Dialogreihe "Leben im Welterbe"

Aus SALZBURGWIKI
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Die Dialogreihe "Leben im Welterbe" wurde 2017 von der Planungsabteilung der Stadtgemeinde Salzburg begonnen.

Geschichte

Dabei wird die Geschichte des jeweiligen Salzburger Stadtteils aufgearbeitet, zugleich werden Entwicklungsperspektiven aufgezeigt. Begleitet wird der Dialog von Bürgerbefragungen, Interviews, Vorträgen, Ausstellungen und Stadtteilführungen. Als Ergebnis erschien 2019 in der Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg ein Buch über Mülln. Spannenden Lesestoff über zwei weitere Welterbequartiere bietet auch das Buch, das nach Abschluss des zweiten Stadtteildialogs zu Kaiviertel und Nonntal erschienen ist. Am Mittwochabend, den 29. März 2023, wurde die reich bebilderte, 500 Seiten starke Publikation im Haus der Stadtgeschichte präsentiert.

Erste umfassende Stadtteilgeschichte für Kaiviertel und Nonntal

"Erstmals liegt eine umfassende Stadtteilgeschichte für das Kaiviertel und für das Nonntal vor", betont Herausgeber und Mitautor Peter F. Kramml. Einführende Beiträge zeichnen die städtebauliche Entwicklung des Kaiviertels und der ehemaligen Vorstadt Nonntal seit dem Mittelalter nach. Die römische Vergangenheit wird ebenso dargestellt wie die Entwicklung vom Mittelalter bis heute. Ein Beitrag ist den Universitätsbauten gewidmet, die beide Viertel prägen. Umfassend wird auch der Quartiersdialog dargestellt.

Das Kaiviertel sei bereits in römischer Zeit Siedlungsgebiet gewesen und habe sich im Mittelalter zu einem geistlichen Zentrum und zugleich zu einem Handwerksviertel entwickelt, erklärt Kramml. Wichtige Betriebe waren die Schmiede und das Rapplbad an der Stadtmauer, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Hans Rappl war 1511 erzbischöflicher Leibbarbier und befreundet mit dem Arzt Paracelsus, der 1524/1525 im Nachbarhaus (Pfeifergasse 11) wohnte.

"Das Kaiviertel war durch Jahrhunderte von geistlichen Spitälern sowie von Höfen der Salzburger Eigenbistümer und wichtigen auswärtigen Klöstern geprägt", betont Kramml und verweist auf den Chiemseehof, den heutigen Sitz der Landesregierung. Vor 1600 begann die Pfeifergasse am Waagplatz. "Rechts und links säumten Bürgerhäuser, Wirtshäuser und eine Brauerei die Gasse."

Mit dem Abriss zahlreicher Gebäude und der Bautätigkeit unter Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau änderte sich das Aussehen des Kaiviertels massiv. "Es wurde zu einem Viertel der Salzburger Domherren", betont Kramml. Sie wohnten früher im Domkloster, doch nach der Säkularisation des Domkapitels wurden sie Weltgeistliche. "Jeder der 24 Domherren wollte seine eigene Residenz, nach der Reihe entstanden an der Kapitelgasse prächtige Häuser." So befanden sich etwa im heutigen Gebäude der Bildungsdirektion am Mozartplatz drei große Domherrenhöfe. Nach dem Ende des Erzstifts wurden die Höfe zu Beamtenburgen, die später durch die Altstadtuniversität eine neue Nutzung erfuhren.

Große Debatte in den 1890er-Jahren wegen Justizgebäude

Mit der Regulierung der Salzach und des Rudolfskais in den 1890er-Jahren entbrannte eine kontroversielle kommunalpolitische Debatte über ein staatliches Großbauprojekt: die Errichtung eines neuen Justizgebäudes. Historiker Thomas Weidenholzer zeigt auf, dass es dabei nicht nur um die Kostenbeteiligung der Stadt ging, sondern auch um den Standort. Das Ministerium präferierte aus Kostengründen ein Areal an der Westbahnstraße (heute Rainerstraße) und fand Unterstützer in Gewerbetreibenden der Neustadt, darunter waren auch der Besitzer der Stieglbrauerei, Heinrich Kiener, und Georg Jung vom Grand Hotel de l'Europe. Die Kaiviertler und Nonntaler gründeten eine Bürgerinitiative und setzten sich schließlich durch.

