Salzburger Festspiele 2022

Profis mit einer frischen Stimme

Kinderchor. Der Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor ist ein erstaunliches Nachwuchs-Kulturprojekt.

Der Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor probt für fünf Produktionen in diesem Sommer. BILD: SN/WWW.NEUMAYR.CC

Manchmal kann man sie nicht sehen, weil sie nur eine Klangfarbe aus dem Off auf die Bühne schicken. Und wenn man sie hört, wird schnell klar: Der Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor füllt alles mit Feinheit und Präzision. Die Bedeutung des Chors zeigte sich in der Coronazeit, als die Salzburger Festspiele dafür sorgten, dass der Chor als „Profis" eingestuft wurde. Ein Jubeltag für viele Kinder. Nicht nur, weil wieder „richtig" gesungen werden konnte, sondern auch, weil der Chor mehr ist als die Summe von Stimmen. „Es geht auch um die Gemeinschaft", sagt Chorleiter Wolfgang Götz.

Es war zunächst nur eine „kleine, private Sache", sagt Götz. Aus einem Knabenchor für die Nachbarschaft wurde 2010 der jetzige Chor, der sich zu einem erstaunlichen Projekt entwickelte. Kunstvermittlung in bester und lustvoller Form passiert da. „Es ist etwas anderes, ob man nur so tut, als wäre es Oper, oder ob man wirklich mittendrin ist", sagt Stimmbildnerin Regina Sgier. Die rund 150 Kinder sind tatsächlich mittendrin und nahe dran an der großen Kunstwelt. Vom Musical „Peter Pan" im Landestheater geht es zu „Il trittico", „Jakob Lenz", ,,Herzog Blaubarts Burg/De temporum fine comoedia", „Jeanne d'Arc" und einem Konzert mit den Wiener Philharmonikern. Endlich wieder unter guten Bedingungen, denn Corona war ein harter Einschnitt.

Der Chor war unter den Ersten, die 2020 ein Projekt im Internet verwirklichten. „Wir haben immer etwas gemacht, aber kaum begannen wir für eine Produktion zu arbeiten, war es wieder vorbei“, sagt Götz. Auch wenn die Ziele immer wieder verschoben werden mussten, blieb die Motivation hoch. Das gemeinsame Proben war unmöglich wegen der Verzögerung bei der digitalen Übertragung. Schließlich lebt ein Chor vom Zusammensingen, von den Tönen, auf die alle gleich gestimmt sind. Götz hat daher für die Festspielproduktionen im vergangenen Jahr Video-Tutorials aufgenommen. „Ich wusste nicht, wer das dann wirklich anschaut", sagt er. Der Eifer, mit dem die Kinder im vergangenen Jahr daheim ohne Kontrolle übten, erwies sich spätestens dann als groß, als die Endproben begannen.

Respekt vor großen Namen

Das ist der Punkt, an dem Götz die Kinder „abgibt" - bei Andris Nelsons für Mahlers Dritte oder heuer bei Teodor Currentzis und Riccardo Muti. Und immer sind sie auf alles vorbereitet. Die Jungen wissen auch, was sie können, weil es Götz und Sgier mit Hingabe und Organisationsaufwand lehren. Die Kinder und Jugendlichen haben vor den großen Namen Respekt, aber keine kindliche Ehrfurcht. Sie wissen: Das Festspielhaus ist auch ihr Haus. Während die anderen im Sommer kommen, treffen sie sich hier jede Woche. Normalerweise. Denn als Coronanachwirkung wird derzeit „nur" an Projekten gearbeitet. Die wöchentlich stattfindenden Chorgruppen gibt es derzeit nicht.

Dort aber findet die Aufbauarbeit statt. „Wir schauen auch, dass immer alle beschäftigt sind", sagt Götz und meint damit den Einsatz bei Bühnenproduktionen. Ein bis zwei Produktionen pro Jahr und Kind gehen sich aus. Die Teilnahme ist freiwillig. Wer aber die WhatsApp-Gruppen des Chors verfolgt, erkennt, dass das nie ein Problem ist. Kaum wird ein Projekt bekannt gegeben, kommen die Antworten. Allein im Landestheater sind es 16 Produktionen, wo Mitglieder des Chors auftreten. Und sie können nicht nur singen, sondern lernen auch, sich auf der Bühne zu bewegen. Der Salzburger Chor ist der einzige seiner Art, der auch mit einem Choreografen arbeitet. Bernhard Flieher