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Durchs Himmelstor des Salzburger Bronzeschmieds

Der Dom zu Speyer ist die größte romanische Kirche der Welt mit einer der weltweit größten Domtüren – himmlisch schön geschaffen hat das Portal der Bildhauer Toni Schneider-Manzell. MEIN SALZBURG ANDERSWO VON WOLFGANG MACHREICH

Das Domportal eröffnete der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Helmut Kohl im Jahr 1971.

Rechts neben dem Türgriff erschlägt Kain den Abel; unterhalb der Klinke gibt Eva den Apfel an Adam, und über der Türschnalle reckt Mose die Steintafeln mit den Zehn Geboten in die Höhe. Die ganze Heilsgeschichte hat der Salzburger Bildhauer Toni Schneider-Manzell anhand biblischer Szenen auf die Außenseite des Hauptportals am Speyerer Dom geschmiedet: von der Erschaffung der Welt bis zu Jesu Auferstehung und seiner im Tympanon dargestellten Fürsorge als guter Hirte seines Schafsvolks.

Dass der Salzburger Künstler den Auftrag für dieses über acht Meter hohe, dreieinhalb Meter breite und sechs Tonnen schwere Speyerer Domtor bekommen hat, passt in mehrfacher Hinsicht gut: Erstens war Schneider-Manzell gebürtiger Deutscher, geboren 1911 in Manzell (deswegen sein von ihm selbst erweiterter Nachname) bei Friedrichshafen am Bodensee. Zweitens hatte er mit dem Bronzetor der Salzburger Franziskanerkirche und seinem ,,Tor des Glaubens" für den Salzburger Dom seine Portalschmiede-Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Und drittens bot sich der Sakralplastiker Schneider-Manzell vor allem durch seinen von der Fachwelt bescheinigten ,,noblen Umgang mit Traditionen, der neben altehrwürdigen Werken der Vergangenheit bestehen kann", für die Arbeit am altehrwürdigen Speyerer Dom an. Im Mittelalter war Speyer eine der wichtigsten Städte des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. So bedeutsam, dass der Ur-Habsburger Rudolf I. zum Sterben nach Speyer pilgerte. Und man wusste, dass die Türen des Kaiserdoms in Rheinland-Pfalz an der Grenze zu Frankreich einst wertvoll gestaltet waren. Doch dieser Glanz wurde in den französischen Revolutionskriegen zerstört, Holztüren mussten gut eineinhalb Jahrhunderte lang als Provisorium reichen. Bis Schneider-Manzell einen Künstlerwettbewerb gewann und in dreieinhalbjähriger Arbeit das beidseitig bildliche Portal gestalten durfte.

1971 eröffnete Helmut Kohl, der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident, spätere deutsche ,,Kanzler der Einheit" und St.-Gilgen-Urlauber (ein weiterer Salzburg-Bezug), das neue Domportal. „Nie zuvor hatte unser Dom ein so kunstvolles, dem Bauwerk so gemäßes und in seiner inhaltlichen Botschaft so reiches Portal", bedankte sich ein Speyerer Bischof für diese Himmelstür. Denn in Anlehnung an Jesu Selbstbeschreibung - „Ich bin die Tür, wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden“ - vergleicht die christliche Tradition das Durchschreiten des Kirchenportals mit dem Eintritt ins Himmelreich.

Doch so wie bei Jesu Geburtskirche in Bethlehem ist auch die eigentliche Eingangstür des Riesenportals in Speyer auf Menschenmaß zusammengestutzt. Im Heiligen Land wurde das Kleinmauern des Tors damit begründet, dass selbst das noble Reitervolk vom hohen Ross steigen musste, um zum Ursprung des christlichen Glaubens zu gelangen. Schneider-Manzell, der Theologie studiert und diese mit seinen Händen gepredigt hat, mag sich Ähnliches bei seinem Nadelöhr hinein in den Speyerer Domhimmel gedacht haben.