Hotelprojekt beim Wasenmoos am Pass Thurn

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Lageplan des Hotelprojekts beim Wasenmoos auf dem Pass Thurn.
Der Vertrag für das neue Luxusresort ist unterzeichnet. Im Bild Franz Wieser, Bernhard Bohnenberger und Dr. Walther Staininger.
Der symbolische Startschuss für den Bau des neuen Luxusresorts Six Senses Kitzbühel Alps. Im Bild: Franz Wieser, Dr. Walther Staininger, Bernhard Bohnenberger, Alberto Priolo und Bürgermeister Wolfgang Viertler (v.l.n.r.).

Das Hotelprojekt beim Wasenmoos am Pass Thurn, später Six Senses Residences Kitzbühel Alps genannt, sorgte seit November 2019 für Aufregung. Ein Teilgrundstück des Areals wurde im Oktober 2024 zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben.

Das Projekt

Das Hoteldorf entsteht an der Landesgrenze zu Nordtirol auf 1 200 Metern Seehöhe auf einem um 2009 gewidmeten Zweitwohnsitzgebiet. Am Pass Thurn im nördlichen Stadtgebiet von Mittersill wurden im Herbst 2019 zwei Hektar Wald gerodet und anschließend war Baubeginn. Bis 2021 sollten hier auf einer Gesamtfläche von vier Hektar luxuriöse Chalets und ein Hotel entstehen. Zum Teil besteht eine Zweitwohnsitzwidmung. Nach einem Lokalaugenschein gemeinsam mit zwei GemeindevertreterInnen brachte die Naturschutzsprecherin der SPÖ Karin Dollinger das Projekt in einer Ausschusssitzung des Landtages der Öffentlichkeit zur Kenntnis.[1]

Die Luxus-Chalets sollen zwischen 5,1 Millionen und 8,5 Millionen Euro (Villa mit 400 Quadratmetern) kosten, den Elektro-Porsche gibt es für die Käufer geschenkt, hieß es 2019. Appartements gibt es bereits ab 1,5 Millionen Euro. Das Projekt besteht aus einem Hotel mit 77 Zimmern und 45 Appartements. Zu den 13 Chalets (Villen) gibt es den E-Porsche Taycan gratis dazu. Erbauer ist die Gruppe Six Senses mit Sitz in Thailand, die weltweit fünf-Sterne-Resorts betreiben. Initiator des Projekts ist der Hollersbacher Baumeister und Besitzer der Panoramabahn Kitzbüheler Alpen Franz Wieser. Zunächst wollte er sich nicht mehr zu seinem Projekt äußern, da er keine Lust mehr habe sich mit Leuten auseinanderzusetzen, die weit weg wohnten und keine Ahnung hätten. Er meinte ergänzend, dass es ohne diesem Projekt das Wasenmoos gar nicht gäbe.

Wie es zu diesem Projekt gekommen ist

Bürgermeister Wolfgang Viertler hatte mit Rückendeckung der Kitzbüheler Bergbahnen um das Jahr 2000 der Gemeinde ein Konzept vorgelegt. Es sah neben dem Bau der "Panoramabahn Kitzbüheler Alpen" (mit der man von Hollersbach im Pinzgau direkt in das Skigebiet Kitzbühel einsteigen kann) bei der Mittelstation auf dem Pass Thurn 500 bis 1 000 neue Betten vor. Der Verkauf von Appartements sollte die Bahn mitfinanzieren. Die Fläche sei schon davor im Räumlichen Entwicklungskonzept für eine touristische Nutzung vorgesehen gewesen, so Viertler. 2003 stimmte die Gemeindevertretung dem Plan zu. Die Bahn wurde mit Millionenunterstützung von Gemeinde und Land Salzburg gebaut. Wie Viertler ausführte, wäre vorher in Mittersill "alles gestanden". Es gab keinen Hochwasserschutz, kein Nationalparkzentrum, kein neues Schulzentrum, der Fremdenverkehr stagnierte. Damals war Mittersill SPÖ-geführt und nur die FPÖ, bei der Viertler damals gewesen sei, hatte gegen die Beteiligung der Gemeinde gestimmt.

