Karl Erich Rienzner
Dr. med. Karl Erich Rienzner (* 1. August 1899 in der Stadt Salzburg; † 27. März 1978 ebenda) war ein Salzburger Facharzt.
Leben
Eltern
Sein Vater Dr. Karl Rienzner stammte aus Leisach in Osttirol und war Arzt. Am 21. November 1898 heiratete als 28-jähriger die 22-jährige Nothburg(a) Fi(e)chtner, Tochter des Innsbrucker Metzgermeisters Josef Fi(e)chtner, in der Innsbrucker Pfarrkirche St. Jakob.
Die beiden zogen in die Stadt Salzburg, wo sie in der Sigmund-Haffner-Gasse 14 wohnten. Dort hatte Dr. Rienzner auch seine Facharztpraxis für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten. Darüber hinaus war er als k.k. Sanitätsassistent bzw. -konzipist für die Salzburger Landesregierung tätig.
Karl Erich Rienzner wurde am 9. August 1899 in der Bürgerspitalskirche St. Blasius von Stadtpfarrer Dr. Alois Kaltenhauser getauft.
Nach dem Gymnasium studierte er an der Universität Innsbruck wie sein Vater Medizin und promovierte am 10. November 1923 zum Doktor der Medizin. Von 1924 bis 1929 war er am Krankenhaus der Stadt Wien tätig und kam 1929 wieder nach Salzburg zurück. Hier eröffnete er am Mirabellplatz 6 seine Ordination als Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, wo er bis Ende des Zweiten Weltkriegs ordinierte.
Am 27. Juni 1932 heiratete er Hildegard Schall, die Tochter von Eugen Schall, Teilhaber und Direktor der Zementwerke Gebrüder Leube in Hallein-Gartenau. Da die Familie Schall, aus Ulm in Württemberg stammend, evangelischen Glaubens A.B. war, erfolgte die Trauung vor dem Evangelischen Pfarramt in Hallein. Gefeiert wurde dann aber in Badgastein, wo die Hochzeitsgäste im Hotel Weismayr abstiegen.
In Salzburg bezog das Ehepaar bezog eine Wohnung im Haus Rudolfskai 50, einem repräsentativen, von Jakob Ceconi im Auftrag von Eugen Schall 1900–1901 ausgeführten Jugendstilgebäude am Ufer der Salzach. Die Straße, die an dieser Stelle eine Rechtskurve macht, ist bis heute im Volksmund als "Rienznerkurve" bekannt.
Seit 1931 war der Facharzt Karl Rienzner jun. als Konsiliararzt für Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in der Altstadt, das 1923 gegründet worden war, tätig. Ab dem Jahresbericht 1935 wurde er als Leiter der Abteilung geführt. Die Zahl der Operationen in Rienzners Zuständigkeitsbereich stieg in den 1930er-Jahren markant an. Wurden 1931 laut Jahresbericht 248 Eingriffe durchgeführt, waren für das Jahr 1936 bereits 728 Operationen vermerkt. Mehrfach dankten Patienten nach erfolgreicher Behandlung Karl Rienzner durch Einschaltungen in Salzburger Tageszeitungen.
Die Familien Rienzner sen. und jun. gehörten zur bürgerlichen Gesellschaftsschicht Salzburgs und engagierten sich stark im Vereinsleben. Nachweislich war die Familie Rienzner zumindest Anfang der 1930er-Jahre Mitglied im Salzburger Kunstverein. Sowohl der Vater als auch der Sohn waren Jäger, Karl Rienzner jun. gehörte der Salzburger Jagdvereinigung "Hubertusrunde" an. Über die politische Einstellung der Familie ist nichts bekannt.
Während der Zeit des Nationalsozialismus
Am 12. Mai 1938 stellte Karl Rienzner den Antrag um Aufnahme in die NSDAP. Er wurde mit der Nummer 6.343.921 rückwirkend per 1. Mai 1938 in die Partei aufgenommen.
Neben der NSDAP gehörte er laut eigenen Angaben im Entnazifizierungsverfahren vom Frühjahr 1939 bis 25. August 1939 auch der SA an und war "als Mitglied des NS-Ärztebundes als Musterungsarzt kommandiert". Weitere Hinweise über seine Tätigkeit für die SA konnten nicht gefunden werden.
Nach dem "Anschluss" wurde er zur Wehrmacht einberufen, war aber im Oktober 1938 vom Militärdienst wieder zurück! Möglicherweise hing die Einberufung des Arztes mit der militärischen Mobilmachung im Rahmen der Sudetenkrise zusammen; ein Beleg dafür liegt jedoch nicht vor.
