Dahoam - Der Frühling sprießt

Weißes Osterkleid für Filzmooser Kindl, der Jesusstatue, in der Pfarrkirche

Zwei Hirten entdeckten geschnitztes Jesuskind im 15. Jahrhundert auf einem morschen Baumstumpf im Wald.

Das Filzmooser Kindl hängt in der Pfarrkirche über dem Hochaltar (links unten). Schneidermeisterin Katharina Rettenwender zog der wertvollen Jesusstatue für die Osterzeit das weiße Gnadenröckl an. BILDER: SN/FRANZ TAFERNER (3)

Es ist zum lieb gewonnenen Ritual geworden, unserem Filzmooser Kindl die Kleider zu wechseln", sagt Christian Salchegger. Behutsam wird die Vitrine mit dem Strahlenkranz hoch über dem Altar am Strick nach unten gelassen. Starke Männer warten dort. Christian Salchegger hebt das wertvolle Juwel aus dem Glasschrank und trägt es in die Sakristei. Jetzt folgt die Arbeit für Schneidermeisterin Katharina Rettenwender. Das goldene Kleid wird in eine Schublade gelegt, das weiße Kleidchen für die Osterzeit ist bereits hergerichtet. Sicher und routiniert bekommt das Kindl seine neue Robe. Eine Heftnadel da, ein Rockfältchen dort, in einer halben Stunde ist das Jesuskindlein wieder angezogen. Vorsichtig wird es wieder in die Vitrine gesetzt und an seinen Platz über dem Hochaltar gezogen.

ΜΕΙΝΕ GESCHICHTE

FRANZ TAFERNER


Vier Mal im Jahr wechselt das Filzmooser Kleinod sein Kleidchen: Rot für Pfingsten, Grün für den Sommer, Gold für Advent und Weihnachten, Weiß für die Fasten- und Osterzeit. Viele Jahrzehnte sind die wertvollen Kleider alt, nur das grüne ist neu: Christian und Hanni Salchegger haben es von Katharina Rettenwender anfertigen lassen und vergangenes Jahr der Pfarre als Spende überlassen.

Sie kümmern sich das Jahr über um das Filzmooser Kindl (hinten, v. I.): Katharina Rettenwender, Christian Salchegger, Sylvia Rettenwender, Alois Hartinger; (vorn v. 1.) Hanni Salchegger, Mesnerin Aloisia Schröcker, Mathias Laubichler.
Sie kümmern sich das Jahr über um das Filzmooser Kindl (hinten, v. I.): Katharina Rettenwender, Christian Salchegger, Sylvia Rettenwender, Alois Hartinger; (vorn v. 1.) Hanni Salchegger, Mesnerin Aloisia Schröcker, Mathias Laubichler.

Die mündlich und später schriftlich aufgezeichnete Legende über das Filzmooser Gnadenbild geht in das 15. Jahrhundert zurück, als es im Tal noch kaum Besiedlung gab. Zwei Schafhirten, so die Legende, hörten plötzlich ein liebliches Glöcklein. Sie gingen dem Klang nach und fanden ein kleines geschnitztes Jesuskind auf einem vermoderten Baumstrunk stehen, das mit dem Glöcklein läutete und die beiden ersten Finger der rechten Hand hob. Nachdem sich die frommen Hirten davor niedergekniet hatten, berichteten sie dem Pfarrer von Altenmarkt über ihre wundersame Begegnung. Dieser ließ die kleine Statue in seine Kirche bringen. Schon eine Nacht später aber war das Bildnis verschwunden und tauchte erneut im Filzmooser Wald auf, dort, wo es die beiden Viehhirten entdeckt hatten. Jetzt wurde das geschnitzte Jesuskind in das „einen halben Büchsenschuss entlegene Peterskirchlein übersetzt, allwo es bis zum heutigen Tag verblieben und sich ... für die Menschen gnadenreich, ja wundertätig erwiesen".

So steht es im 1772 herausgegebenen Wallfahrtsbüchlein von Matthias Egger, dem späteren Vikar von Filzmoos.

Das 45 Zentimeter große Filzmooser Kindl ist eine spätgotische bäuerliche Schnitzarbeit. Seit einer umfangreichen Renovierung der örtlichen Pfarrkirche Peter und Paul von 1959 bis 1961 hängt es im goldenen Strahlenkranz als Mittelpunkt des Gotteshauses über dem Hochaltar. Als Hinweis auf die Legende trägt es an der rechten Hand an einer Kordel ein Glöcklein, das aber etwas jünger ist als die Figur selbst. Krone und die mit einem Kreuz verzierte Weltkugel an der linken Hand stammen aus der Barockzeit. Das leicht geneigte Haupt mit den Locken, die leicht geröteten Wangen, die schmalen Lippen und die wehmütig blickenden großen Augen wirken im Ausdruck zart, aber ernst zugleich. Die eigenartig übereinandertretende Beinstellung wird vom reich bestickten ,,Gnadenröckl" verdeckt. Wiewohl Filzmoos nie zum großen Wallfahrtsort wurde, hat sein Gnadenbild über all die Jahrhunderte viele Pilgerinnen und Pilger angezogen, die hier Trost und Hilfe gesucht haben. ,,Mehr als 300 Gebetserhörungen und Gnadenerweise sind seit 1705 aufgezeichnet oder aus Votivtafeln bekannt", hat der Salzburger Kirchenhistoriker Prälat Johannes Neuhardt erforscht. Die früher häufigen Bittgänge nach Filzmoos aus Irdning, Radstadt, Haus im Ennstal und Forstau sind erloschen. Lediglich am ersten Sonntag im Oktober wird alljährlich eine Fußwallfahrt aus dem benachbarten Annaberg zur Wallfahrtskirche mit dem Filzmooser Kindl angeboten.