Salzburg 100

Dem besten Brot auf der Spur

Zwei Männer, zwei Herangehensweisen, eine Weghaupt Mission: Josef und Franz Grabmer backen natürliches Brot. Die SN haben beide Backstuben besucht und nach Trends und Traditionen gefragt. MICHAELA HESSENBERGER

Josef Weghaupt in seiner Salzburger Filiale von ,,Joseph Brot vom Pheinsten". BILD: SN/MICHAELA HESSENBERGER
Josef Weghaupt in seiner Salzburger Filiale von ,,Joseph Brot vom Pheinsten". BILD: SN/MICHAELA HESSENBERGER

Wenn Josef Weghaupt über Brot spricht, hält ihn nichts am Kaffeetisch vor seinem modernen Laden, den er Ende 2021 in der Salzburger Münzgasse eröffnet hat. Sechs Filialen hat er in Wien, produziert wird in der Brotmanufaktur im Waldviertel. Sein Espresso wird kalt, während er auf seinem Handy Fotos sucht, auf denen zu sehen ist, welche Strukturen Mikroorganismen in seinen Teig bringen. Oder wie die Masse sich beim Kneten verhält. Oder wie der spezielle Roggen seinen Bauern überragt. Der Gründer von Joseph Brot, ein 41 Jahre alter Waldviertler, macht nicht irgendeinen Job. Er lebt für seine Idee. Dabei ist er Fleischer. Doch der Reihe nach.

Dem Wunsch seines Vaters folgend besuchte Weghaupt, ein gebürtiger Wiener und gelernter Metzger, eine HTL für Lebensmitteltechnologie. So führte ihn sein Weg in den Wiener Magistrat. ,,Ich habe für die Lebensmittelaufsicht gearbeitet. Aber ich bin kein Typ, der gern am Schreibtisch sitzt", sagt der heute verheiratete Vater dreier Kinder. Mit 21 Jahren, also Anfang der 2000er-Jahre, kam Weghaupt dazu, in einer großen Bäckerei anzufangen. Dabei hat er die Chance bekommen, Marketing und Vertrieb zu übernehmen, Wissen aus Forschung kennenzulernen.

Zeit, sein eigenes Ding zu machen

Früh merkte Weghaupt, dass es nicht sein Antrieb war, über den billigsten Preis nachzugrübeln. Besser: ehrliches Brot in Handarbeit. 2009 gründete er Joseph Brot und machte sich von äußeren Einflüssen unabhängig. ,,Ich bin ein hundertprozentiger Handwerker, aber ich mach intelligentes Handwerk. In meiner Bäckerei gibt es drei Mischmaschinen und einen Hubkneter. Aus. Ich bin kein Fundamentalist, doch alle anderen Handgriffe, die anfallen, haben Sinn. Sie steigern die Qualität der Produkte." Erwischt mit seinem Finger in der Fotogalerie seines Smartphones. „Der Hauptteig lebt", sagt der Verfechter von gutem, ehrlichem Sauerteig. Ein feines Gerüst aus Gluten und Sauerstoff ist zu sehen, alles sieht elastisch aus - und es lebt und bewegt sich, wie ein Video mitten unter den Fotos zeigt. „Wir fermentieren alle Teige. Das gibt mehr Geschmack und das Produkt hält länger. Und es tut dem Körper gut, wenn die Stärke aufgeschlossen ist", erklärt Weghaupt.

Drei Zutaten für den Verkaufsschlager

Schauplatzwechsel in den Stiftsbezirk von St. Peter am Fuße des Mönchsbergs. Franz Grabmer hat die Stiftsbäckerei samt Mühle und Wasserrad von den Benediktinermönchen gepachtet. Wenn er über Brot spricht, dann tut er das ohne Schnörkel. So stellt sich auch das Angebot im Verkaufsraum dar: eine Sorte Brot aus Roggen, ein Dinkelzopf, Brioche und Roggenvintschgerl mit Gewürzen - das ist die Produktpalette, die er mit seinem Team Tag für Tag (außer Mittwoch, da steht man wegen des Ruhetags vergebens vor der Pforte) herstellt. Was ihm das geschichtsträchtige Haus bietet: selbst gemahlenes Getreide aus der Stiftsmühle und Unabhängigkeit von den Energiepreisen durch das Wasserrad. ,,Fremdenergie brauchen wir nicht, wir versorgen rund 20 Haushalte mit", sagt Grabmer.

Was für ihn gutes Brot ausmacht? „Natürliche Rohstoffe! Wir verwenden Bioroggen für unser Holzofenbrot und natürlichen Sauerteig, der nicht konserviert ist." Obwohl das Mehl Vollkornmehl sei, sehe das „Peterer Brot" nicht dunkel aus, beschreibt der frühere Innungsmeister der Salzburger Müller sein Nummer-eins-Produkt. Bei seinen Kreationen setzt er auf Schlichtheit. ,,Ich mache einfache Rezepte. Ins Brioche kommen Mehl, Eier, Butter, Milch und Zucker. Kein Eipulver, keine Emulgatoren, die zwar alles lockerer machen, aber nicht wirklich gesund sind."

