1. Internationales Großglockner-Rennen für Automobile und Motorräder

Mario Tadini auf Alfa Romeo von der Scuderia Ferrari, Sieger und Tagesbestzeit in der Rennwagenklasse.
Martin Schneeweiß aus Wien in der Motorradklasse über 500 cm³.

Das 1. Internationale Großglockner-Rennen für Automobile und Motorräder[1] fand am 4. August 1935, nur einen Tag nach der offiziellen Eröffnung der Großglockner Hochalpenstraße statt. Es war das erste von drei Großglockner Automobil- und Motorradrennen.

Einleitung

Beim ersten Großglockner Rennen gab die Prominenz des österreichischen Motorsports eine mächtige Demonstration ihrer Präsenz. So waren u. a. der Führer der Oesterreichischen Sport- und Turnfront, Vizekanzler Ernst Rüdiger Fürst Staremberg, der Generalsekretär der Sport- und Turnfront, Baron Theobald Syfferitz, der Gruppenführer für den Motorsport, Vizepräsident des Oe.A.C.[2], Arthur Graf Pachta-Rayhofen, der Präsident des Wiener Automobil-Clubs, Oberbaurat Ing. Dr. Franz Quidenus, der Präsident des Oe.A.C., seine Exzellenz Alexander Graf van der Straten-Ponthoz und andere Persönlichkeiten angereist.

Von Salzburg waren u. a. der Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl, der Erbauer der Straße Hofrat Franz Wallack, der Präsident des Salzburger Automobil Clubs, Baron Franz Preuschen, Rennleiter Justizsekretär Franz Stengl und der Generalsekretär des Salzburger Automobil Clubs, Ing. Botho Graf Coreth dabei. Im Artikel über Franz Stengl findet sich eine Schilderung von ihm, wie es zu diesem ersten Glocknerrennen gekommen war.

Es erschienen erstklassige Bewerber aus Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Ungarn, der Schweiz, den Niederlanden, der Tschechoslowakei, Belgien und England. Insgesamt 75 Fahrer standen am Start, von denen nur 13 durch Maschinendefekte ausschieden. Es waren 30 Motorradfahrer, 24 Sportwagenfahrer und 21 Rennwagenfahrer. Einige deutsche Spitzenrennfahrer waren zwar genannt worden, standen auch im Programmheft, erschienen aber nicht an der Rennstrecke: Der "Bergkönig" Hans Stuck (Auto Union Rennwagen) sowie die DKW Werksfahrer Walfried Winkler (Solomotorrad) und Toni Bauhofer (Beiwagen).

Die Absage des Bergmeisters v. Stuck und der offiziellen DKW-Fabriksmannschaft war bestimmend für so manchen anderen Fahrer, der sich ohne Konkurrenz sah und daher dem Rennen ferngeblieben ist. Nicht die Politik war hier ausschlaggebend— wie so vielfach angenommen worden war —, auch nicht der angeblich schlechte Zustand der Straßen, wir kommen vielmehr der Wahrheit näher, wenn wir auf zwei Umstände hinweisen: um sich würdig auf spätere schwere Konkurrenzen vorbereiten zu können, zog man es vor, die Nennungen für den Großglockner nicht zu verwirklichen, wozu auch noch der zweite Um-stand kommt, dass Mercedes die Auto-Union zu bestimmen vermochte, Stuck nicht starten zu lassen. Von österreichischer Seite wurde alles unternommen, die Zurückziehung der Nennungen zu verhindern.[3]

Trotzdem nahmen am ersten Glocknerennen auch viele ausländische Automobilrennfahrer teil: der Schweizer Christian Kautz auf Alfa Romeo, der Franzose Pierre Rey auf Bugatti, die Italiener Carlo Pintacuda und Mario Tadini von der Scuderia Ferrari auf Alfa Romeo, der Münchner Bobby Kohlrausch auf 745 cm³ MG, Roy Seaman aus England, London, auf E.R.A, der Zürcher Max Christen auf Maserati.

Bei den Motorradfahrern war die Situation umgekehrt: hier stellten die Österreicher das Gros mit den bergerfahrenen Martin Schneeweiß, Michael Geyer, Hermann Deimel und Otto Steinfellner an der Spitze, während nur wenige Ausländer teilnahmen. Unter den gemeldeten Beiwagenfahrern befand sich auch der Wiener Karl Abarth, der später als Carlo Abarth Renngeschichte in Italien schrieb. Er fiel allerdings im Rennen aus. Der sehr erfolgreiche Rudolf Runtsch aus Wien konnte nicht zum Start antreten. Nach einem Trainingslauf wurde er bei der Rückfahrt ins Tal beim Piffkar abgelenkt, rammte einen Begrenzungsstein und wurde über die Böschung geschleudert. Zwar konnte er noch selbst, mit einer Hand das Motorrad lenkend, ins Tal fahren, wurde aber dann von der Rennleitung ins Spittal nach Zell am See gebracht. Dort stellte man einen Schlüsselbeinbruch fest. Georg Mach, der "Beiwagenkönig der Sandbahn", der mit seinem Beiwagen antreten wollte, stürzte bei einem Trainingslauf und zog sich dabei eine Hüftprellung zu. Trotzdem nahm er dann am Rennen teil.

