Als sie vergangenen Sommer zum ersten Mal vom Three Peaks Bike Race hörte, dachte sie noch: ,,Verrückt. Wer macht so was?" Ein Jahr später gehörte Marlene Voithofer selbst zu den Starterinnen.

Marlene Voithofer und ihr Gravelbike: 3500 Kilometer und 35.000 Höhenmeter hat sie darauf allein heuer zurückgelegt, um sich auf das Three Peaks Bike Race vorzubereiten. BILD:SN/PRIVAT
Einmal über und entlang der Alpen geht es beim Three Peaks Bike Race mit dem Rad. 2200 Kilometer, von Wien bis Nizza. Die Strecke kann jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer selbst festlegen. Oder im Falle von Marlene Voithofer gemeinsam, zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Yannick (20). ,,Ich fahre zwar lieber allein, weil ich da keinen zum Jammern habe und dadurch leistungsstärker bin. Aber vor dieser Strecke hatte ich Riesenrespekt, auch vorm Schlafen draußen", sagt die 25-jährige Sozialpädagogin. Und tatsächlich sollte der Schlaf zu einer der größten Herausforderungen werden. Vier Stunden hätten sie im Schnitt geschlafen, meist draußen. Von jedem Geräusch schreckten sie auf. ,,Ab dem vierten, fünften Tag machte sich der Schlafentzug bemerkbar. Irgendwann konnte ich meine Augen nicht mehr offen halten und musste 30 Minuten auf einer Parkbank in Luzern schlafen", erzählt Voithofer. AuBerdem wichtig für die Konzentration bei einem Langstreckenrennen: „Ständig essen, auch während der Fahrt - Brot, Süßigkeiten. Sonst unterzuckert man schnell und braucht eine lange Pause, um aus diesem Tief wieder herauszukommen."
Auf gut 8000 Kilometer wird sie dieses Jahr kommen, schätzt die 25-Jährige. ,,Das Rad war für mich immer schon das Verkehrsmittel Nummer eins", sagt sie. ,,In den vergangenen beiden Jahren ist das sportliche Radfahren zu meinem absoluten Lieblingshobby geworden." So wie für viele Menschen im Umfeld der Stadt Salzburg. ,,Radfahren bedeutet absolute Freiheit. Ich kann völlig frei entscheiden, wo ich stehen bleibe, wohin ich als Nächstes abbiege." Im ersten Lockdown habe sie begonnen, die Umgebung zu erkunden, kam immer weiter.
2021 war Radfahren für 35 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher der beliebteste Sport, noch vor dem Schwimmen, Laufen und Wandern. Und es ist ein wahres Wundermittel für Körper, Geist und Seele. So hilft Radfahren nachweislich gegen Depressionen, stärkt Kreislauf und Lunge, senkt das Risiko für Herzkrankheiten um 50 Prozent und fördert die Gehirnleistung. „Mit der Ungewissheit und Enge der Pandemiejahre sind viele auf die Suche nach neuen Abenteuern und Extremen gegangen", ist Voithofer überzeugt. Und viele hätten dabei das Radfahren als Sport für sich entdeckt.

Drei Fixpunkte gibt es beim Three Peaks Bike Race, die alle Teilnehmenden passieren müssen: die Drei Zinnen in Südtirol, Walchsee in der Zentralschweiz und den Colle del Nivolet in Norditalien. Der Erste, Justinas Leveika, bewältigte diese Strecke in fünf Tagen, sechs Stunden und 31 Minuten. Für Voithofer und ihren Bruder hieß es nach einer Woche und 1350 Kilometern kurz vor dem dritten Checkpoint: Aus. In einem kleinen italienischen Dorf fiel sie ein Hund an. Die Folgen: fünf Stunden warten in der Notaufnahme, zwei Tetanusspritzen, dann die Heimfahrt mit dem Zug.
Vom Radfahren und weiteren Rennen lässt sich die 25-Jährige nicht abhalten. Auch wenn sie noch ein Ziehen im Unterschenkel verspürt, dort, wo der Hund sie erwischt hat, ist das nächste Rennen bereits geplant: Ende September soll es 430 Kilometer durch Kroatien gehen, eine Gravelstrecke, eine also, wo es vor allem über Schotterpisten geht. Vor Hunden allerdings hat Voithofer nun gehörigen Respekt.
Voithofers schönstes Erlebnis beim Three Peaks Bike Race? „Wir waren auch nachts unterwegs, um der größten Hitze auszuweichen. Einsame Passstraßen und Radwege sind dann ziemlich cool. Wir sind zum Beispiel völlig allein bei Vollmond über den Ofenpass." Allerdings: „Bei fünf Grad auf 1500 Metern zu übernachten, weil um zwei Uhr einfach nichts mehr geht, möchte ich nächstes Mal vermeiden." - SANDRA BERNHOFER