, sondern die Farben und Muster der Ziegel und Kacheln, der Ornamente und Möbel. 

Tajine. BILD: OLGA PHOENIX - STOCK.ADOBE

Wir beziehen geschmackvoll eingerichtete Zimmer, sehen uns die weiteren Räumlichkeiten an und besteigen die Dachterrasse. Vor uns liegt Marrakesch (auch Essaouira oder Fes) und ein Gewirr an Gassen, Häusern, Moscheen-dahinter der schneebedeckte Hohe Atlas und die einzigartig schöne Koutoubia-Moschee.

Ein idealer Begleiter für eine Reise ist immer ein gutes Buch - so etwa ,,Die Stimmen von Marrakesch" von Elias Canetti oder ,,Himmel über der Wüste" von Paul Bowles, der Tanger verfallen war. Oder aber „Das nackte Brot" von Mohamed Choukri und „Das Schweigen des Lichts" von Tahar Ben Jelloun. - ELISABETH KNEISSL-NEUMAYER