Damen beim Rennen

Auch Damen nahmen an diesem ersten internationalen Bergrennen teil: bei den Automobilen war es Miss Eileen Ellison auf Bugatti. Sie erreichte in der Rennwagenklasse bis 1 500 cm³ eine sehr beachtenswerte Zeit, wurde Vierte in ihrer Klasse und erhielt den Damenpreis.

 
Bild Mitte rechts Miss Eileen Ellison auf Bugatti.

Bei den Motorrädern war es Marie Wachter aus Bürs in Vorarlberg auf Puch 250 cm³, die als erste bei den Motorradklassen startete. Allerdings musste sie bei Hochmais aufgeben. Und eine Frau fuhr als "Schmiermaxe", als Beifahrerin, in einem Beiwagengespann mit: der aus Basel in der Schweiz stammende Hans Stärkle und seine Frau Cilly gewannen die Klasse Beiwagen bis 600 cm³.

 
Das Bild rechts unten zeigt die Vorarlbergerin Maria Wachter, die als Erste die Motorradkonkurrenz eröffnete.

Der Rennverlauf

Während am Tag vor dem Rennen das Wetter noch recht gut war, setzte in der Nacht vom Samstag auf Sonntag starker Regen ein, der bis Sonntag 09 Uhr Vormittag anhielt. Aber so war die sandgewalzte Straße wenigstens vollkommen staubfrei. Ein kräftiger Wind trocknete die freiliegenden Straßenteile gut auf und nur bei einzelnen Waldpartien war die Fahrbahn etwas nass.

Der Start befand sich für das erste Rennen noch im Dorf Fusch (damals bei Kilometer 7,3 der Straße). Auf der anfangs noch regennassen, 19,5 Kilometer langen Rennstrecke, damals noch größtenteils gewalzte Sandstraße, gewann in der 250-cm³-Klasse der Italiener Ramades Bianchi auf seiner Miller Balsamo. Der Schnellste war eigentlich der Salzburger Ludwig Zangerl auf Rudge gewesen, er wurde aber wegen eines Regelverstoßes (Hubraum) disqualifiziert. In der 350-cm³-Klasse gewann der Wiener Hermann Deimel auf Velocette mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 72,7 km/h. In der Halbliterklasse war Michael Gayer, ebenfalls ein Wiener, auf seiner Werks-Husqvarna-Zweizylinder erfolgreich und kam auf 75,4 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit. Die schnellste Motorradzeit absolvierte der damals noch nicht auf Sandbahnen spezialisierte und spätere erste Bahn-Europameister Martin Schneeweiß, ebenfalls aus Wien, in der Klasse über 500 cm³. Mit seiner Austro Omega (600 cm³ JAP Motor) schaffte er eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 76,55 km/h, was einer Zeit von 15:17,57 Minuten entsprach.

Höhepunkt bei den Automobilen war in Klasse der Rennwagen über 2 000 cm³ war die Fahrt des Italieners Mario Tadini, der mit seinem Alfa Romeo von der Scuderia Ferrari, in einer Zeit von 14:42,74 Minuten (79,58 km/h), der damit den absoluten Streckenrekord aufstellen konnte. Die zweitschnellste Zeit fuhr der Engländer Richard Dick Seaman (E.R.A.) mit 14:54,44 min., die drittschnellste der Züricher Hans Keß­ler (Maserati) mit 14:57,74 min., beide in der Rennwagenklasse bis 1 500 cm³, die viertschnellste der Deutsche Bobby Kohlrausch (M. G.) mit 15:10,30 min. in der Rennwagenklasse bis 1 100 cm³ und die fünftschnellste der Italiener Carlo Pintacuda (Alfa Romeo), ebenfalls von der Scuderia Ferrari, mit 15:15,69 min. in der Klasse Sportwagen bis 3 000 cm³, nur knapp zwei Sekunden schneller als der schnellste Motorradfahrer, nämlich Martin Schneeweiß.

Trotz des Fernbleibens der damals im Zenit des allgemeinen Interesses stehenden Marken Auto Union und Daimler Benz war das Großglockner Rennen 1935 ein glanzvolles Ereignis.

