MEIN KULTURGUT
von Michael Neureiter
Am Dürrnberg bei Hallein gibt es auch diese Besonderheit: Nicht Maria, sondern Rupert soll unter seinem Mantel Schutz bieten.

Der SchutzmantelRupert (um 1740) vom Dürrnberg, Hallein. BILD: SN/VERLAG ST. PETER, REINHARD WEIDL
Die Arbeit im Salzbergwerk ist gefährlich: So berichtet Franz Dückher in seiner „Saltzburgischen Chronica" 1666 - der ersten Salzburger Chronik auf Deutsch-davon, dass man 1567 und 1616 im Dürrnberger Salzberg ,,ein vollkommnen Man mit Fleisch, Haut und Haar" ausgehauen habe. Der Beruf des Knappen war voller Risiken.
Da ist zu verstehen, dass um 1740 für die Wallfahrtskirche Maria Dürrnberg eine lebensgroße Statue des „Knappenpatrons", des heiligen Rupertus, angeschafft wurde: Die seltene, vielleicht einmalige Darstellung des Schutzmantel-Rupertus zeigt ihn mit sechs schutzbedürftigen Bergknappen in der typischen Werkkleidung des 18. Jahrhunderts zu seinen Füßen, sein Pluviale (,,Rauchmantel") wird zum Schutzmantel für die Knappen, die betend Sicherheit suchen. Zwei Putti halten seinen Bischofsstab und sein Attribut (Erkennungszeichen), ein Salzfass. Der Künstler dieser qualitätsvollen Gruppe könnte Josef Anton Pfaffinger sein, ein führender Salzburger Bildhauer im 18. Jahrhundert.
Der Schutzmantel-Rupert hat noch eine andere Seite: Die Zeit um 1740 war besonders am Dürrnberg alles andere als einfach. 1732 hatte Erzbischof Leopold Anton Eleutherius von Firmian mit dem Emigrationsedikt 20.000 evangelische Salzburgerinnen und Salzburger aus dem Land gewiesen. 780 Personen vom Dürrnberg-protestantische Knappen mit ihren Familien-hatten zusätzlich ohne Zwang ihre Heimat verlassen, nur jeder zehnte Knappe soll geblieben sein. (Der Dürrnberg hatte mit Beginn 2022 826 Einwohnerinnen und Einwohner.)
Man versuchte, durch Ansiedler die verlassenen Höfe und den Bergbau zu retten. Dazu gab es Bemühungen zur Stärkung des katholischen Lebens: Es kam zu einer neuerlichen Einrichtung einer Augustiner-Mission. 1732 wurde das Gewölbe der Wallfahrtskirche ersetzt, es kam zur Erneuerung ihrer Einrichtung u. a. mit einem neuen Hochaltar. Und: Wenige Jahre nach der Dezimierung der Einwohnerinnen und Einwohner durch die Politik des Erzbischofs wurde mit dem Schutzmantel-Rupertus ausgerechnet der erste Salzburger Bischof als Beschützer der Bergknappen dargestellt!



Das Motiv der Schutzmantel-Madonna ist sehr alt: Das Mariengebet „Unter deinen Schutz und Schirm" taucht schon in einem griechischen Papyrusfragment aus dem 3. Jahrhundert auf. Im Mittelalter galt der Rechtsbrauch des Mantelschutzes, wonach man einer Person durch Bedecken mit seinem Mantel rechtlichen Schutz gewähren konnte. Das Marienlied ,,Maria, breit den Mantel aus" ist auf Flugschriften im Dreißigjährigen Krieg 1618/19 belegt, in Zeiten der Schutzbedürftigkeit wurde es vor allem von Söldnern verbreitet.
Die Darstellung der Schutzmantel-Madonna der Wallfahrtskirche Ptujska Gora (Maria Neustift) in Slowenien, 12 Kilometer von Ptuj (Pettau) entfernt, stammt aus 1410. Sie zeigt Maria mit 82 teilweise historischen Figuren jener Zeit. Das Pettauer Gebiet gehörte seit dem 9. Jahrhundert den Erzbischöfen von Salzburg, bis es 1555 durch die Habsburger in das Herzogtum Steiermark eingegliedert wurde.
Im Salzburger Land gibt es um die 20 Darstellungen der Schutzmantel-Madonna: Erst kürzlich konnte die Darstellung am Konradinum Eugendorf vor der Zerstörung gerettet werden.
Wie beim Schutzmantel-Rupert wurde das Schutzmantelmotiv auch auf andere Heilige übertragen. Die Bitte um ihre Fürsprache wurde mit der Darstellung der fürbittenden Hilfsbedürftigen verbunden. Besonders häufig war dies bei der heiligen Ursula der Fall, unter deren Mantel immer wieder die zehn Jungfrauen dargestellt werden.