Journal Schule

Dem Herrn der Ringe auf der Spur

Nordische Mythen und Rituale dürften J. R. R. Tolkien bei seinem umfangreichen Werk über Hobbits, Magier und Elben beeinflusst haben. Eine Schülerin geht dem nach.
RICKY KNOLL

Gunda Kolator aus der 8E-Klasse des Akademischen Gymnasiums konzentriert sich in ihrer Fachbereichsarbeit u. a. auf die Literatur von J. R. R. Tolkien. BILD: SN/RICKY KNOLL

SALZBURG-STADT. Der Direktor Klaus Schneider des Akademischen Gymnasiums in Salzburg selbst hat den Grundstein gelegt für eine vorwissenschaftliche Arbeit zur Romantrilogie ,,Herr der Ringe". Im Mythologiemodul ist seine Schülerin Gunda Kolator auf den weniger bekannten Bereich der nordischen Mythen und Sagen aufmerksam geworden. „Die griechische Mythenwelt ist insbesondere im akademischen Bildungsbereich gut vertreten, viel weniger aber die nordische", beschreibt die Schülerin. Ihre Motivation hat eine zusätzliche Komponente bekommen durch das Lesen der Bücher von J. R. R. Tolkien. ,,Schon mit 13, 14 Jahren habe ich begonnen, die Bücher zu lesen. Sonst hätte ich nämlich die Filme nicht anschauen dürfen", erklärt sie. ,,Herr der Ringe" hat sie auf Deutsch gelesen, „Der Hobbit" auf Deutsch und Englisch.

Wie unschwer zu erkennen ist, ist Lesen eine ihrer liebsten Freizeitbeschäftigungen, später will sie auch in Deutsch maturieren. Aber Mythologien, alte Gedankenwelten, haben sie ebenfalls schon immer interessiert. In der sechsten Klasse besuchte sie daher das Modul „Mythologie und moderne Literatur", das eben Direktor Klaus Schneider hält.

Zusätzliches Wissen hat sich die 18-Jährige geholt-etwa aus anderen Texten jenen der Edda, der ursprünglich auf Altisländisch verfassten Sammlung von skandinavischen Götterund Heldensagen. „Hierzu habe ich eine Deutschübersetzung aus dem 19. Jahrhundert. Die zu lesen fällt mir aber nicht schwer." Ebenso hilfreich waren ihr Bücher von Rudolf Simek. Er forscht und lehrt u. a. zu germanischen Mythologien und Religionen, zu den mittelalterlichen Sprachen und Kulturen Skandinaviens, der Renaissance des 12. Jahrhunderts und ihrer Literatur, zu den religiösen, mystischen und visionären Texten des Hochmittelalters.

„Hier spielt auch die Geschichte herein. Einerseits die unserer realen Vergangenheit, denn Menschen haben schon früh begonnen, sich die Welt in Mythen zu erklären. Andererseits aber auch die umfangreichen von Tolkien zusätzlich erfundenen historischen Ereignisse, die in den Büchern miterzählt werden. Dazu hat er viele Elemente aus den Mythologien übernommen, die er offenbar schon als Jugendlicher gelesen hatte. Vieles davon findet sich in den Briefen aus seinem Nachlass", weiß Gunda Kolator.

Mythen, wie der Auszug des Helden, um sich zu bewähren, sind uralt. Ebenso Geschichten über Elben, Zwerge und Magier. „Aber was Tolkien tatsächlich erfunden hat, waren die Hobbits. Auch die Rolle dieser kleinen Wesen und wie sie zum Überleben der Menschheit beigetragen haben“, ergänzt der Direktor und verweist auf naturwissenschaftliche Untersuchungen bei Tolkien, die angestellt wurden.

Als Ziel für ihre vorwissenschaftliche Arbeit hat Gunda Kolator formuliert, Parallelen aufzuzeigen bzw. Vergleiche anzustellen zwischen den Mythen und ,,Herr der Ringe",,,eine große Inspirationsquelle", wie sie es selbst bezeichnet.

Näherkommen will die junge Salzburgerin aus dem Stadtteil Gneis diesem Ziel anhand konkreter Beispiele. Dazu behandelt sie die vier Symbole, die in den Büchern vorkommen: den Ring, als zentrales Objekt, den Totenkult, der bei Bestattungen und Hügelgräbern angewendet wird, das zerbrochene Schwert, das neu geschmiedet wird als Symbol der Hoffnung, das auch bereits im ,,Nibelungenlied" vorkommt, sowie das Totenheer und den König im Berg. „Das ist für Salzburg bedeutungsvoll wegen der Parallelen zu Kaiser Karl, der im Untersberg schläft. Und das damit einhergehende Totenheer, das auf die finale Schlacht wartet. Dort wird sich entscheiden, ob das Gute oder das Böse siegt, ob es gut für die Menschen ausgeht oder ob sie dem Untergang entgegengehen", erläutert sie.

