Wiewohl der große Theophrastus von Hohenheim einige Jahre in Salzburg praktiziert hat (1524 und 1540), hinterließ er im Medizinalwesen des Landes keine Spuren. Außer den hiesigen Badern ein von ihm zubereitetes Pflaster aus Antimon. MEIN BLICK ZURÜCK. VON HANS SPATZENEGGER

Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493-1541). BILD: SN/SPATZENEGGER
So beherrschten zu seiner Zeit Bader und „Chirurgen“ in und außerhalb der Badstuben die Szene und Quacksalber auf dem Land.In denAnfängen hatten sich die Klerisei und die obligaten Klosterapotheken auch um die leiblichen Nöte gekümmert. Die Erzbischöfe holten sich ihre Leibärzte von auswärts, die ebenso das Domkapitel und den Hofstaat mitbetreuten. Jener des Leonhard von Keutschach diente sogar Kaiser Friedrich III. und kostete demgemäß 100 Pfund Pfennig im Jahr, plus einem Knecht und zwei Pferden. Dieser Dr. Wenzel Brack verstarb dann tragischerweise selbst an der Pest. Brauchte man ein Fakultätsgutachten–etwa in einem Kriminalfall mit Gift –, landete die Leiche, reichlich geschüttelt, bei den Professoren in Padua (Papst Sixtus IV. hatte ja im 15. Jahrhundert das Sezieren schließlich freigegeben).
Um das Volk mühten sich weiterhin mehr oder weniger gekonnt Bader und Wundärzte, mit dem breiten Spektrum von der Zauberformel und wildesten Praktiken bis zu den seltsamsten Heilmitteln, Kräutern, dem Ausbrennen von Wunden, Pflastern sowie Salben aus den gewagtesten Mixturen mit Fingerhut, Meerzwiebeln, Eibischwurzeln, Honig … „Wanderärzte“ probierten es mit Wundern, assistiert vom „Salzburger Hanswurst“, zur Ablenkung beim Zahnziehen oder „Bruchschneiden“.
Die „Handwerksordnung“ 1472 regelte dann auch die wundärztliche Tätigkeit, inklusive Prüfungen: oberflächliche Verletzungen, Schröpfen und den „beliebten“ Aderlass. Immerhin waren also damit die Bader als „ehrliches Handwerk“ anerkannt. Von 1646 kennen wir die Tarife: So war für einen Verband bei Stich- oder Schussverletzungen ein Gulden (etwa 30 Euro) zu berappen, ebenso viel bei einem Arm- oder Beinbruch. Operative Eingriffe waren den „Chirurgen“ vorbehalten, wenn solche denn greifbar waren. Der „Stadtphysikus“ (schon seit dem 16. Jahrhundert) beaufsichtigte das Leprosen- und „Tollhaus“ sowie das Bürgerspital (fungierte aber als Altersheim) und war für alle Kriminalfälle zuständig. Mit der Zeit durften sogar verwitwete Frauen eine Badstube führen: etwa in Mülln und Saalfelden.
Eine besser geregelte Ausbildung hätte eine Medizinische Fakultät schaffen sollen, die bei der Neugründung der Universität 1622 sogar eingeplant war. Erst nach zehn Jahren jedoch trat der erste Mediziner an: Prof. Antonio Cola für Arzneikunde. Ausgerechnet im Pestjahr 1635 verabschiedete er sich jedoch wieder. Sein Nachfolger Padre Urban Steffanuzi – ebenfalls ein Italiener – blieb auch nicht viel länger.
Eine entscheidende Einführung stellte das Collegium Medicum (1679) dar, unter der Leitung des erzbischöflichen Leibarztes. Es sollte für die Kontrolle allfälliger Pfuscher („wider alle Stümper und Afterärzte“), im Seuchenfall und für das Dauerthema solidere Ausbildung zuständig sein.
Eine richtige Kranken-, auch Pilgeranstalt schuf dann Erzbischof Johann Ernst Thun 1695 in Mühlegg mit seinem eigenen Geld. Einen separaten Männer- und Frauensaal mit je 30 Betten und sieben Pflegern.Die Augustinerin Mülln und das landwirtschaftliche Gut in Taxham trugen zum Betrieb bei.
