Seit gut 20 Jahren ist Evelyn Brandstätter Chefin im Café Bazar. Mit den SN spricht sie über die Kaffeehauskultur der Salzburger.

Evelyn Brandstätter führt seit gut 20 Jahren das Café Bazar. BILD: SN/CHRISTOPH HAUBNER
Frau Brandstätter, was macht sie aus, unsere sogenannte Kaffeehauskultur?
Evelyn Brandstätter: Diese typische Alt-Wiener Kaffeehauskultur, wie wir sie beispielsweise im Tomaselli oder bei uns im Bazar haben, die gibt es ja eigentlich nur in Österreich. Die findet man nicht mal in Bayern; das ist schon was ganz Spezielles.
Was ist das Spezielle daran?
Einen wichtigen Punkt finde ich zum Beispiel, dass man auch gut alleine ins Kaffeehaus gehen kann, sich hinsetzen und Zeitung lesen kann, ohne dass man dabei komisch auffällt. Viele Leute sagen auch, das Café ist für sie wie ein zweites Wohnzimmer. Das Zeitungsangebot ist auch ein wichtiger Aspekt der Kaffeehauskultur. Nicht immer nur ins Handy zu schauen, sonder das Zeitungspapier noch in der Hand zu halten und beim Umblättern das Rascheln zu hören - wenn das einmal nicht mehr ist, dann geht, glaube ich, auch im Kaffeehaus ganz viel verloren. Was sicher auch zu unserer Kaffeehauskultur gehört, ist das traditionelle Interieur. Vielen Gästen, auch mir selbst, imponiert, dass es vor 100 Jahren hier drinnen fast gleich ausgesehen hat wie heute.
Ist das Handy im Café ein No-Go?
Nein, heutzutage gar nicht mehr. Ich kann mich aber noch daran erinnern, als ich vor 20 Jahren im Bazar angefangen habe, da hing hier noch ein Schild mit einem Spruch, der sinngemäß lautete: Wenn man ins Bazar geht, dann solle man seinem Handy doch eine Pause gönnen. Das geht heute natürlich nicht mehr. Aber es stört auch nichtund läuten tut es eigentlich nie, da geben die Gäste schon darauf acht ...
Zu welchem Anlass gehen die Salzburgerinnen und Salzburger ins Café?
Eigentlich zu allen Anlässen.Dasgeht schon in der FrühmitdemFrühstück los.Frühstückengehen ist ja erst in den letzten 10 oder 20 Jahren „in“ geworden. Ich glaube, das Fingerlos war das erste Café, das diesen Trend in Salzburg etabliert hat. Alle anderen haben dann nachgezogen. Auch mittags ist bei uns viel los, das hängt natürlich auch mit unserer kleinen feinen Küche zusammen. Nachmittag kommen die Leute dann zu Kaffee und Kuchen und am frühen Abend auf ein Glaserl Wein oder nochmal auf eine Kleinigkeit zum Essen.
Was ist der Lieblingskaffee der Salzburger?
Mir fällt am Monats ende immer auf, dass der Cappuccino der Renner ist. Und unser Hauskaffee, den trinke ich selbst auch am liebsten. Das ist ein starker Filterkaffee mit Milch und Schlagobers. Der schmeckt vor allem zum Frühstück sehr gut.
Die Lieblingsmehlspeise?
Das sind sicher die Strudel, die dürfen nie fehlen. Vor allem unser Topfenstrudel ist wahnsinnig beliebt. Ich persönlich mag überhaupt keinen Topfenstrudel, aber viele unserer Gäste behaupten, unser Topfenstrudel sei der beste, den sie jemals gegessen hätten.