Direktor Klaus Schneider betreut seine Schülerin bei der vorwissenschaftlichen Arbeit zu ,,Herr der Ringe" und den nordischen Mythen. BILD: SN/RICKY KNOLL
Direktor Klaus Schneider betreut seine Schülerin bei der vorwissenschaftlichen Arbeit zu ,,Herr der Ringe" und den nordischen Mythen. BILD: SN/RICKY KNOLL

Die mittlerweile verpflichtend abzugebenden vorwissenschaftlichen Arbeiten betrachtet der Direktor des Akademischen Gymnasiums als echte Vorbereitung für die Schülerinnen und Schüler, die möglicherweise ein Studium anschließen. „Sie sind damit gezwungen, sich systematisch auf die Uni vorzubereiten", betont er. Themenfindung, Literatursuche, Zitierregeln-damit haben Studierende später tagein, tagaus zu tun.

,,Fokussieren auf das Wesentliche und die Angst nehmen."
Klaus Schneider, Direktor

Im ersten Semester der siebten Klasse bietet das Akademische Gymnasium das eigene Modul ,,Vorwissenschaftliche Arbeiten" an. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler, wie sie am besten vorgehen und wie sie die Arbeit aufbauen können. Auch die behandelten Fragestellungen „Wie reiche ich ein Thema ein?", „Wie finde ich es?" bzw. „Wie schränke ich es ein?" erweisen sich dabei als hilfreich. „Vor allem die Fokussierung im Thema, das Herunterbrechen auf 20 Seiten, erweist sich meist als die größte Hürde", berichtet Schneider aus seiner Erfahrung. „Auch haben sie meist große Angst davor, ob sie überhaupt etwas zum gewünschten Thema finden."

Ist der erste Einstieg geschafft, geben die jungen Leute bis Anfang Dezember der siebten Klasse ein grob gefasstes Thema ab und benennen zwei Wunschbetreuer. „Eine Lehrkraft kann bis zu fünf Arbeiten betreuen. Idealerweise wählt man sich eine Lehrperson aus, die auch mit dem angepeilten Thema vertraut ist. So wie es bei meiner Schülerin Gunda Kolator der Fall ist. Sie hat mich beim Betreuerwunsch an erste Stelle gesetzt. Und meistens funktioniert dieses Matching. Denn es ist ja auch wichtig, dass die Harmonie zwischen den beiden passt." Die Fokussierung auf das Thema erfolgt schon mit der BetreuIdealerungsperson. weise beginnen die Schülerinnen und Schüler bereits im Frühjahr, also am Beginn des zweiten Semesters der siebten Klasse, mit den Arbeiten, wenn das Thema feststeht und die endgültige Genehmigung erteilt wurde. ,,Manche arbeiten bereits gern vor den Sommerferien, denn da sollte ja auch Platz für andere Pläne sein. Und Anfang des ersten Semesters der achten Klasse ist im besten Fall schon ein Großteil fertig." Denn bis zum Ende des ersten Semesters der achten Klasse stehen eine Reihe von Klausuren sowie mehrere Schularbeiten an, bevor es in die Maturavorbereitungszeit geht.

Abgabetermin für die vorwissenschaftliche Arbeit ist Ende der ersten Woche des zweiten Semesters der achten Klasse. Gleich nach Ostern erfolgen die Präsentation der Arbeit sowie die Benotung. Sie kann auch danebengehen, was selten vorkommt. Dennoch kann in allen anderen Fächern maturiert und die Arbeit nachgereicht werden. ,,Präsentieren ist ebenfalls eine hervorragende Übung für später. Es geht ja auch darum, die zeitlichen Vorgaben bei der Präsentation einzuhalten, je sieben bis acht Minuten Vortrag und anschließende Diskussion", merkt Schneider an. „Hier können wir Betreuungspersonen große Unterstützung geben. Schon allein durch den Hinweis, dass es zum Thema maximal zwei Personen im Raum gibt, die sich auskennen: Du, Schüler/Schülerin, und ich, Betreuer. So bekommen sie ein Gefühl dafür, Spezialist in dem Bereich zu sein."

Gunda Kolator ist übrigens guten Mutes, dass sich der Plan, bis Weihnachten mit allem fertig zu sein, ausgeht.