Viel Professionalität in allen Bereichen brachte der Leibchirurg von Erzbischof Colloredo, Dr. Johann Jakob Hartenkeil, 1787: reguläre Vorlesungen und Praktika (auch für Hebammen). Ab 1804 unterrichteten schon sechs Professoren Chirurgie, Arzneikunde, Geburtshilfe…Kaiser Franz II. löste dieses „Medicinische Studium“ 1807 auf und mit der Aufhebung der hiesigen Universität 1810 durch die bayerische Regierung war es auch um die Medizinische Fakultät geschehen; es verblieb eine Landärztliche Schule. In der Stadt ordinierten damals „sechs bürgerliche Bader und Wundärzte“. Lorenz Hübner führt sie in seiner Topografie mit den Uhrmachern, Bildhauern und Buchdruckern unter den „Künstlern“. Der letzte nicht akademisch ausgebildete „Wundarzt“ verstarb 1938 in Siezenheim.
Vier Wesenszüge verlangt Paracelsus von seinen ärztlichen Kollegen: Sie sollten Philosophen, Astronomen, Alchemisten sein und integer. „Den papierenen Büchern ist nicht zu trauen!“
Kurioses aus Salzburg
ΜΕΙΝΕ ΑΝΕΚDΟΤΕΝ VON HANS SPATZENEGGER
Der dichtende Bürgermeister
Ignaz Anton von Weiser, Textilhändler am Alten Markt, reimte daneben auch Texte für ein Oratorium und ein Singspiel, die von Vater und Sohn Mozart vertont wurden. Nach dem Ableben von Sigmund Haffner war er 1772, also vor 250 Jahren, einstimmig als dessen Nachfolger zum Bürgermeister gewählt worden. Ausgerechnet der Wunsch des damaligen Landesherrn Hieronymus Colloredo nach einem Umbau des Ballhauses in ein „Comödienhaus“ brachte ihn zu Fall. Denn der redliche Amtsträger mit der musischen Ader glaubte im Stadtsäckel nicht genügend Mittel für Theater und Bälle. So dachte übrigens auch der Abt von St. Peter, Beda Seeauer: „Für die vielen armen Leut wär ein Brothaus nöthiger!“ Weisertröstete sich mit einer Ode an den jungen Wolfgang Amadeus und einer späteren Straßenbenennung in Schallmoos.
Anton Faistauer in Morzg
Es war eine mutige Entscheidung des damaligen Bauerndorfes Morzg vor 100 Jahren, den noch unbekannten Pinzgauer Anton Faistauer mit der Ausmalung der Decke der Kirche zu betrauen: Ein Marienfresko sollte es werden. Und das gegen den Widerstand des bischöflichen Ordinariats! Der spätere Bundeskanzler Ignaz Seipel, damals seit 1909 Professor an der Theologischen Fakultät für Moraltheologie, vermochte die Herren Prälaten zu beruhigen, wie er schon vorher Erzbischof Balthasar Kaltner nahegelegt hatte, Faistauer mit einem Altarbild zu beauftragen. Immerhin wurde dieser dafür vom Militärdienst freigestellt. Als Honorar wurde vereinbart: Die Bauern liefern ein volles Jahr hindurch täglich zwei Liter Milch, wöchentlich ein Kilogramm Butter, einmalig 100 Kilogramm Mehl sowie ebenso viel Erdäpfel, 50 Kilogramm Obst und das nötige Brennholz. Was gar nicht so ungeschickt war, denn der Schwund der Kronenwährung war in diesen Jahren beträchtlich. Richtig berühmt wurde der Maishofner Meister dann durch seine Fresken im Festspielhaus (1929).
Uni-Löwe auf der Flucht?
Über 100 Mal kündet das Wappen von Fürsterzbischof Paris Graf Lodron vom Wirken des tatkräftigen Landesherrn (1619–1653): ein aufsteigender Löwe mit dem kapriziösen Brezelschweif. So auch auf der von ihm gegründeten Universität, seiner bleibendsten Leistung (so sein Biograf Prof. Reinhard Heinisch). Just zum 400-Jahr-Jubiläum hat sie sich ein neues Logo geleistet: „PLUS“ mit einem Löwen, der aber in die falsche Richtung läuft. Ein solches Wappen kennen wir jedoch schon vom Geschlecht der Strasser. Diese rangierten als Ritter allerdings weit unter dem Grafen (Lodron). Folglich also ein Gang ins MINUS? Die Wappenkunde ist ja allein schon deshalb so streng, weil sie dazu beiträgt, im Falle einer Schlacht Freund und Feind zu unterscheiden. Die abgeklärten Studiosi kommentieren den „Biergarten-Löwen“ im Jubiläumsheft der „Uni:Press“ (S. 61): „Wo das Neue eine Verschlechterung ist, kann die Vergangenheit mehr Zukunft enthalten als die Gegenwart.“