Am 12. Juli 2017 unterzeichneten Dr. Walther Staininger und Franz Wieser von der "Kitzbüheler Alps Projekt GmbH" als Projektentwickler und Bernhard Bohnenberger, Präsident der Six Senses Hotels Resorts Spas, als künftiger Projektbetreiber einen Vertrag, der den Beginn einer neuen Ära des alpinen Luxustourismus einleitet.[2]

Der Standort des Projekts

Die Rodung für das Hotelprojekt wurde schon 2009 von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See genehmigt. Die naturschutzrechtliche Bewilligung folgte 2013. Die Projektfläche Jagafeld gehörte, so wie das Wasenmoos noch heute, den Bundesforsten (ÖBf), die sie an Wieser verkauften. In einer Stellungnahme beim Naturschutzverfahren schrieben die ÖBf, man hätte, wäre mit Verwertungseinschränkungen der an das Wasenmoos grenzenden Grundstücke zu rechnen gewesen, die sehr aufwendige Renaturierung und Besucherlenkung im Moos "aus einem anderen Gesichtspunkt betrachtet". Wieser habe einen persönlichen und finanziellen Beitrag zur Weidefreistellung des Mooses geleistet. Die Weiderechte von Dutzenden Bauern im Moos wurden zusammen mit jenen auf dem Jagafeld abgelöst. Durch die Verbesserungen im Moos kam es 2006 zur Anerkennung als Ramsar-Schutzgebiet.

Vor allem, dass die Fläche auf einer Seite an das international anerkannte Ramsar-Schutzgebiet Wasenmoos Mittersill grenzt, sorgte für Widerstand. Der Landesgeschäftsführer des Salzburger Naturschutzbundes Hannes Augustin sagte, das Wasenmoos und viele weitere Gebiete seien durch dieses und weitere Projekte bedroht. Ohne Rücksicht auf Natur, Klima, Verkehr und zukünftige Generationen werde gebaut und gebaut.

Erste Widerstände

Bereits im Oktober 2019 begann sich die Situation zuzuspitzen. Bei einer vom Naturschutzbund und dem Arzt Wilhelm Schwarzenbacher organisierten Protestveranstaltung auf dem Pass Thurn nahmen mehr als hundert besorgte Menschen an einer Mahnwache am Wasenmoos teil. Viele kamen mit Transparenten, um ihrem Unmut gegen den Bau der Luxuszweitwohnsitze auf dem Pass Thurn Ausdruck zu verleihen. Auch der ORF war vor Ort und filmte die Teilnehmer. Das Team drehte eine Reportage für die Sendung "Am Schauplatz". Der Grundtenor lautete: Keine neuen Zweitwohnsitze mehr, weder in Mittersill, noch in den anderen Gemeinden. "Was hier vor zehn Jahren ins Rollen geraten ist entspricht nicht mehr der heutigen Rechtslage, denn Mittersill ist eine Zweitwohnsitz-Beschränkungsgemeinde", so die anwesende Landtagsabgeordnete Karin Dollinger.[3]

Baubeginn

Im September 2019 wurde dann der Spatenstich gesetzt. Dazu berichteten die "Salzburger Nachrichten" in ihrer Ausgabe vom 17. März 2021:[4]"Die Baustelle am Pass Thurn ruht derzeit - und viele im Pinzgau fragen sich, ob es überhaupt jemals weitergehen wird. Die Fläche ist gerodet. Der Lärmschutz ist noch nicht ganz fertiggestellt. Das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete vor zwei Wochen, dass nach Auskunft eines (nicht näher genannten) Investors derzeit nicht mehr gebaut werde. Das Magazin sprach von einer "Investitionsruine" zwischen Tirol und Salzburg."

Walther Staininger, Projektbetreiber der Six Senses Kitzbuehel Alps, antwortete auf SN-Anfrage schriftlich. Wer sich hinter diesem Investor verberge, sei ihm nicht bekannt. Der derzeitige Stillstand auf der Baustelle sei schlichtweg den seit September gegebenen Schneeverhältnissen geschuldet. "Daneben sind die Gründe die allgemein und allseits bekannten Covid-19-Probleme inklusive Reisebeschränkungen und so weiter."

