Lebenszeit

,,Wir wollen im Alter nicht allein wohnen"

Der Verein Silberstreif richtet sich an Menschen im Alter 50 plus und wird im Bauprojekt am Salzburger Dossenweg ein Haus beziehen. Wer mitwohnen will, muss sich auch im Sinne der Siedlungsgemeinschaft engagieren.
CHRISTINE GNAHN

Insgesamt will der Verein Silberstreif mit seinem ,,Leuchtturmprojekt" bis zum Einzug auf 30 Mitglieder anwachsen. BILDER: SN/SCHNABLER (3)

,,Ich kenne ältere Menschen, die kommen nur mehr aus dem Haus, wenn sie die Rettung herausbringt", sagt Michael Flemmich. ,,So möchte ich nicht alt werden." Stattdessen schwebte dem heute 63jährigen pensionierten Sehbehindertenund Blindenlehrer schon vor zehn Jahren ein Leben in einer Gemeinschaft vor. Der Salzburger fand in seinem Anliegen schnell weitere Interessierte. Zusammen gründeten sie vor sieben Jahren den Verein Silberstreif mit Michael Flemmich als Obmann. ,,Gemeinsam wohnen 50 plus" lautet der Nachsatzund das sei auch so gemeint. ,,Wir sind sowohl für erwerbstätige Menschen als auch für solche in der Pension da, wir sind keineswegs einfach nur die Alten", erklärt Christian Rothe, 68-jähriger pensionierter Journalist und stellvertretender Obmann des Vereins.

Das Vorhaben: gemeinsam in einem großen Mehrparteienhaus wohnen, in dem jede und jeder die eigenen vier Wände hat und doch die Nähe zu den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern in den gemeinschaftlich genutzten Räumen, auf der Terrasse und im Garten genießen kann. Für diesen Plan suchte der Verein ein geeignetes Gebäude in Salzburg-und bekam die Zusage der Stadt Salzburg und des Bauträgers Heimat Österreich für ein Gebäude in der Mitte des Wohnprojekts Dossenweg im Salzburger Stadtteil Gneis, der Baustart soll im kommenden Jahr erfolgen. Alle Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses werden dann in 26 Wohnungen auf 45 bis 85 Quadratmetern zur Miete wohnen. Im Erdgeschoß werden zwei Wohnungen für Familien mit vielen Kindern zur Verfügung stehen.

Die Bewilligung des Hauses ist mit Bedingungen an die Vereinsmitglieder geknüpft. ,,Wir haben uns bereit erklärt, uns um die Anliegen der Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung zu kümmern und uns gemeinnützig zu engagieren. Wir werden quasi das sein, was in anderen Siedlungen der Bewohnerservice ist", erklärt Flemmich. ,,Das ist ein völlig neues Konzept einer Baugruppe." Die Grünflächen der Siedlung im Sinne von Urban Gardening bepflanzen, Dinge bei Repair-Cafés selbst reparieren, Kochkurse, Kinderbetreuung, Wanderungen und vieles mehr: Ideen haben die Vereinsmitglieder viele. „Jede und jeder kann sich mit den individuellen Fähigkeiten und Interessen einbringen und das ist auch das Tolle daran", erklärt Isabella Klien. Die 61-jährige Organisationsentwicklerin ist seit Jahren Mitglied des Vereins und von dem Konzept des Zusammenlebens überzeugt. Etwa 40 Stunden seien pro Person und Jahr an ehrenamtlicher Arbeit angedacht, sagt Klien. ,,Darüber müssen wir Buch führen und das der Stadt vorlegen."

Derzeit sind noch etwa zwölf Plätze für das Wohnen im Verein Silberstreif zu vergeben. Bislang gemeldet haben sich viele, insbesondere alleinstehende Menschen und deutlich mehr Frauen als Männer. ,,Wir suchen noch nach Paaren und nach Menschen im Alter von 50 bis 60", erklärt Michael Flemmich. ,,Wir versuchen, das Alter möglichst breit zu streuen. Und wir wollen etwa gleich viele Männer wie auch Frauen im Verein haben." Bewerberinnen und Bewerber müssen nicht nur bereit sein, sich ehrenamtlich im Sinne der Siedlung zu engagieren, sondern auch den Kriterien der sozialen Wohnungsvergabe entsprechen, also beispielsweise nicht ein bestimmtes Einkommen überschreiten.

Die Mitglieder des Vereins Silberstreif freuen sich auf das gemeinsame Zusammenleben. ,,Ich möchte mich mit kreativen Dingen, in der Kinderbetreuung und im Garten einbringen", sagt die 66-jährige Gilde Sanin, pensionierte Inklusionspädagogin der Montessorischule. Im Bereich Kreativität und Kultur will sich ebenfalls die 58-jährige Monika Daoudi-Rosenhammer engagieren, die in der Verwaltung bei der Lebenshilfe arbeitet. Der Koch Martin Flemmich, Bruder des Obmanns, wiederum plädiert für eine große gemeinsame Küche - ,,sodass wir auch einmal für 30 Menschen aufkochen können".