Ein Geheimnis macht Grabmer um seine Zutatenliste nicht. Rezepte könne man in jedem Lehrbuch finden. ,,Die Teigruhezeiten sind entscheidend", erklärt er. „Wir mischen abends und lassen dann alles in Ruhe liegen. Das kann die Industrie nicht, die Zeit hat sie nicht. Unser Sauerteig geht also über die Nacht, das sorgt für den Geschmack. Denn mehr als Mehl, Wasser und Salz kommt bei uns nicht vor." Weil die Stiftsbäckerei St. Peter um vier Uhr früh mit dem Einheizen des Backofens beginnt und die Dinge eben ihre Zeit brauchen, gibt es vor neun Uhr am Vormittag kein frisches Brot zu kaufen.

Kurt Michlmair, Franz Grabmer und Ahmed Hussaini in der Stiftsbäckerei St. Peter. BILD: SN/MICHAELA HESSENBERGER
Kurt Michlmair, Franz Grabmer und Ahmed Hussaini in der Stiftsbäckerei St. Peter. BILD: SN/MICHAELA HESSENBERGER

Das Beste aus dem Salzburger Land

Josef Weghaupt muss sich die Frage gefallen lassen, warum es sein Waldviertler Brot nun in Salzburg zu kaufen gibt. Die Antwort kommt, nachdem er das passende Foto auf dem Handy parat hat: Der Joseph-Brot-Gründer ist ein vernetzter Mann und einer der wenigen Bio-Austria-Bäcker, von denen die meisten in Salzburg sitzen. Was dieses Label bedeutet? Dass Weghaupts Rohware ausschließlich und zu 100 Prozent von Österreichischen Biolandwirten stammt, die nichts Konventionelles nebenbei produzieren.

Warum er mehr als bio" sein will? ,,Es geht mir darum, wie man mit Boden und Natur umgeht. Und ich weiß, woher mein Roggen, Weizen, Amaranth und der Einkorn kommen."Vom Sauschneiderhof im Lungauer St. Margarethen beispielsweise, wo Peter Löcker seinen Tauernroggen anbaut. Auf einem Handyfoto sieht man, dass der Roggen anders aussieht, als man ihn kennt. Die Ähren sind viel höher als der Landwirt, sie überragen ihn weit. Noch mehr Salzburg-Bezug gibt es über Stiegl, denn Wildshut mälzt für Weghaupt.

Doch (vor)gebacken wird weiterhin in Niederösterreich, Transportwege inklusive. Weil in Salzburg derzeit keine gut ausgebildeten Bäcker zu finden sind, werden das vorgebackene Brot und die grün-gekühlten Semmeln und Salzstangerl hier ein zweites Mal gebacken. Vorteil dieser Methode, die Weghaupt auch in den Wiener Filialen anwendet: Die Kruste ist resch, der Kern saftig und das Brot bleibt frisch.

Schlicht oder lieber kreativ?

BILD: SN/MICHAELA HESSENBERGER
BILD: SN/MICHAELA HESSENBERGER

Das Brot aus der Stiftsbäckerei St. Peter kann man nicht nur in der Salzburger Altstadt kaufen, sondern auch bei ausgewählten Supermärkten. „Salzburg ist kein Getreideland, mein Roggen kommt aus NiederÖsterreich", erzählt Franz Grabmer. Er und Josef Weghaupt gehen in Sachen Mehlbeschaffung also genau entgegengesetzte Wege. Grabmer: „Unser Bauer baut für uns exklusiv zehn bis 15 Hektar Bioroggen an." Was er von Tradition hält? ,,Da bin ich voll dafür-wenn sie sinnvoll ist. Fast noch wichtiger ist mir die Authentizität. Unser Brot ist natürlich und rückverfolgbar. Die Mühle steht im Haus und in der Backstube kann uns jeder besuchen." Wer sich der Bäckerei in den Morgenstunden nähert, der hat mitten in einer Landeshauptstadt den Geruch des Holzofens und des frischen Brotes in der Nase.

Für Grabmer ist das kleine, feine Sortiment ein Erfolgsgeheimnis. ,,Wir backen 20 Dinkelzöpfe, wenn sie aus sind, sind sie aus." In dieselbe Kerbe schlägt Josef Weghaupt. Auch er will tunlichst vermeiden, dass Brot weggeworfen wird. Zum Thema Tradition sagt der Erfinder eines Lavendel-HonigBrotes: „Teilweise fühle ich mich wie ein Entdecker und Erfinder. Doch eigentlich ist nichts neu. Es ist bloß eine alte Tradition, die ich umsetze."