Ursprünglich sollten die ersten Chalets schon in der Wintersaison 2021/2022 übergeben werden. So stand es in einer Pressemitteilung bei Baubeginn. Der Zeitplan wird nicht halten, so viel stand bereits 2019 fest. Staininger sprach von einer geplanten Fertigstellung und Eröffnung des Ressorts Mitte 2023. Von der Pressestelle der in Thailand ansässigen Six-Senses-Gruppe hieß es, dass die geplante Eröffnung für 2022 nicht bestätigt werden könne, das Projekt aber im Laufen sei.

Im Frühjahr 2021 wurde die Bautätigkeit phasenweise eingestellt. Weshalb rasch Gerüchte kursierten, dass das Projekt wohl doch nicht verwirklicht wird. Wegen einer fehlenden Bankgarantie hatte das Land Salzburg den Bau einer Lärmschutzgalerie sogar kurzzeitig gestoppt. Im Juli 2021 werde das Bauvorhaben fortgesetzt. Anfang August werden die Bauarbeiten planmäßig weitergeführt, wie es in der Einladung zu einem Medientermin im Juli hieß. Die Eröffnung sei für Dezember 2023 angesetzt.[5]

Sommer 2021: Pressekonferenz Doch kein Porsche beim Kauf eines Chalets

Die Betreiber des Six-Senses-Projekts riefen am Freitag, 30. Juli 2021, den Neustart aus. Die Projektentwickler luden zu einem Medientermin. Ursprünglich sollte der Termin vor Ort in Mittersill stattfinden. Weil die Anreise aller Beteiligten dorthin aber umständlich gewesen wäre und gleichzeitig Proteste und unliebsame Begegnungen mit Aktivisten drohten, änderte die PR-Agentur den Ort des Medientermins nach Anif.

Projektentwickler Michael Staininger präsentierte am Freitag den Generalunternehmer für das Projekt, die "Lindner Group" aus Bayern. Das Wort "Chalet" wurde gestrichen. Stattdessen sprach Staininger nun von Residences und Villen. "Das Projekt ist vollumfänglich genehmigt. Es handelt sich auch nicht um ein Chalet-Dorf, sondern um ein Hotel und Residenzen. Die teilen sich in 45 Appartements und 13 frei stehende Villen", erklärte Staininger. Das Hotel beherberge 77 Zimmer und Suiten sowie ein Spa auf drei Ebenen. Zwei Penthäuser und eine Villa waren im Juli 2021 schon verkauft.

Auch die Salzburg Wohnbau wird in der Umsetzung des Six-Senses-Projekts involviert sein und wohl das Personalhaus bauen und die Vermietung bzw. Hausverwaltung dessen übernehmen. Geschäftsführer Christian Struber betonte, dass die Gespräche dazu noch am Anfang stünden.

Doch der Medientermin am Freitag lief auch in Anif nicht ganz friktionsfrei ab. Als Zuhörer war Lois Hechenblaikner nach Anif gekommen. Der österreichische Fotograf ist bekannt für seine Bilder, mit denen er die Auswüchse des Fremdenverkehrs dokumentiert und anprangert. Hechenblaikner meldete sich am Ende der Projektpräsentation zu Wort. "Ich würde Ihnen gern applaudieren wollen, aber ich kann es nicht. Wenn ein Projekt eine solche Lüge beinhaltet." Hechenblaikner zeigte Ausdrucke von früheren Projektpräsentationen, als im Hintergrund der Visualisierungen die Dolomiten zu sehen waren. "Es ist eine Schande. Sie blamieren sich selbst." Man arbeite mit manipulierten Bildern, warf Hechenblaikner den Projektbetreibern vor.