Cappuccino mit Toppings, Cold Brew Coffee, pflanzliche Milchalternativen ... Inwieweit geht das Bazar mit den Trends?
Grundsätzlich haben wir bis heute ein relativ traditionelles Kaffeeangebot. Einen Chai-Latte oder Kaffee mit zusätzlichen Geschmäckern gibt es bei uns nicht. Cold Brew Coffee haben wir heuer das erste Mal ausprobiert, allerdings sind es in erster Linie Touristen, die danach fragen. Ich glaube aber, dass wir generell nicht unbedingt das Publikum haben, das einen Cappuccino mit Vanilletopping bestellt. Bei Trends wie Sojamilch oder laktosefreier Milch gehen wir natürlich mit. Wir haben auch eine vegane Margarine und glutenfreies Brot. Also auch ein Veganer - ein Vegetarier sowieso - oder jemand mit Unverträglichkeiten findet etwas bei uns. Wobeiwir dann nicht zehn verschiedene Alternativen anbieten, sondern halt einen glutenfreien Toast.
Laut einer aktuellen Studie greifen 8 von 10 Österreicherinnen und Österreichern zu Coffee to go. Ist der Kaffee eine Konkurrenz für zum Mitnehmen das Kaffeehaus?
Nein, Coffee to go sehe ich überhaupt nicht als Konkurrenz. Ich denke, das ist der Zeitgeist von heute, den man einfach annehmen muss. Ob man es mag oder nicht, ist dabei jedem selbst überlassen. Ich glaube auch nicht, dass es bestimmte Gästeschichten oder Altersgruppen sind, die entweder einen Kaffee bei Starbucks holen oder zu uns ins Bazar kommen. Meine älteste Tochter ist 20 und das beste Beispiel dafür, dass beides geht. Sie ist ein großer Starbucks-Fan, aber sie liebt es genauso, mit ihren Freundinnen ins Bazar zu kommen. Es ist wohl eher der Anlass, der beeinflusst, wo die Leute zum Kaffeetrinken hingehen.
Wir haben zum Beispiel gleich am Anfang meiner Tätigkeit im Bazar den sogenannten Stehespresso an der Bar eingeführt. Der ist dann ein bisschen billiger, so wie es auch in Italien üblich ist. Dieses Angebot wurde aber bei uns gar nicht angenommen. Dafür steht das Bazar einfach nicht. Wer zu uns kommt, will sich zumindest eine halbe Stunde oder Stunde in Ruhe hersetzen, ratschen oder Zeitung lesen.
Welche Rolle spielen Fairtrade, Nachhaltigkeit und Regionalität im Bazar?
Mir persönlich ist das wahnsinnig wichtig. Privat sowieso, aber auch in den Betrieben versuchen wir, diese Aspekte bestmöglich durchzusetzen. Das gelingt aber leider nicht in allen Bereichen. Wir haben seit 20 Jahren Illy-Kaffee, meiner Meinung nach der beste Kaffee. Das ist zwar kein Fairtrade-Kaffee, aber sicherlich eine gute Marke. Sehr groBen Wert legen wir auf Regionalität. Wir kochen immer saisonal und versuchen, alles was wir brauchen - das Gemüse, die Salate, sogar Melonen - bei unseren regionalen Bauern in Liefering zu bekommen. Es gibt allerdings immer wieder Artikel, die wir anderweitig zukaufen müssen. Zum Beispiel die Orangen, die kommen jetzt gerade aus Südafrika. Ich kann unseren Gästen nicht einfach sagen, sie kriegen heute keinen frisch gepressten Orangensaft bei uns, weil ich keine Orangen aus Südafrika kaufen will. Das wäre zu extrem.
Worauf ich noch ganz großen Wert lege, ist, keine Lebensmittel zu verschwenden. Bei uns wird wirklich kaum etwas weggeschmissen; wenn etwas übrig bleibt, verwerten wir es anderweitig, verkochen das Obst z.B. zu Marmelade, oder unsere Mitarbeiter können sich etwas mitnehmen. Aber wir schmeißen sicher keine Waren, die in Ordnung sind, in den Mistkübel.


Das Bazar ist beliebt bei Jung und Alt, bei Einheimischen, Touristen, Künstlern und Geschäftsleuten. Was ist das Geheimrezept?
Ich glaube, das sind unsere Mitarbeiter. Ich finde es persönlich am wichtigsten in unserem Beruf, dass immer jeder Gast gleich nett bedient wird. Egal ob das zum Beispiel der Herr Lanz ist, der drei Mal am Tag auf einen Kaffee zu uns kommt und unser Nachbar ist, oder ob das ein Tourist aus Saudi-Arabien oder Amerika ist, der nur ein einziges Mal im Leben ins Bazar geht. Jeder muss gleich und vor allem zuvorkommend und freundlich bedient werden. Natürlich haben wir ein schönes Ambiente und der Kaffee schmeckt hoffentlich gut. Aber einen guten Kaffee und ein schönes Ambiente haben andere Lokale auch. Ich denke, es kommt auf die persönliche Note an. Jeder Gast soll bei uns das Gefühl haben, dass er willkommen ist und gerne bedient wird. Schließlich sind wir auch nicht ganz billig - am Ende muss einfach das Ergebnis passen.
Es ist schließlich unsere Aufgabe in der Gastronomie und Hotellerie, den Gästen eine oder zwei schöne Stunden zu bereiten und sie zufriedenzustellen. Das darf man nie aus den Augen verlieren.
Wo gehen Sie privat gerne auf einen Kaffee?
Wenn ich-was zwar selten der Fall ist-frühstücken gehe, dann gerne ins Auersperg, weil ich das Frühstücken dort unglaublich nett finde. Da ist alles biologisch und super gut. Mir gefällt die Atmosphäre und ich mag die Bediener sehr gerne.
Ins Café gehe ich wirklich kaum. Mir fehlt zum einen leider die Zeit, zum anderen habe ich nur wenig das Bedürfnis danach. Schließlich bin ich täglich im Bazar und trinke sowieso immer hier meinen Kaffee.