Kirchenstadt. In Salzburg steht an fast jeder Ecke eine Kirche. Kirchen, Klöster, Friedhöfe und Katakomben zeugen von einer reichen Vergangenheit, die vielfach von der jahrhundertelangen Herrschaft der Erzbischöfe geprägt war. JÖRG RANSMAYR

Die hohe Dichte an Kirchen in Salzburg fällt ins Auge. BILD: SN/ADOBE STOCK/ELENA SUVOROVA
Aufgrund der Dichte an Kirchen und Klöstern sowie seiner an den italienischen Barock erinnernden Bauwerke wird Salzburg oft das ,,Rom des Nordens" genannt. ,,Insgesamt kommt man in der Stadt Salzburg auf knapp 70 katholische Kirchen. Dazu zählen auch kleinere Kapellen", erklärt Roland Kerschbaum, Diözesankonservator der Erzdiözese Salzburg. Kerschbaum ist Pfarrer und hat Theologie, Kunstgeschichte und Geschichte an den Universitäten Salzburg und Innsbruck studiert.
696 kam Rupert, ein fränkischer Bischof aus Worms, nach Salzburg und gründete auf dem Boden des einst römischen Juvavum die Kirche und das Kloster St. Peter - der heilige Rupert ist heute der Salzburger Landespatron. Die Erzabtei St. Peter ist das älteste Kloster im deutschen Sprachraum. Seit 696 leben, beten und arbeiten hier Mönche. ,,Die Kirchengeschichte in Salzburg reicht sogar etwas weiter zurück, nämlich bis zum heiligen Severin ins fünfte Jahrhundert. Juvavum und Cucullis (Kuchl) wurden namentlich in seiner Vita erwähnt", sagt Kerschbaum und ergänzt: „Mit Rupert kam langsam die kirchliche Struktur. Ab dem achten Jahrhundert begann der enorme kirchliche Aufstieg Salzburgs, das damals noch ein Teil Bayerns war."
Die Heilige Stiege
Mit Hilfe der Stände erließ Erzbischof Friedrich von Leibnitz 1328 die erste Salzburger Landesordnung, die das bis dahin geltende bayerische Landfriedensrecht ersetzte. Mit diesem Schritt trennte sich das Erzbistum endgültig vom Mutterland Bayern. Salzburg wurde so zum weitgehend selbstständigen Staat im Verband des Heiligen Römischen Reiches.