Nur wenige Wochen nach seiner Rückkehr, im Dezember 1938, brachte Hildegard Rienzner in Salzburg die gemeinsame Tochter zur Welt.
Vermutlich im Kontext seiner Ernennung zum Primararzt am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder trat er am 30. Juni 1939 aus der katholischen Kirche aus.
Laut eigenen Angaben war Karl Rienzner vom 25. August 1939 bis 1945 als Wehrmachtsarzt im Range eines Stabsarztes der Reserve am Reservelazarett I, zu dem das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder mit Kriegsbeginn umfunktioniert wurde, tätig. Die ersten Wochen des Krieges war er allerdings an der Front. "Den Polenfeldzug habe ich als Unterarzt bei einer Sanitätskompanie mitgemacht."
Entnazifizierung
Nachdem Rienzer nach Ende des Krieges am 13. Juni 1945 in der Dompfarre wieder der katholischen Kirche beitrat, verließ er sie abermals Jahrzehnte später, am 18. Jänner 1970.
Am 31. Mai 1946 gab er bei der Kartenstelle Innere Stadt das Meldeblatt zur Registrierung der Nationalsozialisten ab. Darin führte er aus, "von ? Mai 1938 bis August 1938" Parteianwärter und von "20. August 1938 bis 1945" Mitglied der NSDAP gewesen zu sein. Möglicherweise handelte es sich beim 20. August 1938 um jenen Tag, an dem ihm die Mitgliedskarte ausgehändigt wurde. Dass er Mitte Mai 1938 um Aufnahme angesucht und eine Nummer aus dem "Illegalenblock" erhalten hatte, fand im Entnazifizierungsverfahren keine Erwähnung, mit dem Fragezeichen bei der Angabe des Datums verschleierte er dies zusätzlich. An Grundbesitz gab Rienzner an, einen Anteil am Haus "Bismarkstr 18 (sic)", heute Schwarzstraße 18, und ein Stockwerk im Haus Goldgasse 19 zu besitzen.
Gleichzeitig mit dem Meldeblatt legte er ein Ansuchen um Streichung bzw. Nichtaufnahme in die Liste der Nationalsozialisten vor, das er im Zuge seiner ersten, im Akt nicht erhaltenen Registrierung bereits am 7. Jänner 1946 aufgesetzt und der Staatspolizei in Salzburg übermittelt hatte. Darin gab er zunächst seine Personalien und den beruflichen Werdegang an und wiederholte anschließend seine Angaben zur Parteimitgliedschaft. "Ausserdem war ich als Mitglied des NS-Ärztebundes, dem ich seit August 1938 angehörte, zwei Mal als ‚Musterungsarzt‘ für die SA tätig. Meine Tätigkeit hatte ich als Arzt und in keiner politischen Funktion auszuüben. (…) Ich bin politisch nie in Erscheinung getreten und habe jedwelche politische Tätigkeit abgelehnt. (…) Anderen Organisationen habe ich nicht angehört und bin, wie schon erwähnt, auch während der Nazizeit nur meiner ärztlichen Tätigkeit nachgekommen und habe in der Wahl meiner Patienten nie nach deren politischen (sic) Vergangenheit gefragt."
Zur Bekräftigung seiner Angaben legte er Schreiben von zwei Bürgen bei. Sowohl der Kriminalrevierinspektor Franz Thalhammer als auch der Strickwarenerzeuger Othmar Hell, die beide 1944 wegen des Verdachts der "Wehrkraftzersetzung", der "Vorbereitung zum Hochverrat" und anderer Delikte von der Gestapo verhaftet und in das Landesgerichtsgefängnis gebracht worden waren, bestätigten Rienzner, dass er sie während der Haftzeit nicht nur medizinisch versorgt, sondern ihnen bei diesen Gelegenheiten auch regelmäßige Treffen mit ihren Gattinnen ermöglicht habe. Zudem attestierten beide dem Arzt eine antinationalsozialistische Haltung, was in derartigen Schreiben als Standardformulierung bezeichnet werden kann. "Es wäre mir möglich, noch viele andere weitere Zeugen namhaft zu machen", so Rienzner.
Am Ende des Gesuchs stellte er eine politische Motivation für seinen Parteibeitritt in Abrede. "Vor der Okupation (sic) Österreichs habe ich mich für den Nat.Soz. in keiner Weise betätigt, mein Beitritt zur NSDAP und zum Ärztebund erfolgte lediglich aus beruflichen Interessen um mich vor event. Nachteilen zu schützen. Vorteile habe ich aus meiner Mitgliedschaft keine gehabt."
