Junges Musiktheater. In einer Oper von Stefan Johannes Hanke nach Grimms Märchen dringen aus der Hölle überraschende Klänge.

Kinderoper nach dem Grimm-Märchen: „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren". BILD: SN/SF
Kein Wunder, dass dem Glückskind mulmig wird, als es an dem Ort steht, vor dem alle Erwachsenen so eine teuflische Angst haben. „Ich fürchte die Hölle nicht", hat es zwar am Anfang versprochen, um die Prinzessin zu beruhigen. „Aber diese Behauptung stellt sich dann doch als nicht so ganz wahr heraus", sagt Stefan Johannes Hanke. Der deutsche Komponist hat das Grimm-Märchen „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren" als Vorlage für eine Oper genommen, die im Programm Jung & Jede*r der Salzburger Festspiele neu inszeniert wird.

In der Geschichte schickt der König einen jungen Burschen auf eine Mission, die nach menschlichem Ermessen nur schlecht enden kann. Er soll in die Hölle gehen, dem Teufel drei Haare ausreißen und ihm Antworten auf drei Fragen entlocken, an denen die Menschen auf der Erde verzweifeln. Der König kann sich also sicher sein, dass der junge Mann scheitert – und dass er ihm nicht seine Tochter zur Frau geben muss. Doch weil der Müllersbursch als Glückskind geboren wurde, ist für ihn die Hölle keine Endstation.
Ob es trotzdem furchteinflößende Klänge braucht, um auf der Bühne eine höllische Atmosphäre zu erzeugen? Freilich gebe es in der Partitur „immer wieder diese Kipppunkte, an denen es für das Glückskind gruselig wird", erzählt der 37-jährige Komponist. „Aber die Klänge, die man vielleicht mit Hölle verbinden würde, spielen sich meist in seiner Fantasie ab." Für den Teufel und seine Großmutter habe er eine Musiksprache gewählt, „die eher grotesk als bedrohlich ist".
Die Musik wird „bierzeltuös"
Zum Beispiel in der Szene, in der die Großmutter dem Teufel den Haushalt macht, weil es auch der Leibhaftige gern heimelig hat: „Derb, bierzeltuös" steht als Vortragsbezeichnung über ihrem Auftritt. "Hier habe ich meinen bayerischen Wurzeln liebevoll-ironisch freien Lauf gelassen", sagt Hanke schmunzelnd.
Dass er als Komponist mit Einflüssen aus verschiedenen musikalischen Genres arbeite, sei eine Konstante in seinem Schaffen: Schon während seiner Studien bei Heinz Winbeck und Manfred Trojahn habe er sich nicht nur „einer großen Bandbreite an Neuer Musik" gewidmet, sondern „mich auch intensiv in anderen Richtungen umgehört, im Jazz, in der Welt- und U-Musik". Wenn er Einflüsse einbaue, heiße das freilich nicht, dass er Genres zitiere. „Diese Musik gibt es ja dann im Original schon. Ich versuche, eine Energie aufzugreifen und in meine eigene Sprache zu übersetzen."
Im „Teufel mit den drei goldenen Haaren" wiederum schwingt in der Überzeichnung der Höllenszene auch eine Botschaft mit: „Es wird hörbar, dass die beiden Bewohner ziemlich schräge Vögel sind und dass nicht alles so düster ist, wie es scheint." Ein Sprichwort behauptet zwar, dass der Teufel nie schläft, aber mithilfe eines Schlafliedes, bei dem das Publikum mitsingt, gelingt sogar das.
Als „Musiktheater für alle ab 7 Jahren" hat Stefan Johannes Hanke das Stück untertitelt, das er 2011/2012 im Auftrag der Jungen Oper Hannover geschrieben hat. Ob Musik für junge Ohren andere Zugänge fordert als Werke für Erwachsene? „Für mich war das eine Premiere", erzählt Hanke. Weil jedoch Dorothea Hartmann den Operntext nach dem Grimm-Märchen verfasst habe, „konnte ich einer Expertin vertrauen, die als Librettistin und Dramaturgin große Erfahrung hat". Wenn die Verbindung zwischen Musik und Text stimmig sei, „nehmen Kinder das Werk als genau so plausibel wahr wie Erwachsene", ist der Komponist überzeugt.
Die Aufführungszahlen bestätigen das: Die Salzburger Neuproduktion ist die sechste in zehn Jahren. Dass die Oper ein Dauerbrenner werden könnte, habe er sich „damals nicht träumen lassen" - zumal das Thema erst einmal offen gewesen sei. „Ich wollte etwas machen, das im fantastischen Raum angesiedelt ist; dieses Märchen, das etwas Dramatisch-Düsteres und zugleich etwas Positives hat, schien mir zu meiner Musik gut zu passen."
Man stellt sich seinen Dämonen
Angst und Mut, Depression und Zuversicht: Das sind Gegensätze, zwischen denen sich die Handlung auf der Bühne entfaltet. „Eine wichtige Botschaft ist, dass man mehr schaffen kann, als man denkt, wenn man sich seinen Dämonen stellt", resümiert Stefan Johannes Hanke. Die Hölle sei in der Oper nicht der Ort, der Kindern jahrhundertelang als Drohszenario ausgemalt wurde. Die Geschichte solle im Gegenteil „ermutigen, sich etwas zuzutrauen. Ich glaube, junge Menschen haben das Recht, den Mund manchmal ein bisschen voll zu nehmen, auch auf die Gefahr, dass es schiefgehen könnte. Aber eine belehrende Moral? Auf keinen Fall!" Clemens Panagl
Jung & Jede*r: „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren", Schauspielhaus, Premiere am 29. Juli, 15 Uhr, zehn Vorstellungen.