Themen in Nonntal: Sport, Bildung und Kultur

Sport, Bildung und Kultur sind die drei großen Themenbereiche im Nonntal. Richtungsweisend wurde der Erwerb der sieben Hektar großen Berchtold-Gründe durch die Stadt im Jahr 1929. Verkäufer war der ehemalige österreichisch-ungarische Außenminister Leopold Berchtold. Er knüpfte den Verkauf an die Bedingung, dass auf dem Gelände Sportplätze und Bildung eine Heimat finden sollten. Historiker Andreas Praher zeigt in seinem Beitrag über die "Sportstadt Nonntal" die Anfänge der Salzburger Sportvereine, insbesondere der Fußballvereine, die bis 1921 auf einem Exerzierfeld der Hellbrunner Kaserne ihre Spiele austragen mussten, weil es keinen Fußballplatz gab. Mithilfe des Klubpräsidenten Ferdinand Morawetz gelang es dem 1914 gegründeten SAK, der im Bürgertum und in Teilen der Aristokratie verwurzelt war, 1921 auf den Berchtold-Gründen einen ersten Fußballplatz zu eröffnen. Ein Jahr später musste Morawetz seinen Verein wegen des Arierparagrafen verlassen - er hatte eine jüdische Mutter. Morawetz starb 1938 nach offizieller Darstellung an einem Hirnschlag. Er war kurz vor dem Novemberpogrom in die Landesheil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke in Linz eingeliefert worden.

1900 stand ein Elefant auf der Nonntaler Hauptstraße

Bis zur Kanalisierung in den 1890er-Jahren war das Nonntal im Bereich der heutigen Nonntaler Hauptstraße Überschwemmungsgebiet der Salzach und des Hellbrunner Bachs. Dementsprechend wenig wurde dort gebaut. Der Bereich des Äußeren Nonntals wurde landwirtschaftlich genutzt. Mit der 1689 eingeweihten Erhardkirche, dem "kleinen Dom", habe sich das Domkapitel selbst gefeiert, sagt Kramml. Der Vorplatz wurde 1725 zum Friedhof.

Gabriele Goffriller hat ein Kapitel über den "Nonntalerwirt" verfasst. Das Gasthaus, das im vierten Gebäude nach der Erhardkirche beheimatet war, bestand fast 700 Jahre lang und schloss erst 1967 als Frühstückspension die Pforten. Zum Gasthaus gehörten Gärten, Stallungen und eine Wagenremise, in der im August 1900 sogar ein Elefant "einkehrte". Das Tier eines Menageriebesitzers war in der Remise untergebracht. In der Nacht auf den 10. August riss der Elefant aus und stand um 02 Uhr vor der Bäckerei von Florian Goldberger in der Nonntaler Hauptstraße. In der "Salzburger Chronik" stand zu lesen: "Als der Wärter den noch immer beim Goldberger stehenden Elefanten in Empfang nahm, hatte derselbe bereits mehrere vom Bäckergehilfen überreichte Semmeln verspeist sowie zwei vor dem Backhause stehende kleine Bäume mit seinem Rüssel stark beschädigt."

Information

In der Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg ist eine umfassende Dokumentation und Analyse des Kaiviertels und des Nonntals erschienen. Mit Beiträgen von von Jutta Baumgartner, Christoph Braumann, Robert Ebner, Gabriele Goffriller, Lisa Huber, Peter F. Kramml, Felix Lang, Andreas Praher, Astrid Stollnberger und Thomas Weidenholzer.

Quelle

  • www.sn.at, 31. März 2023: "Ein Elefant in der Stadt Salzburg: Neues Buch über die Geschichte von Kaiviertel und Nonntal", ein Beitrag von Barbara Haimerl