Ein halbes Jahr später war Karl Rienzner entnazifiziert.
Dem Akt liegt ein handschriftliches Schreiben vom 19. August 1947 bei, demzufolge Dr. Karl Rienzner "Pg. 1938–1945" und "S.A. v. Frühjahr 1939–August 39" war und nunmehr als minderbelastet eingestuft wurde. Einen Tag später stempelte der zuständige Beamte auf die Rückseite des Meldeblattes "Vfg. [Verfügung] am 20. Aug. 1947: 1.) Minderbelastet gemäß § 17, Abs. 3 VG 1947". Im August 1947 und im April 1948 gingen Bestätigungen über die Einstufung von Karl Rienzner an die Salzburger Ärztekammer.
Nach dem Krieg war er weiterhin als Arzt tätig. Seine Ordination hatte er im Haus Rudolfskai 50. Er starb am 27. März 1978 in Salzburg an den Folgen eines Schlaganfalls.
Straßenbenennung
Im Frühjahr 1980 begann die Verbauung der "Wirnsberger-Gründe" in Liefering. Dies nahm der aus Liefering stammende Johann Kainz sen. zum Anlass, dem Club Liefering "nach Rücksprache mit Lieferinger Jägern und Fischern" zu empfehlen, ein neu entstehendes Straßenstück "Rienznerweg oder Dr. Karl Rienznerweg" zu benennen. "Die ‚Rienzner‘ waren mit Liefering und mit Lieferings-Fischerei schon seit der Jahrhundertwende als Pächter und Bewirtschafter eng verbunden. Insbesonders hat der vor 2 Jahren verstorbene Med.Rat Dr. Karl Rienzner entgegenkommenderweise ein einst umstrittenes Fischereirecht am Glanbach noch vor seinem Tode im Jahre 1978 dem Besitzstand der Peter Pfenninger-Schenkung einverleibt. Gerade dadurch ist nunmehr eine einheitliche Bewirtschaftung des ganzen Glansystems erreicht und für immerwährende Zeiten zum Wohle Lieferings gesichert worden. Auch die nunmehr erfolgte Überlassung wertvoller, historisch interessanter Dokumente und Schriften aus dem Nachlaß‘ Dr. Karl Rienzners durch die Witwe Frau Hilde Rienzner spricht für diese ehrende Geste." Kainz ersuchte den Club um "Überprüfung und Weiterleitung eines diesbezügl. Antrages an den Magistrat der Stadt Salzburg". Dies geschah einen Monat später. "Der Club unterstützt dieses Ansuchen seines Ausschußmitgliedes Kainz vollinhaltlich und ersucht höflichst, wenn möglich diesem Wunsch zu entsprechen."
In ihrem Amtsbericht vom 18. August 1980 schlug die Magistratsabteilung II unter Abteilungsvorstand Dr. Heinz Klier die Benennung von acht Straßenzügen im öffentlichen Raum vor, darunter als "Vorgang 2" den Rienznerweg, "eine Privatstraße, an welcher derzeit mehrere Siedlungshäuser entstehen" und die vom Freudlspergerweg in nordwestlicher Richtung abzweigt. Die Anregung der Benennung ging laut Amtsbericht auf die Siedlungsgesellschaft zurück und "steht im Zusammenhang mit der Peter-Pfenninger-Stiftung, für welche Medizinalrat Dr. Karl Rienzner viele Leistungen erbracht hat. Dr. Karl Rienzner, geb. 1.8.1899 in Salzburg, gest. 27.3.1978 in Salzburg, war u. a. Primar der Hals-, Nasen-, Ohrenabteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Salzburg, Ehrenmitglied der Salzburger Ärztegesellschaft und Ehrenmitglied der Peter-Pfenninger-Stiftung. Der Benennungsvorschlag wird auch vom ‚Club Liefering‘ unterstützt."
Der Vorschlag fand in allen Instanzen Zustimmung: am 4. September in der Sitzung des Kulturausschusses, am 8. September beim Stadtsenat und am 12. September im Gemeinderat, der den von Gemeinderätin Dipl.-Vw. Margot Hofer (FPÖ) referierten Amtsvorschlag einstimmig beschloss1.
Quelle und Literatur
- Johannes Hofinger: Dr. Karl Rienzner, in: Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus. Biografische Recherchen zu NS-belasteten Straßennamen der Stadt Salzburg. URL: https://www.stadt-salzburg.at/pdf/dr_karl_rienzner.pdf. Version 1 – 15. 1. 2019.