Der Salzburger Dom war eine der ersten frühbarocken Kirchen nördlich der Alpen. Auch der Residenzbrunnen und viele andere Bauten sind auf italienische Künstler zurückzuführen. Das lag vor allem daran, dass Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau in Rom studiert und enge Kontakte nach Italien hatte. Raitenau, der von 1559 bis 1617 lebte, sorgte dafür, dass eine große Phase des Umbruchs begann. Insbesondere Residenz-, Dom-, Mozart- und Kapitelplatz waren Teil dieses Konzepts. Unausgeführte Pläne für den Dom stammen von Vincenzo Scamozzi, dem Schüler des bekannten Renaissancearchitekten Andrea Palladio. Der Neubau des heutigen Doms erfolgte nach Plänen von Santino Solari unter Fürsterzbischof Markus Sittikus von Hohenems und wurde unter Fürsterzbischof Paris Graf Lodron 1628 eingeweiht. Charakteristisch für den Salzburger Dom sind seine zweitürmige Fassade mit dem Mittelgiebel und die Kuppel, ein Typus, der vielen weiteren Kirchen wie etwa in Passau oder Innsbruck zum Vorbild diente.
Eine weitere Besonderheit gibt es in der Kajetanerkirche: Dort steht die Heilige Stiege, die 1712 als Nachahmung der Scala Santa in Rom errichtet wurde - diese darf nur auf Knien erklommen werden. Die Stiege in Salzburg besitzt ebenso wie ihr Vorbild in Rom als Zeichen für die Blutstropfen Jesu Christi auf der zweiten, elften und achtundzwanzigsten Stufe ein Kreuz. Jenes auf der zweiten Stufe ging jedoch verloren, weshalb hier nur die leere Einfassung zu sehen ist. Christinnen und Christen können in ihren Leidenssituationen auf Gottes Hilfe vertrauen. Das kann heute die Botschaft dieser Stiege im Blick auf das Leiden Jesu sein. ,,Die Scala Santa in Salzburg ist bei Wallfahrern noch heute beliebt“, so Kerschbaum.
Salz ermöglichte prachtvolle Bauten
Die vielen Klöster und Kirchen spiegeln die Macht der Salzburger Fürsterzbischöfe wider, die diese über 1000 Jahre innehatten. Salzburgs Erzbischöfe waren weltliche und geistliche Landesherren, sie verfügten über zahlreiche Sonderrechte. „Durch den Salz/ und Erzabbau war Salzburg ein reicher Kirchenstaat. Da die Erzbischöfe Adelige und Großgrundbesitzer waren, waren sie sehr vermögend und oftmals nicht nur Bauherren, sondern auch Finanziers der kirchlichen Bauten", erklärt Kerschbaum. Johann Ernst Graf Thun ließ die Ursulinenkirche, die Dreifaltigkeitskirche und die Krankenhauskirche St. Johannes erbauen. Zudem ermöglichte er den Bau der Kollegienkirche. In St. Martin bei Lofer wurde dank ihm die Wallfahrtskirche Maria Kirchental errichtet. Unter Paris Lodron wurde die Loretokirche samt Kloster erbaut. Unter Max Gandolph Graf Kuenburg entstanden die Erhard/ und die Kajetanerkirche, die erst unter seinem Nachfolger vollendet wurde. Max Gandolph erneuerte auch die Imbergkirche, erbaute die Wallfahrtskirche Maria Plain und gründete das Kollegiatsstift Seekirchen. Die Zeit der Erzbischöfe als weltliche Landesherren endete 1803. Im Jahr 1816 wurde Salzburg nach oftmaligem Herrscherwechsel ein Teil des Habsburgerreiches.
Kirchliche Denkmalpflege
Als Diözesankonservator ist Roland Kerschbaum maßgeblich dafür verantwortlich, dass die sakralen Bauten im Bundesland Salzburg ordentlich gepflegt und erhalten werden. Seit 2001 ist Kerschbaum Pfarrer in Elsbethen. Mit September 2021 übernahm er auch die Pfarre in Salzburg-Aigen. ,,Es wohnen zwei Seelen in meiner Brust: Auf der einen Seite bin ich mit Leidenschaft Pfarrer, auf der anderen Seite würde mir auch etwas fehlen, wenn ich mich nicht um die kirchliche Denkmalpflege kümmern würde", erklärt Kerschbaum. Rund fünf Millionen Euro pro Jahr gibt die Erzdiözese Salzburg für Instandhaltung und kirchliches Bauen aus, das sind circa zehn Prozent des Jahresbudgets. In der Stadt Salzburg wird derzeit die Spitalkirche St. Johannes restauriert. 2023 jährt sich der Todestag ihres Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach zum 300. Mal. Auch für die Pfarrkirchen Bad Hofgastein und Neumarkt laufen umfangreiche Bemühungen für eine Generalsanierung. „Kirchliches Erbe ist immer ein Auftrag zur Erhaltung. Menschen sollen wieder staunen können, sich in den Kirchen wohlfühlen und diese gerne besuchen", führt Kerschbaum aus.
Kooperation mit Fremdenführerinnen und Fremdenführern
Vernetzungstreffen mit Salzburgs Fremdenführerinnen und Fremdenführern im Salzburger Dom dienen dazu, ihnen „spirituelle Inputs", wie Kerschbaum es nennt, mit auf den Weg zu geben. Nur so gelingt es, den Touristinnen und Touristen die Bilderwelt und Zeichen in den Kirchen verständlich zu machen. ,,Wir bekommen ein positives Echo von den Besucherinnen und Besuchern, die Führungen im Dom sind durchwegs gut besucht“, sagt Kerschbaum. Da die kirchlichen und weltlichen Bauten aus verschiedenen Jahrhunderten bis heute besonders gut erhalten sind, führte dies zu einem großen Teil zur Aufnahme in die Liste der Unesco-Weltkulturerbestätten. Zum Unesco-Weltkulturerbe zählt die ältere linke Altstadt, die auch das Kaiviertel, den Festungsberg und den Mönchsberg miteinschließt. Die zahlreichen Kirchtürme und der prachtvolle Dom bilden Salzburgs Silhouette. Daher bezeichnete Festspielgründer und Regisseur Max Reinhardt Salzburg einmal als die ,,vieltürmige Stadt".
Sollte jemand einen Kurzurlaub in Salzburg planen und nur einige wenige Bauten im Zentrum besuchen können, empfiehlt Kerschbaum, den Salzburger Dom, St. Peter, die Franziskanerkirche und die Kollegienkirche zu besuchen. Hier sind Geschichte, Kunst und Glaube innerhalb weniger Gehminuten komprimiert.
Pilgerwege im Salzburger Land

Im Bundesland Salzburg gibt es viele Pilgerwege, auf denen man beim Wandern viel Zeit hat, über sich und das Leben nachzudenken. Für die Tagesmärsche sollte man auf jeden Fall etwas Kondition mitbringen. Der Arnoweg existiert seit 1998 und ist als Rundweg konzipiert. Der Namensgeber wurde 798 vom Papst zum ersten Salzburger Erzbischof ernannt. Start und Ziel des 1200 Kilometer langen Arnowegs, der sich in 63 Tagesetappen aufteilt, sind in Salzburg - weitere Einstiegspunkte bieten Hallein, Werfen, das Bodenhaus in Rauris und Mauterndorf. Der Höhepunkt ist das Zittelhaus auf dem 3106 Meter hohen Sonnblick.
Der Salzburger Jakobsweg, Teil des wohl bekanntesten Pilgerwegs, führt vom oberösterreichischen Oberhofen am Irrsee bis zum Pass Strub - dort geht er in den Tiroler Jakobsweg über. Pilger durchwandern auf 103 Kilometern das Salzburger Seenland, kommen an der Wallfahrtskirche Maria Plain vorbei, und nachdem Salzburg passiert wurde, geht es über Unken und Lofer zum Pass Strub. Der Pilgerweg gliedert sich in vier Tagesetappen. Weitere Pilgerwege sind der St.-RupertPilgerweg, die Via Nova, der Leonhardsweg, der Pinzgauer Marienweg, der Wolfgangweg, der Weg des Buches und der Salzburger Mariazellerweg.
Im handlichen SN-Tourenbuch ,,Salzburger Pilgerwanderungen" - beschrieben von Christian Heugl - können Sie 35 Pilgerwanderungen, Friedenswege und Wallfahrten in Salzburg und Umgebung entdecken: Vom Jakobsweg, Leonhardsweg, St.-Rupert-Pilgerweg bis hin zum Pinzgauer Marienweg - hier finden Sie eine große Auswahl der schönsten Pilgerrouten. SN-Card-Preis: 7,95 Euro.
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