Vom "Reparieropa" zum Taschenmacher: Willi Meilinger stellt Handkörbe her, in denen die trachttragende Frau alles Notwendige unterbringt.
Eines vorweg: Der Zegga ist eine weiche Flechttasche aus Stroh, Binsen, Bast oder Stoff mit zwei Henkeln. In Berchtesgaden griffen Frauen schon vor mehr als 100 Jahren zu dieser Tasche, nutzten sie für ihren Einkauf und trugen sie zur Tracht. Damals präsentierten sich die Taschen ausschließlich in den Farben Natur und Schwarz. Hergestellt wurden sie nicht vor Ort, sondern in Südwestböhmen. Weber produzierten die rechteckigen Körbe im Winter in Heimarbeit. Danach wurden sie in Bayern auf Jahrmärkten verkauft. Auf diese Weise kam der Zegga in den südöstlichsten Zipfel Bayerns.
Mit drei kaputten Zegga standen eines Tages seine Tochter und die beiden Enkelinnen vor Willi Meilinger. Schließlich ist er ihr ,,Reparieropa". Da er niemanden ausfindig machen konnte, der diese Taschen repariert oder sie herstellt, wurde Meilinger selbst aktiv. Im Internet stieß er auf einen Korbmacher, der einige Meter Weizenstrohborten anbot. Er kaufte sie und flickte damit die kaputten Henkel. Dabei sollte es nicht bleiben.

JUDITH NEUHUBER
,,Wenn du Henkel reparieren kannst, kannst du sicher auch ganze Zegga machen“, meinte Meilingers Frau. Immerhin ist ihr Mann, ein ehemaliger Lehrer, handwerklich begabt. Sein Ehrgeiz war geweckt. Da er keine schriftlichen beziehungsweise mündlichen Überlieferungen zur Herstellung fand, zerlegte er kurzerhand eine Tasche. ,,Ich habe nach Schwachstellen gesucht und geschaut, was ich verbessern kann." Dann machte er sich ans Werk. ,,Die ersten drei Zegga sind jedoch im Kachelofen gelandet." Das war im Sommer 2019. Doch bald hatte der 73-jährige Berchtesgadener den Dreh heraus.

In der kleinen Werkstatt im Keller seines Hauses stellt er seine Zegga in fünf verschiedenen Größen her. Er verwendet dafür geflochtene und gefärbte Weizenstrohbänder, die er von einem einzigen Anbieter aus dem europäischen Ausland bezieht. „Aber momentan ist der Markt leer. Ich bekomme noch, was der Händler hat, dann ist die Quelle versiegt“, erzählt Meilinger. Zum Glück hat er einen Vorrat gehamstert, der noch für etwa 100 Taschen reicht.
Neben dem klassischen Zegga in Natur-Schwarz macht Meilinger auch zwei- und dreifarbige Taschen. Die Farbpalette ist breit gefächert. Gemacht wird das, was der Kundin gefällt und zu ihrem Dirndl passt.
,,Manch Zegga sieht alleine kitschig aus, aber zum Gwand passt er hervorragend", stellt Meilinger fest. Seine Taschen werden nicht nur zu feierlichen Anlässen wie Hochzeiten getragen, sondern komplettieren auch das Outfit für einen Festspielbesuch. Neben den Farben stehen auch verschiedene Muster zur Wahl. Immer wieder kreiert der ZeggaMacher neue oder lehnt seine Entwürfe an alte Muster an.
Nach wie vor repariert er kaputte Taschen. Oftmals sind die Henkel ausgefranst, weil sie beim Tragen aneinandergerieben haben. Manch Dachbodenfund ist zusammengedrückt oder hat ein Loch.
Damit man möglichst lange etwas von seinem Zegga hat, rät Meilinger dazu, ihn stehend im Kasten aufzubewahren und ihn zum Beispiel mit einem alten Handtuch auszustopfen. Hat der Zegga viel Sonne bzw. Wärme abbekommen, sollte er mit Wasser eingesprüht werden.
Einweichen, flechten, trocknen


Zegga wurden schon 1870 (kl. Foto) getragen und sind auch in der Gegenwart beliebt. Gut drei Tage braucht Willi Meilinger für einen neuen Zegga.
Um ein Holzmodel flicht er die eingeweichten Strohbänder. Beim Trocknen verdichten sich die geflochtenen Bänder. Dann kann Meilinger die Model entfernen und die Henkel anbringen.