Dahoam - Der Frühling sprießt

Wiege in Mirabell, Thron in Athen

So wie die Großmächte seine Geburtsstadt Salzburg nach den Napoleonischen Kriegen zur Verschubmasse degradierten, war König Otto I. von Griechenland Spielball internationaler Politik.

Das griechische Parlament in Athen, einst Schloss von Otto und Amalia. Die EvzonenSoldaten waren Ottos Leibgarde.

Sein Vater war Generalgouverneur des Inn- und des Salzachkreises, seine Mutter residierte aber lieber in Salzburg als in Innsbruck. Deswegen kam Otto von Wittelsbach 1815 als zweiter Sohn des bayerischen Kronprinzen und späteren Königs Ludwig I. von Bayern und seiner Frau Prinzessin Therese in Schloss Mirabell zur Welt. Eine Gedenktafel neben der Prunkstiege hinauf zum Marmorsaal erinnert an Ottos Geburt. Abgefasst ist sie in Deutsch und Griechisch, ein Fingerzeig, wohin ihn sein Leben führen wird. 

Otto ist noch kein Jahr alt, da wird Salzburg im April 1816 Österreich zugesprochen. Die Geopolitik übersiedelt seine Familie und ihn nach Bayern. Zumindest seiner Mutter gelang es aber, sich während ihrer Zeit in Salzburg als Initiatorin einer Armenspeisung und Patronin des „Frauen-Vereins Salzburg" in die Annalen der Stadt einzuschreiben.

MEIN SALZBURG ANDERSWO

WOLFGANG MACHREICH


Da waren Otto und seine Frau Amalia beim Hinterlassen von Spuren in Athen erfolgreicher. Die beiden hatten aber auch dreißig Jahre Zeit, und sie waren nicht bloß Statthalter, wie Ottos Eltern in Salzburg, sondern von 1832 bis 1862 der erste König und die erste Königin von Griechenland.

Diesen Karrieresprung ermöglichten ihnen die Regierungen Großbritanniens, Frankreichs und Russlands, die Griechenlands Staatsgründung unterstützten. Der Posten galt in den Adelshäusern als wenig attraktiv, zwei Prinzen vor Otto lehnten die griechische Krone ab. Der Wittelsbacher, noch keine 17 Jahre alt, aber folgte enthusiastisch der Berufung auf den Peloponnes. Das lag an seinem Vater Ludwig I. und dessen Leidenschaft für die griechische Antike und hellenistische Kultur. Der verdankt Bayern auch sein griechisches Ypsilon im Namen, das Ludwig per Erlass verfügte.

Dass Otto die Landesfarben Weiß und Blau von München nach Athen mitbrachte, ist eine Mär. Bereits im Unabhängigkeitskrieg der Griechen gegen die Osmanen diente diese bis ins byzantinische Kaiserreich zurückreichende Farbkombination als Identitätszeichen. Lediglich eine Veränderung der Farbnuance in Richtung Wittelsbacher Blau soll von Otto initiiert sein.

Die städtebaulichen Maßnahmen des Königs in Athen fallen da bis heute mehr ins Gewicht. Von seinem kunstsinnigen Vater überzeugt, ließ Otto die mittelbyzantinische Kapnikarea-Kirche aus dem 11. Jahrhundert nicht abreißen, sondern die Odos Ermou (Hermesstraße) um das Kirchenjuwel herum bauen. Schnurgerade neben dem Syntagmaplatz führt die nach dem König benannte Odos Othonos zum griechischen Parlament, dem vom bayerischen Hofarchitekten erbauten früheren Stadtschloss. Die vor dem Parlament wachenden Evzonen sind die Nachfolger von Ottos Leibgarde. Die Königin höchstselbst entwarf ihre Uniformen samt Schnabelschuhen mit Quaste.

Doch das griechische Volk erwiderte die Liebe von Otto und Amalia für ihre neue Heimat nicht, schimpfte das System als „Bavarokratie". Ein Aufstand vertrieb die beiden 1862 aus dem Land. Fünf Jahre später starb Otto an Masern, seine letzten Worte: ,,Griechenland, mein Griechenland, mein liebes Griechenland!"