Die Preisverteilung fand am Sonntagabend im großen Festsaal des Hotels Zentral in Zell am See statt.

Ergebnislisten

Motorräder

  • Klasse bis 250 cm³:
1. Ludwig Zangerl, Salzburg, auf Rudge, 17:18,09 min. - 67,6 km/h - wurde wegen Hubraumüberschreitung aber nachträglich disqualifiziert
2. Radames Bianchi, Mailand, Italien, auf Miller Balsamo, 17:59,17 min.
3. Hermann Mäser, Vorarlberg, auf DKW, 18:32,71 min.
4. Franz Novotny, Wien, auf Puch, 18:24,92 min.
  • Klasse bis 350 cm³:
1. Hermann Deimel, Wien, auf Velocette, 16:05,71 min. = 72,7 km/h
2. Otto Steinfellner, Wien, auf NSU, 16:12,23 min.
3. Hubert Hubmann, Graz, auf Velocette, 16:42,04 min.
  • Klasse bis 500 cm³:
1. Michael Gayer, Wien, auf Husqvarna, 15:30,98 min. = 75,4 km/h
2. Josef Hofmann, Salzburg, auf Sarolea, 16:45,16 min.
3. Otto Ceconi, Villach, auf Norton, 17:00,63 min.
  • Klasse bis 1 000 cm³:
1. Martin Schneeweiß, Wien, auf Austro Omega, 15:17,57 min. = 76,7 km/h, Tagesbestzeit bei den Motorrädern
2. Hans Kaufmann, Zürich, Schweiz, auf NSU, 15:25,66 min.
3. Anton Untermarzoner, Innsbruck, auf NSU, 16:01,79 min.
4. Wilhelm Melichar, Wien, auf BMW, 17:04,32 min.
 
Das Bild zeigt den Schweizer Hans Stärkle, der mit seiner Frau als Beifahrer die schnellste Zeit in der Beiwagenklasse fuhr.
  • Klasse Beiwagen bis 600 cm³:
1. Hans Stärkle, Basel, Schweiz, auf NSU, 16:31,82 min. = 70,83 km/h
2. Gyula Phato, Budapest, Ungarn, auf NSU, 18:59,14 min.
3. Georg Müller, Wien, auf Gillet Herstal, 35:59,34 min.

Automobile

  • Klasse Sportwagen bis 1 100 cm³
  1. Luigi Villoresi, Mailand (Fiat) 18:23,50 min. = 63,643 km/h
  2. O. Capelli, Mailand (Fiat) 19:20,13 min.
  3. G. Mainardi, Genua (Fiat) 21:10,37 min.
  4. Walter Wustrow, Wien (M. G.) 21:31,98 min.
  5. E. A. Cornelius, Arnhem (Auto-Union DKW) 28:12,86 min.

Ausgeschieden: Franz Falk, Gösting (Austin).

  • Klasse Sportwagen bis 1 500 cm³
  1. genannt von Johnny Graf Lurani-Cernuschi aus Italien, Fahrer Strazza, Maserati 1500, 16:09,74 min. = 72,445 km/h
  2. F. Schmidt, Fahrer Bruno Sojka, Jägerndorf (Bugatti) 14:45,66 min.
  3. Giuseppe Girelli, Ve­rona (Alfa Romeo) 17:36,34 min.
  4. Thomas Clarkes, Eng­land (Aston Martin) 20:08,34 min.
 
Scuderia Ferrari, Fahrer Carlo Pintacuda, Modena, Italien, auf Alfa Romeo 3000, Sieger der Klasse bis 3 000 cm³.
  • Klasse Sportwagen bis 3 000 cm³
  1. Scuderia Ferrari, Fahrer Carlo Pintacuda, Modena, Italien, auf Alfa Romeo 3000, 15:15,69 min. (76,720 km/h)
  2. Zdenek Pohl, Libneves, Tschechoslowakei, auf Bugatti 2300, 16:09,01 min.
  3. Carl von Pretz, Bozen, Italien, auf Alfa Romeo 2600, 16:38,31 min.
  4. Ing. Wilfried Proskowetz, Kvasice, Tschechoslowakei, auf Bugatti 2286, 17:05,80 min.
  5. Graf Francois de Bremond, Paris, Frankreich, auf Alfa Romeo 3000
  6. Paul Cocange, Angleur lez Liege, Belgien, auf Bugatti 2300
  7. Johann von Biro, Budapest, Ungarn, auf Alfa Romeo 2300
Nicht gestartet oder gewertet: Dr. Ing. Karl Imhof, Böckstein, auf Bugatti 2300
  • Klasse Rennwagen bis 1 100 cm³
  1. Bobby Kohlrausch, München, Deutschland, auf MG 745, 15:10,30 min. (77,142 km/h)
  2. Georg Pohl, Libneves, Tschechoslowakei, auf MG 745, 16:44,62 min.
  3. Harry Herkuleyns, Amsterdam, Niederlande, auf MG 746, 20:10,03 min.
  4. Robert Fleischanderl, Waidhofen an der Ybbs, Österreich, auf Amilcar 1100, 22:04,22 min.

