SN.AT / Leben

Genusshobby für Genussmomente

In den Teichen vor Romeo Schermanns Haus in Mariasdorf schwimmen Störe. Ihr Fleisch wird ebenso verkauft wie ihr Rogen - der Kaviar.

Stör (Symbolbild)
Stör (Symbolbild)

Sie sind die größten Süßwasserfische der Welt und lebende Fossilien. Laut WWF bewohnen sie die Erde bereits seit mehr als 200 Millionen Jahren. Sie existierten also schon, als es noch Dinosaurier gab. Gemeint sind Störe. Ihre Oberseite ist braun, grünlich oder blauschwarz gefärbt, die Seiten und der Bauch sind meist heller. Störe haben einen spindelförmigen Körper und ein langes, oft leicht nach oben gebogenes Maul, an dessen Unterseite sich vier Barteln befinden - empfindliche Sinnesorgane. Störe erkennt man auch an ihren länglich verlaufenden Knochenplattenreihen auf dem Rücken und ihrer asymmetrisch gegabelten Schwanzflosse. Diese urtümlichen Fische haben es Romeo Schermann angetan.

Vor elf Jahren ist der Besitzer einer Plakatwerbefirma in Mariasdorf auf ein Haus gestoßen, zu dem große Teiche gehören. Das Ensemble gefiel ihm, er kaufte es. Aber was tun mit den Teichen? Etwas Sinnvolles sollte es sein. Da erinnerte sich Schermann an seine touristische Ausbildung. "Ich habe bereits in jungen Jahren Kaviar kennengelernt und hatte somit etwas Ahnung vom Produkt, das mich schon immer interessiert hat. Ebenso esse ich sehr gerne das Filet vom Stör, ein hervorragendes Geschmackserlebnis", erzählt Schermann.

Rund 4000 Störe in Teichen

Walter Grüll aus Grödig bei Salzburg machte es vor. Er ist Österreichs erster echter Störkaviar-Produzent. Schermann fragte sich, ob so eine Zucht, wie Grüll sie betreibt, auch im Burgenland möglich ist. Ein halbes Jahr war Schermann weltweit unterwegs und sammelte Know-how. Danach bereitete er seine Teiche für Störe vor. Er modernisierte sie und hob sie aus, damit sie den bis zu zwei Meter langen und rund 70 bis 80 Kilogramm schweren Fischen genügend Platz bieten.

Was 2013 mit zwei großen und drei kleineren Teichen begann, hat sich bis heute auf zehn große und zwei kleine Teiche ausgeweitet, verteilt auf zwei Standorte. Darin tummeln sich aktuell rund 3000 bis 4000 Störe in allen Altersstufen. Nach der Neubesetzung der Teiche im Herbst werden es circa 10.000 Fische sein. "Wir haben zwei, drei Jahre Störe selbst nachgezogen. Da die kleinen Störe aber viele Fressfeinde haben, haben wir das wieder sein lassen", schildert Schermann. Stattdessen kauft er in der Nähe von Mailand Fische, die rund eineinhalb Jahre alt sind. Mit drei, vier Jahren lässt sich mithilfe von Ultraschall das Geschlecht der Störe ermitteln. Die Rogner und Milchner, also die Weibchen und Männchen, kommen in getrennte Becken. Die Milchner, für die Kaviar-Produktion aus biologischen Gründen unbrauchbar, werden nach und nach getötet und filetiert. "Störfilet ist sehr begehrt", sagt Schermann. "Hauptabnehmer sind Restaurants in einem Umkreis von 100 Kilometern um Mariasdorf. Das Fleisch ist sehr fest, ähnlich wie Hai oder Thunfisch, nur weiß und ohne Gräten."

Kaviar – gewaschen, sortiert, gesalzen und abgefüllt.
Kaviar – gewaschen, sortiert, gesalzen und abgefüllt.
In Teichen wie diesem wachsen die Störe heran.
In Teichen wie diesem wachsen die Störe heran.

Die Rogner hingegen dürfen noch länger in den Teichen schwimmen. Im Alter von sieben bis acht Jahren werden sie geschlechtsreif, dann befinden sich Eier - der Rogen beziehungsweise Kaviar - in ihren Bäuchen. "Bei uns sind es etwa 0,5 bis 2,5 Kilogramm Kaviar pro Fisch", erklärt Romeo Schermann. Anders als etwa bei Forellen, die mit der Hand vorsichtig von vorn nach hinten abgestreift werden, damit die Eier aus der Geschlechtsöffnung austreten, ist diese Methode bei Stören nicht üblich, da nur unreife Eier stabil genug sind, die folgenden Produktionsschritte zu überstehen. Zwar gibt es inzwischen auch ein Verfahren, Kaviar aus abgestreiften Eiern herzustellen, ohne die Störe zu töten. Schermann muss seine Rogner dennoch schlachten. Er verweist in diesem Zusammenhang auf das österreichische Tierschutzgesetz, wonach Kaviar nicht von lebenden Fischen entnommen werden darf. "Eine Anpassung des Gesetzes wäre wichtig", findet Schermann.

Rund 100 Kilo Ertrag

Geerntet werden die Eier vom Herbst weg bis ins Frühjahr. Nach der Entnahme werden sie gewaschen, mit der Pinzette aussortiert und gesalzen. "Aber nur so viel Salz, dass die Konservierung passt. Borax, ein Konservierungsmittel, verwenden wir nicht", betont Schermann. Anschließend wird der Kaviar in verschieden große Dosen und Gläser abgefüllt. Familie und Freunde unterstützen Schermann bei der Produktion. Aus den Eiern seiner Sibirischen Störe bietet er Imperial Caviar und Imperial Supreme an. Seine Russischen Störe liefern Ossietra Caviar, der Almas Caviar stammt von den Albino Sterlets. "Er war früher nur dem Schah von Persien vorbehalten", erklärt der Kaviar-Hersteller. "In Summe produzieren wir etwa 100 Kilogramm im Jahr. Die Produktion ist also eine Liebhaberei. Es ist mein Genusshobby."

"Die Störe fressen Naturnahrung und Presskuchen."
Romeo Schermann
Kaviar-Produzent

In den Genuss von Kaviar von Romeo Caviar, wie Schermann sein Unternehmen genannt hat, kämen Privatabnehmer und Gäste von einigen Gastronomiebetrieben, darunter welche mit Hauben und Michelin-Sternen, sagt Schermann. Ein bisschen Kaviar geht zudem in den Export nach Europa, Dubai und Thailand. "Der Geschmack des Kaviars meiner Störe kommt sehr nahe an den von Wildfang", sagt Schermann und weist darauf hin, dass Störe in freier Wildbahn nicht mehr gefangen werden dürfen, weil sie so selten sind. Den Geschmack führt der Burgenländer auf das Futter seiner Fische zurück. "Sie fressen zu 60 Prozent Naturnahrung aus den Teichen und zu 40 Prozent Kürbispresskuchen, der pflanzliches Eiweiß liefert. Fischmehl, das für einen fischigen Geschmack sorgt, bekommen sie nicht."