Walther Staininger fand den Einwand lächerlich und wies mit Nachdruck zurück. Toni Santner von der engagierten PR-Agentur P8, der den Medientermin moderierte, hatte alle Hände voll zu tun. Doch er konnte Hechenblaikner nicht zum Schweigen bringen. Eine transalpine Ölleitung laufe durch das Projektgebiet, meinte der Fotograf durchaus lautstark. Bevor der Streit auf offener Bühne eskalierte und nach einem Rauswurf durch den Hausherrn verlangt wurde, wurde das Pressegespräch beendet.[6]

2022: Das umstrittene Vorhaben wurde noch einmal umgeplant

Die Übergabe der Villen war im Herbst 2022 nun ab Ende 2024, die Fertigstellung des Luxushotels zum Skisaisonstart 2025 geplant. Der Komplex soll bis 2030 energieautark sein.[7]

2024: Ein Teilgrundstück des Areals wurde zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben

SN-Drohnenfotos vom 8. Juni 2024 zeigen sechs Rohbauten, einige Kräne sowie Baustellen-Container in einer großteils mondartig grauen Landschaft.[8]

Im Juli 2024 hieß es in einer aktuellen Landtagsanfrage, dass "laut Projektbetreiber eine Fertigstellung für Ende 2027 geplant" sei. Bewilligt worden sind 77 Zimmer und Suiten, vier Apartmentblöcke (mit 45 Apartments) und 15 Chalets. Laut Grundbuch gibt es noch kaum Käufer. Eine Liechtensteiner Familienstiftung scheint als Käuferin eines Appartements um 7,3 Millionen Euro auf. Eine GmbH aus Wien und eine dänische Investmentfirma haben jeweils eine "Villa Wasenmoos" um 10,8 Millionen Euro gekauft. Ein Ukrainer scheint als Miteigentümer eines Appartements auf.[9]

Am 21. Oktober 2024 soll am Bezirksgericht Zell am See um sieben Uhr eine rund 600 Quadratmeter große Teilfläche des Areals zwangsversteigert werden. Die Sicherheitsleistung (Vadium) für Bieter beträgt 39.530 Euro. Das sind zehn Prozent des geschätzten Wertes jenes Grundstücks, das unter den Hammer kommt, also fast 400.000 Euro. Simon Heilig-Hofbauer, Raumordnungssprecher der Grünen und deren stellvertretender Klubobmann im Landtag, hatte sich in die Causa vertieft, einen Grundbuchauszug ausgehoben und darin festgestellt, dass das zur Versteigerung kommende Grundstück einer Gesellschaft gehört, an der zu 90 Prozent der Ex-Geschäftsführer des Projekt-Entwicklers "Kitzbüheler Alps Projekt GmbH" beteiligt ist. Grund der Versteigerung sei ein noch offener 400.000-Euro-Kredit, den die Firma für den Kauf des Grundstücks benötigt habe.[8]

2025: Baustopp trotz Millioneninvestment bei Luxusprojekt Six Senses

Im Dezember 2024 wurde angekündigt, dass der internationale Fonds Roundshield Partners mit Sitz in London in das Millionenprojekt einsteigen und eine Finanzspritze von 120 Millionen Euro leisten wird. Mit dem Einstieg von Roundshield möchte der Fonds aber auch die Geschicke beim Projekt lenken und damit sollen auch die Würfel neu fallen. Geflossen war das Geld nicht. Im Herbst 2025 herrschte Baustopp. Hintergrund sei ein Rechtsstreit mit dem bisherigen Generalunternehmen, der deutschen Lindner-Gruppe. Die Projektgesellschaft strebe nämlich an, den Hotelkomplex mit 83 Zimmern und Suiten mit einem anderen Generalunternehmen zu errichten. So einfach gestaltet sich der Vorgang aber nicht. Zusammengefasst heißt das, dass die Lindner-Gruppe eine mächtige Position beim Projekt eingenommen hat. Bleibt diese erhalten, steigt der Hospitality-Fonds Roundshield wohl nicht ein.[10]

Quellen

Einzelnachweise

  1. www.meinbezirk.at, 13. September 2019
  2. presse.ikp.at
  3. www.meinbezirk.at, 9. Oktober 2019
  4. www.sn.at, 17. März 2021
  5. www.sn.at, 23. Juli 2021
  6. www.sn.at, 30. Juli 2021
  7. www.sn.at, 22. September 2022
  8. 8,0 8,1 www.sn.at, 17. Oktober 2024
  9. www.sn.at, 10. Juli 2024
  10. www.sn.at, 25. September 2025