Walter Bäumers Wagen überschlug sich und er musste zu Fuß zum Start gehen. Robert Fleischanderl verunglückte auf seiner Heimfahrt in die Steiermark schwer bei einem Verkehrsunfall.

  • Klasse Rennwagen bis 1 500 cm³
  1. Richard Dick Seaman, London, Großbritannien, auf E.R.A. 1500, 14:54,44 min. (78,522 km/h)
  2. Hans Keßler, Zürich, Schweiz, auf Maserati 1500, 14:57,74 min.
  3. genannt vom Könglich-Ungarischen Automobilclub, Fahrer Alexander Wilheim, Budapest, Ungarn, auf Bugatti 1495, 16:51,51 min.
  4. Miss Eileen Ellison, Great Shelford, Großbritanien, auf Bugatti 1496, 17:41,87 min.
  5. Alexander James Cormack, Edinburgh, Schottland, auf Alta 1496
  6. Gigi Platé, Genua, Italien, auf Talbot 1500
ausgeschieden: Rudolf Steinweg, München, Bugatti; Franco Sardi, Genua, Maserati;
  • Klasse Rennwagen bis 2 000 cm³
  1. Max Christen, Zürich, Schweiz, auf Maserati 2000, 15:55,74 min. (72,123 km/h)
  2. "Blackshirt" (Sachsel), Wien, Bugatti, 16:54,63 min.
  3. Nereo Pertile, Padua, Italien, auf P.N. 2000, 16:57,62 min.
  4. Hans Muschik, Wien, auf Bugatti 1995, 17:40,44 
  • Kategorie A, Rennwagen über 2 000 cm³
  1. Mario Tadini, Modena, Italien, auf Alfa Romeo 3200, 14:42,74 min. (79,58 km/h), Tagesbestzeit, Streckenrekord
  2. C. U. Renato Balestrero, Genua, Alfa Romeo, 15:26,25 min.
  3. Juan E. Zanelli, Nizza, National-Nizza, 15:36,93 min.

Sonstige Ereignisse rund um den Renntag

Die "Salzburger Chronik" schreibt am 2. August:[4]

Mit dem Flugzeug zum Großglockner-Rennen Die Salzburger Flughafenleitung hat ein Flugzeug ge­chartert, um zum Großglockner-Rennen zu fliegen. Es sind noch drei Plätze frei, so daß auch noch weiteren Interessen­ten die Möglichkeit geboten ist, das gigantische Bergrennen aus der Luft mitzumachen. Der Preis für den Flug beträgt 95 S pro Person. Der Abflug erfolgt am Sonntag vormit­tag. Auskünfte erteilt die Flughafenleitung. (Tel. 162.)

Bildergalerie

Bericht in der Österreichische Auto-Rundschau, Ausgabe vom 16. August 1935
Allgemeine Automobil-Zeitung, Ausgabe vom August 1935

weitere Bilder

  1. Internationales Großglockner-Rennen für Automobile und Motorräder – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im SALZBURGWIKI

Karten

 
Der Verlauf der Rennstrecke des 1. Internationales Großglockner Rennens auf der Großglockner Hochalpenstraße. Bei den beiden anderen erfolgte der Start dann nicht mehr in Dorf Fusch, sondern bei der Mautstelle Ferleiten.
 
Das Längen- und Höhenprofil der Rennstrecke.
über das erste Rennen 1935, 2:30 min Video

Weblinks

  • www.technischesmuseum.at, Bilder online
  • ANNO, "Der Montag", Ausgabe vom 5. August 1935, ein Rennbericht auf Seite 1 und 2
  • ANNO, Club-Organ des Oesterreichischen Touring-Club, August 1935, Heft 8, neunseitiger Bericht mit vielen Bildern

Quellen

Einzelnachweise

  1. Titel laut Originalrennprogramm 1935, einzusehen in der digitalen Sammlung des technischen Museums Wien unter www.technischesmuseum.at
  2. Oesterreichischer Automobil Club, wie er damals noch hieß
  3. ANNO, "Österreichische Auto-Rundschau", Ausgabe vom 16. August 1935, Seite 14
  4. ANNO, "Salzburger Chronik", Ausgabe vom 2. August 1935, Seite 4
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