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Grüll: Das kreative Netzwerk des Fischers und Kaviarproduzenten aus Grödig

Walter Grüll gibt keine Ruhe: Nach Kaviar-Wodka, Fischwürsten und Schuhen macht er jetzt Seifen, Garnelenpulver, Garum und Shrimp-Wodka.

Walter Grüll mit zwei seiner Getreuen vor dem Austernbecken: Sommelier Lubo und Seebär Christian.
Walter Grüll mit zwei seiner Getreuen vor dem Austernbecken: Sommelier Lubo und Seebär Christian.
Der Shrimp Vodka.
Der Shrimp Vodka.

Austrian Shrimp Vodka. Das Produkt klingt ziemlich international. Der Grödiger Fischhändler Walter Grüll hält es uns vor die Nase. Es ist eine seiner jüngsten Produktinnovationen, zu denen auch Cashewnüsse zählen, die er mit Garnelenpulver ummantelt hat. Dieses Pulver gibt es auch als Gewürz für Nudeln, Suppen und vieles mehr, was im Handumdrehen nach Meer schmecken soll. Dann hat er noch eine Kaviarseife ertüftelt und die antike Hochleistungsfischsauce Garum zu einer Geschmacksexplosion namens Störum umfunktioniert.

"All diese Produkte sind das Ergebnis von jahrelangem gemeinsamem Herumspinnen", sagt Grüll. Der Austrian Shrimp Vodka zum Beispiel ist eine konsequente Fortsetzung seiner Zusammenarbeit mit dem Lungauer Destillateur Walter Trausner. Der gelernte Koch hat in Mauterndorf mit Grüll schon Wodka mit Kaviar der Lachsforelle gebrannt. Dann hat er noch Fischeier vom Beluga-Stör und vom weißen Albino-Stör hochprozentig abgefüllt. Und spätestens nachdem die beiden mit dem "White Pearl" einen Wodka abgefüllt haben, der mit Austern aus Grülls Salzwasserbecken in Grödig gebrannt wurde, durfte man gespannt sein, was die Grödig-Mauterndorf-Connection als Nächstes präsentiert. Mit dem Austrian Shrimp Vodka legen sie ihr bislang ambitioniertestes Projekt aus regionalen Zutaten vor.

"Von mir stammt die Grundzutat und ein Teil der Gewürze", sagt Grüll. Also die Tiroler Süßwassergarnelen, die er schonend zu einer Art Gewürzpulver dehydriert. "Das besteht zu 97 Prozent aus Garnelen. Die restlichen drei Prozent sind Salz aus Salzburg, Cayennepfeffer und Paprika." Dieses Grundprodukt verkauft er auch - wie bereits erwähnt - als Gewürz für die Küche. Dieses Produkt hat er nach der fünften Geschmacksrichtung benannt, die erst im Jahr 2000 wissenschaftlich bestätigt wurde: umami. Dieser Geschmack wird offiziell so erklärt: Umami schmeckt nicht süß, nicht sauer, nicht salzig und auch nicht bitter. Er schmeckt eben nur umami. Das ist japanisch für "wohlschmeckend" und mehr muss man als Genießer oft gar nicht wissen.

Ein weiterer Verwendungszweck dieses Pulvers sind die bereits erwähnten Cashewnüsse, die Grüll mit diesem Pulver ummanteln lässt. Und auch für diese Kooperation greift er auf die Kompetenz eines regionalen Betriebs zurück. Das ist die Firma Plank, die in Grödig bereits seit mehr als 60 Jahren Nüsse röstet.

Und weil aller guten Dinge eben drei sind, wird der Rest des Garnelenpulvers von Walter Trausner mit Anis, Dill, Zitrone und Paprika in Fässern aus Zedernholz eingemaischt.

Und auch der Garnelenwodka führt uns zu einem weiteren regionalen Vorzeigebetrieb. Den destilliert Trausner nämlich aus Maismehl von der Gollinger Lerchenmühle. Auf den Mais setzen Grüll und Trausner deshalb, weil Garnelen im Mittelmeerraum oft mit Polenta serviert werden. Wer von diesem Wodka kostet, wird es kaum glauben, dass diese exotische Weltneuheit ausschließlich mit Zutaten aus Salzburg und Tirol destilliert wurde.

In Kooperation mit dem Grödiger Metzger Stephan Fuchs entstanden schon vor Jahren Fischwürste, deren Namen im Gegensatz zu veganem Fleischersatz erfrischend ehrlich sind. Herausgekommen ist nun ein recht umfassendes Sortiment. Derzeit sind Frankfurter aus Lachsfilets (Laxfurter) und Weiß- sowie Fischbratwürste aus Welsfilets im Angebot. Sogar Leberkäse (wahlweise aus Lachs- oder Welsfilets), Käsekrainer und Jausenstangerl (Fjordjäger) aus Lachs gibt es schon bei in Grülls Geschäft in Grödig.

Wie wenig der Fantasie des Fischers Grenzen gesetzt sind, beweisen aber auch die Schoko-Kaviar-Pralinen, die er mit dem Salzburger Koch Harald Huber vom Lieferinger Restaurant Fischerwirt als Naschwerk ersonnen hat.

Grüll setzt aber auch schon länger nicht mehr nur auf Lebensmittel. Mit einem Betrieb im benachbarten Bayern stellt er aus Störhäuten Gürtel, Schuhe, Brieftaschen, Brillen- und Kartenetuis auch Erlebnismittel her. Um seine Philosophie von der hundertprozentigen Verwertung des Störs, der bei ihm 20 Jahre lang friedlich alt werden darf, in die Tat umzusetzen, geht er jetzt noch einen Schritt weiter. Was die meisten nicht wissen: Grüll verkaufte jahrelang nicht unerhebliche Mengen an Kaviar an eine Schweizer Kosmetikfirma, die daraus Cremen für die oberen Zehntausend produzierte. Diese Kooperation hat er nun beendet, stattdessen realisierte er nun ein "abgespecktes" Produkt mit der Salzburger Kosmetikfirma Varga. Deren Chef Karl Varga junior komponierte für Grüll eine Kaviarseife aus Ovarien. Das sind die fetten Hüllen des Kaviars, also Fischtalg. Dieser wird ausgekocht und mit Zitronenölen, Kokosöl und Olivenöl zu einer betörend duftenden schwarzen Seife gepresst.

Was jetzt als Nächstes kommt? Walter Trausner hätte schon eine Idee: "Wir wollten schon einmal einen Wodka auf der Basis einer Bouillabaisse, das ist die legendäre Meeresfrüchtesuppe aus Marseille, destillieren. Dann kam die Pandemie dazwischen." Kein Mensch kann sich vorstellen, dass jemand so etwas braucht. Aber Trausner und Grüll lächeln sich an und es wird klar: Fortsetzung folgt.

Garum wird zu Störum:
Die antike Fischsauce wird revolutioniert


Historiker wissen: Ohne die Würzsauce Garum hätte man römische Legionäre kaum dazu bewegen können, ihre Heimat zu verlassen. Jeder hatte sein Fläschchen dabei. Es war wohl das erste Maggi.

Walter Grüll fertigt diese Sauce ausschließlich mit Resten, Karkassen und Köpfen vom Stör an. Das Produkt, das in 14 Tagen verkaufsfertig ist, taufte er Störum. Für drei Liter benötigt er 15 Kilogramm Fischteile und zehn Kilogramm Salz. Die dabei entstehende Flüssigkeit wird mit Eiweiß geklärt. Die erste Verkostung bewies: Jeder Tropfen ist eine Geschmacksexplosion.

Garum wird zu Störum.
Garum wird zu Störum.


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