Bauen. Ein riesiges Bauprojekt reicht in die Tiefe.

Der Kaufmännische Direktor Lukas Crepaz koordiniert Ausbau und Sanierung. BILD: SN/WWW.NEUMAYR.CC/LEO
Tief im Großen Festspielhaus gibt es einen Raum, der ist unheimlich und triumphal zugleich. Höhe und Weite ergeben eine imposante Halle, doch hier herrscht fensterlose Finsternis. Den Ausgang findet nur, wer sich auskennt. Der Weg herunter führt durch rohen Beton, durch unübersehbar viele Stiegen und Gänge. Wo wäre die Hofstallgasse? Jede Orientierung ist rund zehn Meter unter Straßenniveau verloren.

Dieser Raum fühlt sich an wie eine Unterbauchhöhle des Großen Festspielhauses. Im fahlen Licht ist rotes Gestänge zu erkennen, weit oben eine flache Decke. Das ist die Unterseite des Bühnenpodiums. Oben könnte soeben „Il trittico" oder „Aida" geprobt werden, doch hier ist es still. Da sind Winden, Stahlseile und Kabel. In den Boden sind grüne Metallräder eingelassen. In der Mitte dieser kubischen Höhle steht eine Art Haus. Dessen Eingang ist nur kletternd - über Stufen und Steg - zu erreichen: In Mulden liegen fünf grüne Motoren samt Seilen und mannshohen Hebeln.
Epochales Bauprojekt
Der Kaufmännische Direktor Lukas Crepaz ist herabgestiegen. Denn wenn man das nach Errichtung von Kleinem und Großem Haus - dritte epochale Bauprojekt der Salzburger Festspiele vom untersten Punkt aus bedenkt, muss man hierher. Die maschinellen Ungetüme heiBen Hübe, weil sie den Orchestergraben oder die Bühne des Großen Hauses als Ganzes oder in Teilen heben können. Fahren die Bühnenhübe zugleich, bekommt das Publikum den Eindruck, es könne zum Beispiel in verschiedene Stockwerke eines Hauses einsehen. Gegengleich fahren die Hübe, wenn es besonders dramatisch werden soll, denn dann gibt's auf der Bühne ein scheinbares Erdbeben. „Die Hubpodien kommen szenisch sehr oft zum Einsatz", berichtet Lukas Crepaz.
Diese Maschinerie war 1960, als sie erstmals in Bewegung gesetzt wurde, das Neueste vom Neuen. Herbert von Karajan hatte das Große Haus mit höchstem Anspruch ausstatten lassen: Mit weltbester Technik, weltbester Musik und weltbesten Künstlern sollten einzigartige Schau- und Hörerlebnisse geboten werden.
Bühnenmaschinerie wird erneuert
So toll das viele Jahre gewesen ist, jetzt ist es veraltet. Die komplette Bühnenmaschinerie müsse erneuert werden, sagt Lukas Crepaz. Die Prozedur des Austauschens habe bereits begonnen: Diese bühnentechnische Planung sei europaweit ausgeschrieben. Je nach deren Ergebnis werde entschieden, wann welche alten Teile auszutauschen seien. Spätestens 2027 soll die Bühnenmaschinerie im Großen Haus erneuert sein.

Dieses beträchtliche Vorhaben ist nur ein Baustein bei Ausbau und Sanierung der Salzburger Festspielhäuser. Dafür sind bisher zwei Meilensteine gesetzt: Die Finanzierung von Bund (40 Prozent), Land und Stadt Salzburg (je 30 Prozent) ist paktiert; das Budget - inflationsgesicherte 262 Millionen Euro auf Basis des 2. Quartals 2019 - ist in Finanzplanungen der Gebietskörperschaften eingespeist.
Zweitens wurde heuer im Juni der Generalplaner gekürt: Den Architektenwettbewerb hat das Wiener Büro von Christian Jabornegg und András Pálffy gewonnen. Kernstück ist der Ausbau von Werkstätten und Künstlergarderoben. Zudem wird als Abzweigung im Neutor eine Zufahrt durch den Mönchsberg gebuddelt, sodass Bühnenbilder, Material und Instrumente künftig von der Rückseite durch den Berg angeliefert werden, um die Hofstallgasse von Lkw-Verkehr zu entlasten. Etwa 90.000 Kubikmeter Konglomerat sollen dafür aus dem Berg geschürft werden. Weil da noch einiges zu planen, auszuschreiben und zu genehmigen ist, wird der Baubeginn für Herbst 2024 angepeilt. Hedwig Kainberger